Was ist es für ein Unglück, solche Gedancken von einem Manne zu haben, und sich dennoch in seiner Gewalt zu befinden? Wollte GOtt - - - doch die Wünsche sind zu späte und unnütz. Wohin kann ich mich jetzt wenden, wenn ich von ihm fliehen wollte?
Der zwey und zwantzigste Brief von Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.
Freytags den 14ten April.
Von einer solchen Heerde thörichter Leute, als die Harlowes sind, habe ich mein Lebelang nicht gehört. Die Fräulein muß überwunden werden, wenn auch jedes Haar ihres Hauptes ein Schutz-Engel wäre; sie müßten denn sichtbar er- scheinen, um sie aus meinen Händen zu entreissen und unter die Sterne zu versetzen.
Alles was ich befürchtete, war, daß eine Toch- ter, die wider ihren Willen zu fliehen gezwungen war, ihren Eltern Bedingungen antragen und auf diese Bedingungungen wieder angenommen werden würde, daß man ihr nehmlich Solmesen nicht auf- dringen, und daß sie mir entsagen wollte. Jch suchte also alle mögliche Mittel anzuwenden, die zweyte Bedingung zu hintertreiben. Allein es scheint, daß die Harlowes ihrer Arbeit die Crone aufsetzen wollen.
Was vor tumme Geschöpfe giebt es nicht in der Welt! Der junge Harlowe mag ein listiger Hund seyn. Konnte er nicht dencken, daß ein Kerl, der
sich
Was iſt es fuͤr ein Ungluͤck, ſolche Gedancken von einem Manne zu haben, und ſich dennoch in ſeiner Gewalt zu befinden? Wollte GOtt ‒ ‒ ‒ doch die Wuͤnſche ſind zu ſpaͤte und unnuͤtz. Wohin kann ich mich jetzt wenden, wenn ich von ihm fliehen wollte?
Der zwey und zwantzigſte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.
Freytags den 14ten April.
Von einer ſolchen Heerde thoͤrichter Leute, als die Harlowes ſind, habe ich mein Lebelang nicht gehoͤrt. Die Fraͤulein muß uͤberwunden werden, wenn auch jedes Haar ihres Hauptes ein Schutz-Engel waͤre; ſie muͤßten denn ſichtbar er- ſcheinen, um ſie aus meinen Haͤnden zu entreiſſen und unter die Sterne zu verſetzen.
Alles was ich befuͤrchtete, war, daß eine Toch- ter, die wider ihren Willen zu fliehen gezwungen war, ihren Eltern Bedingungen antragen und auf dieſe Bedingungungen wieder angenommen werden wuͤrde, daß man ihr nehmlich Solmeſen nicht auf- dringen, und daß ſie mir entſagen wollte. Jch ſuchte alſo alle moͤgliche Mittel anzuwenden, die zweyte Bedingung zu hintertreiben. Allein es ſcheint, daß die Harlowes ihrer Arbeit die Crone aufſetzen wollen.
Was vor tumme Geſchoͤpfe giebt es nicht in der Welt! Der junge Harlowe mag ein liſtiger Hund ſeyn. Konnte er nicht dencken, daß ein Kerl, der
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Was iſt es fuͤr ein Ungluͤck, ſolche Gedancken von
einem Manne zu haben, und ſich dennoch in ſeiner
Gewalt zu befinden? Wollte GOtt ‒ ‒ ‒ doch die
Wuͤnſche ſind zu ſpaͤte und unnuͤtz. Wohin kann ich
mich jetzt wenden, wenn ich von ihm fliehen wollte?
Der zwey und zwantzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.
Freytags den 14ten April.
Von einer ſolchen Heerde thoͤrichter Leute, als die
Harlowes ſind, habe ich mein Lebelang
nicht gehoͤrt. Die Fraͤulein muß uͤberwunden
werden, wenn auch jedes Haar ihres Hauptes ein
Schutz-Engel waͤre; ſie muͤßten denn ſichtbar er-
ſcheinen, um ſie aus meinen Haͤnden zu entreiſſen
und unter die Sterne zu verſetzen.
Alles was ich befuͤrchtete, war, daß eine Toch-
ter, die wider ihren Willen zu fliehen gezwungen
war, ihren Eltern Bedingungen antragen und auf
dieſe Bedingungungen wieder angenommen werden
wuͤrde, daß man ihr nehmlich Solmeſen nicht auf-
dringen, und daß ſie mir entſagen wollte. Jch ſuchte
alſo alle moͤgliche Mittel anzuwenden, die zweyte
Bedingung zu hintertreiben. Allein es ſcheint, daß
die Harlowes ihrer Arbeit die Crone aufſetzen
wollen.
Was vor tumme Geſchoͤpfe giebt es nicht in der
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ſeyn. Konnte er nicht dencken, daß ein Kerl, der
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/220>, abgerufen am 21.11.2024.
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