Der drey und dreyßigste Brief von Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.
Jch habe schon einen andern Brief an dich an- gefangen, meine Erzählung fortzusetzen: aber ich gedenke dir diesen eher zu senden, als ich jenen schließen werde. Aus dem Einschlusse wirst du sehen, daß keine von den beyden Perso- nen, welche solche Briefe mit einander wechseln, Barmherzigkeit von mir verdiene: und ich bin entschlossen, wenn ich mit der einen fertig bin, mit der andern wieder anzufangen.
Wolltest du etwa sagen, daß der Anlaß, den ich gegeben, und wodurch ich die eine von densel- ben aufgebracht habe, ihre Freyheiten gegen mich rechtfertigen werde: so höre meine Antwort. Bey allen andern, nur nicht bey mir, wird das statt haben. Wer im Stande ist, solchen Anlaß zu geben und dadurch zu reizen; dabey aber Macht genug hat, diejenigen zu strafen, die ihn deswe- gen mishandeln, weil er denselben gegeben hat, der wird seine Ahndung desfalls zeigen, und das vielleicht mit desto größerer Rache, je mehrer die gegen ihn genommene Freyheiten verdienet hat.
Sprichst du, es sey gleichwohl böse, so zu han- deln: so antworte ich, es sey nichts desto weniger die menschliche Natur. - - Und wolltest du
denn
Der drey und dreyßigſte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.
Jch habe ſchon einen andern Brief an dich an- gefangen, meine Erzaͤhlung fortzuſetzen: aber ich gedenke dir dieſen eher zu ſenden, als ich jenen ſchließen werde. Aus dem Einſchluſſe wirſt du ſehen, daß keine von den beyden Perſo- nen, welche ſolche Briefe mit einander wechſeln, Barmherzigkeit von mir verdiene: und ich bin entſchloſſen, wenn ich mit der einen fertig bin, mit der andern wieder anzufangen.
Wollteſt du etwa ſagen, daß der Anlaß, den ich gegeben, und wodurch ich die eine von denſel- ben aufgebracht habe, ihre Freyheiten gegen mich rechtfertigen werde: ſo hoͤre meine Antwort. Bey allen andern, nur nicht bey mir, wird das ſtatt haben. Wer im Stande iſt, ſolchen Anlaß zu geben und dadurch zu reizen; dabey aber Macht genug hat, diejenigen zu ſtrafen, die ihn deswe- gen mishandeln, weil er denſelben gegeben hat, der wird ſeine Ahndung desfalls zeigen, und das vielleicht mit deſto groͤßerer Rache, je mehrer die gegen ihn genommene Freyheiten verdienet hat.
Sprichſt du, es ſey gleichwohl boͤſe, ſo zu han- deln: ſo antworte ich, es ſey nichts deſto weniger die menſchliche Natur. ‒ ‒ Und wollteſt du
denn
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Der drey und dreyßigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.
Jch habe ſchon einen andern Brief an dich an-
gefangen, meine Erzaͤhlung fortzuſetzen:
aber ich gedenke dir dieſen eher zu ſenden, als ich
jenen ſchließen werde. Aus dem Einſchluſſe
wirſt du ſehen, daß keine von den beyden Perſo-
nen, welche ſolche Briefe mit einander wechſeln,
Barmherzigkeit von mir verdiene: und ich bin
entſchloſſen, wenn ich mit der einen fertig bin, mit
der andern wieder anzufangen.
Wollteſt du etwa ſagen, daß der Anlaß, den
ich gegeben, und wodurch ich die eine von denſel-
ben aufgebracht habe, ihre Freyheiten gegen mich
rechtfertigen werde: ſo hoͤre meine Antwort.
Bey allen andern, nur nicht bey mir, wird das
ſtatt haben. Wer im Stande iſt, ſolchen Anlaß
zu geben und dadurch zu reizen; dabey aber Macht
genug hat, diejenigen zu ſtrafen, die ihn deswe-
gen mishandeln, weil er denſelben gegeben hat,
der wird ſeine Ahndung desfalls zeigen, und das
vielleicht mit deſto groͤßerer Rache, je mehrer die
gegen ihn genommene Freyheiten verdienet hat.
Sprichſt du, es ſey gleichwohl boͤſe, ſo zu han-
deln: ſo antworte ich, es ſey nichts deſto weniger
die menſchliche Natur. ‒ ‒ Und wollteſt du
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/524>, abgerufen am 30.12.2024.
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