allem nach ihrem Willen: und ward immer zah- mer, wie sie zu rühmen pflegte, je größer es ward; so daß es ihr überall im Hause folgen wollte, wie ein Schooßhündchen. Aber man be- denke, was geschahe. Endlich, ich weiß nicht wie, ob sie seinen hungrigen Schlund nicht sorg- fältig genug befriediget oder es sonst böse gemacht hatte, nahm es seine Natur wieder an, überfiel sie auf einmal und zerriß sie in Stücken. - - Man sage mir doch, wer hatte wohl die meiste Schuld! das unvernünftige Thier oder das Mägd- chen? Gewiß das Mägdchen! - - Denn was sie that, war wider die Natur, wenigstens wi- der die gewöhnliche Art: was jenes that, that es nach seiner Natur.
Das IV Blatt.
Wie bist du nun in den Staub geleget, du stol- ze Clarissa Harlowe! Du, die du niemals einen Fuß aus deines Vaters Hause setzetest, als nur um bewundert zu werden! die du gewohnt warest, dein Auge, das mit gesunder Lebhaftig- keit, und völliger Zufriedenheit mit sich selbst, fun- kelte, auf verschiedne Gegenstände zugleich zu werfen, nicht anders; denn so pflegte deine scharf- sichtige Schwester zu sagen; als wenn du dich über dem erwarteten Beyfall von allen, die dich sahen, selbst aufblasen wolltest! Du, die du dich, vergnügt mit denen Schmeicheleyen, welche dir den Tag über gezollet waren, zur Ruhe zu be-
geben
allem nach ihrem Willen: und ward immer zah- mer, wie ſie zu ruͤhmen pflegte, je groͤßer es ward; ſo daß es ihr uͤberall im Hauſe folgen wollte, wie ein Schooßhuͤndchen. Aber man be- denke, was geſchahe. Endlich, ich weiß nicht wie, ob ſie ſeinen hungrigen Schlund nicht ſorg- faͤltig genug befriediget oder es ſonſt boͤſe gemacht hatte, nahm es ſeine Natur wieder an, uͤberfiel ſie auf einmal und zerriß ſie in Stuͤcken. ‒ ‒ Man ſage mir doch, wer hatte wohl die meiſte Schuld! das unvernuͤnftige Thier oder das Maͤgd- chen? Gewiß das Maͤgdchen! ‒ ‒ Denn was ſie that, war wider die Natur, wenigſtens wi- der die gewoͤhnliche Art: was jenes that, that es nach ſeiner Natur.
Das IV Blatt.
Wie biſt du nun in den Staub geleget, du ſtol- ze Clariſſa Harlowe! Du, die du niemals einen Fuß aus deines Vaters Hauſe ſetzeteſt, als nur um bewundert zu werden! die du gewohnt wareſt, dein Auge, das mit geſunder Lebhaftig- keit, und voͤlliger Zufriedenheit mit ſich ſelbſt, fun- kelte, auf verſchiedne Gegenſtaͤnde zugleich zu werfen, nicht anders; denn ſo pflegte deine ſcharf- ſichtige Schweſter zu ſagen; als wenn du dich uͤber dem erwarteten Beyfall von allen, die dich ſahen, ſelbſt aufblaſen wollteſt! Du, die du dich, vergnuͤgt mit denen Schmeicheleyen, welche dir den Tag uͤber gezollet waren, zur Ruhe zu be-
geben
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allem nach ihrem Willen: und ward immer zah-
mer, wie ſie zu ruͤhmen pflegte, je groͤßer es
ward; ſo daß es ihr uͤberall im Hauſe folgen
wollte, wie ein Schooßhuͤndchen. Aber man be-
denke, was geſchahe. Endlich, ich weiß nicht
wie, ob ſie ſeinen hungrigen Schlund nicht ſorg-
faͤltig genug befriediget oder es ſonſt boͤſe gemacht
hatte, nahm es ſeine Natur wieder an, uͤberfiel
ſie auf einmal und zerriß ſie in Stuͤcken. ‒ ‒
Man ſage mir doch, wer hatte wohl die meiſte
Schuld! das unvernuͤnftige Thier oder das Maͤgd-
chen? Gewiß das Maͤgdchen! ‒ ‒ Denn was
ſie that, war wider die Natur, wenigſtens wi-
der die gewoͤhnliche Art: was jenes that, that es
nach ſeiner Natur.
Das IV Blatt.
Wie biſt du nun in den Staub geleget, du ſtol-
ze Clariſſa Harlowe! Du, die du niemals
einen Fuß aus deines Vaters Hauſe ſetzeteſt, als
nur um bewundert zu werden! die du gewohnt
wareſt, dein Auge, das mit geſunder Lebhaftig-
keit, und voͤlliger Zufriedenheit mit ſich ſelbſt, fun-
kelte, auf verſchiedne Gegenſtaͤnde zugleich zu
werfen, nicht anders; denn ſo pflegte deine ſcharf-
ſichtige Schweſter zu ſagen; als wenn du dich
uͤber dem erwarteten Beyfall von allen, die dich
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vergnuͤgt mit denen Schmeicheleyen, welche dir
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/626>, abgerufen am 30.12.2024.
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