Der sechs und vierzigste Brief von Herrn Belford an Hrn. Robert Lovelace.
Dienstags, Abends, den 18ten Jul.
Jch bin eben von der Fräulein gekommen. Jch ward in den Saal gelassen, wo sie, in ei- nem sehr schwachen und matten Zustande, in ei- nem Lehnstuhl saß. Sie bemühete sich, aufzu- stehen, als ich hinein trat: aber war gezwungen, sitzen zu bleiben. Sie werden mich entschuldi- gen, Herr Belford: ich sollte aufstehen, ihnen für alle ihre Höflichkeit gegen mich Dank zu sa- gen. Jch bin tadelnswürdig gewesen, daß ich den betrübten Ort so ungern verlassen wollte. Denn hier bin ich im Himmel, gegen dort: und habe noch dazu gute Leute um mich! - - Jch habe lange, lange Zeit vorher, keine gute Leute um mich gehabt, so daß ich anfing mich zu wun- dern; dieß sagte sie mit einem halben Lächeln; wo sie alle hin gekommen wären.
Jhre Wärterinn und Fr. Smithen, welche gegenwärtig waren, nahmen Gelegenheit, abzu- treten. Als wir alleine waren: sprach sie: Sie scheinen ein Freund der Leutseligkeit, mein Herr. Sie ließen sich merken, da ich mein Gefäng- niß verließ, daß ihnen meine traurige Geschichte nicht ganz unbekannt wäre. Wo sie dieselbe
nach
Der ſechs und vierzigſte Brief von Herrn Belford an Hrn. Robert Lovelace.
Dienſtags, Abends, den 18ten Jul.
Jch bin eben von der Fraͤulein gekommen. Jch ward in den Saal gelaſſen, wo ſie, in ei- nem ſehr ſchwachen und matten Zuſtande, in ei- nem Lehnſtuhl ſaß. Sie bemuͤhete ſich, aufzu- ſtehen, als ich hinein trat: aber war gezwungen, ſitzen zu bleiben. Sie werden mich entſchuldi- gen, Herr Belford: ich ſollte aufſtehen, ihnen fuͤr alle ihre Hoͤflichkeit gegen mich Dank zu ſa- gen. Jch bin tadelnswuͤrdig geweſen, daß ich den betruͤbten Ort ſo ungern verlaſſen wollte. Denn hier bin ich im Himmel, gegen dort: und habe noch dazu gute Leute um mich! ‒ ‒ Jch habe lange, lange Zeit vorher, keine gute Leute um mich gehabt, ſo daß ich anfing mich zu wun- dern; dieß ſagte ſie mit einem halben Laͤcheln; wo ſie alle hin gekommen waͤren.
Jhre Waͤrterinn und Fr. Smithen, welche gegenwaͤrtig waren, nahmen Gelegenheit, abzu- treten. Als wir alleine waren: ſprach ſie: Sie ſcheinen ein Freund der Leutſeligkeit, mein Herr. Sie ließen ſich merken, da ich mein Gefaͤng- niß verließ, daß ihnen meine traurige Geſchichte nicht ganz unbekannt waͤre. Wo ſie dieſelbe
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Der ſechs und vierzigſte Brief
von
Herrn Belford an Hrn. Robert Lovelace.
Dienſtags, Abends, den 18ten Jul.
Jch bin eben von der Fraͤulein gekommen. Jch
ward in den Saal gelaſſen, wo ſie, in ei-
nem ſehr ſchwachen und matten Zuſtande, in ei-
nem Lehnſtuhl ſaß. Sie bemuͤhete ſich, aufzu-
ſtehen, als ich hinein trat: aber war gezwungen,
ſitzen zu bleiben. Sie werden mich entſchuldi-
gen, Herr Belford: ich ſollte aufſtehen, ihnen
fuͤr alle ihre Hoͤflichkeit gegen mich Dank zu ſa-
gen. Jch bin tadelnswuͤrdig geweſen, daß ich
den betruͤbten Ort ſo ungern verlaſſen wollte.
Denn hier bin ich im Himmel, gegen dort: und
habe noch dazu gute Leute um mich! ‒ ‒ Jch
habe lange, lange Zeit vorher, keine gute Leute
um mich gehabt, ſo daß ich anfing mich zu wun-
dern; dieß ſagte ſie mit einem halben Laͤcheln;
wo ſie alle hin gekommen waͤren.
Jhre Waͤrterinn und Fr. Smithen, welche
gegenwaͤrtig waren, nahmen Gelegenheit, abzu-
treten. Als wir alleine waren: ſprach ſie: Sie
ſcheinen ein Freund der Leutſeligkeit, mein Herr.
Sie ließen ſich merken, da ich mein Gefaͤng-
niß verließ, daß ihnen meine traurige Geſchichte
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/357>, abgerufen am 21.12.2024.
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