Der acht und sechszigste Brief von Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein Howe.
Dienstags den 2ten May.
Jch muß Jhnen mit der äussersten Bekümmer- niß melden, daß ich künftig weder an Sie schreiben, noch Briefe von Jhnen annehmen kann. Denn ich erhalte jetzt eben einen Brief von Jhrer Frau Mutter, den sie unter Einschluß an Herrn Lovelacen nach M. --- Hall auf die Post gegeben hat: in diesem verweiset sie mir mit grossem Unwil- len den bisherigen Briefwechsel, und verbietet mir, ohne ihre Erlaubniß künftig an Sie zu schreiben, es wäre denn, daß ich Mutter und Tochter zugleich un- glücklich machen wollte.
Es ist also dieses der letzte Brief, den Sie von mir erhalten, bis daß meine glücklicheren Zeiten an- gehen. Weil sich bisher manches zu meinem Vor- theil geändert hat, so hoffe ich, daß wir bald wieder Erlaubniß haben werden, nicht nur Briefe zu wech- seln, sondern auch einander zu besuchen: denn die Verbindung mit einer so vornehmen Familie, als die Lovelacische ist, wird niemand für schimpflich an- sehen können.
Jhre Mutter schreibt: ich sollte Jhnen in dem Falle von ihrem Verbot Nachricht geben, wenn ich Lust hätte, Sie aufzuwiegeln: sonst aber möchte ich selbst, ohne ihrer dabey zu gedencken, einen Vorwand ausfindig machen, unter dem ich
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Der acht und ſechszigſte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe.
Dienſtags den 2ten May.
Jch muß Jhnen mit der aͤuſſerſten Bekuͤmmer- niß melden, daß ich kuͤnftig weder an Sie ſchreiben, noch Briefe von Jhnen annehmen kann. Denn ich erhalte jetzt eben einen Brief von Jhrer Frau Mutter, den ſie unter Einſchluß an Herrn Lovelacen nach M. ‒‒‒ Hall auf die Poſt gegeben hat: in dieſem verweiſet ſie mir mit groſſem Unwil- len den bisherigen Briefwechſel, und verbietet mir, ohne ihre Erlaubniß kuͤnftig an Sie zu ſchreiben, es waͤre denn, daß ich Mutter und Tochter zugleich un- gluͤcklich machen wollte.
Es iſt alſo dieſes der letzte Brief, den Sie von mir erhalten, bis daß meine gluͤcklicheren Zeiten an- gehen. Weil ſich bisher manches zu meinem Vor- theil geaͤndert hat, ſo hoffe ich, daß wir bald wieder Erlaubniß haben werden, nicht nur Briefe zu wech- ſeln, ſondern auch einander zu beſuchen: denn die Verbindung mit einer ſo vornehmen Familie, als die Lovelaciſche iſt, wird niemand fuͤr ſchimpflich an- ſehen koͤnnen.
Jhre Mutter ſchreibt: ich ſollte Jhnen in dem Falle von ihrem Verbot Nachricht geben, wenn ich Luſt haͤtte, Sie aufzuwiegeln: ſonſt aber moͤchte ich ſelbſt, ohne ihrer dabey zu gedencken, einen Vorwand ausfindig machen, unter dem ich
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[510/0524]
Der acht und ſechszigſte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe.
Dienſtags den 2ten May.
Jch muß Jhnen mit der aͤuſſerſten Bekuͤmmer-
niß melden, daß ich kuͤnftig weder an Sie
ſchreiben, noch Briefe von Jhnen annehmen kann.
Denn ich erhalte jetzt eben einen Brief von Jhrer
Frau Mutter, den ſie unter Einſchluß an Herrn
Lovelacen nach M. ‒‒‒ Hall auf die Poſt gegeben
hat: in dieſem verweiſet ſie mir mit groſſem Unwil-
len den bisherigen Briefwechſel, und verbietet mir,
ohne ihre Erlaubniß kuͤnftig an Sie zu ſchreiben, es
waͤre denn, daß ich Mutter und Tochter zugleich un-
gluͤcklich machen wollte.
Es iſt alſo dieſes der letzte Brief, den Sie von
mir erhalten, bis daß meine gluͤcklicheren Zeiten an-
gehen. Weil ſich bisher manches zu meinem Vor-
theil geaͤndert hat, ſo hoffe ich, daß wir bald wieder
Erlaubniß haben werden, nicht nur Briefe zu wech-
ſeln, ſondern auch einander zu beſuchen: denn die
Verbindung mit einer ſo vornehmen Familie, als die
Lovelaciſche iſt, wird niemand fuͤr ſchimpflich an-
ſehen koͤnnen.
Jhre Mutter ſchreibt: ich ſollte Jhnen in dem
Falle von ihrem Verbot Nachricht geben, wenn
ich Luſt haͤtte, Sie aufzuwiegeln: ſonſt aber
moͤchte ich ſelbſt, ohne ihrer dabey zu gedencken,
einen Vorwand ausfindig machen, unter dem ich
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/524>, abgerufen am 21.11.2024.
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