Denn sonst wird sie befürchten, daß mein böses Vorbild ein Sauerteig sey, der in dem Gemüth ihrer lieben Tochter gähren könnte. Würde nicht eine solche Furcht mich ihrer Wohlgewogenheit auf ewig berauben.
Jch lege die Abschrift meines Briefes an meine Schwester bey, die Sie zu sehen verlanget haben. Sie werden bemercken, daß ich zwar mein Gut nicht eigentlich wiedergefodert habe, dennoch aber einen Winck gebe, ob mir nicht erlaubt werden möchte, mich dahin zu begeben. Mit wie großer Freude wollte ich mein Wort erfüllen, wenn mein abermahliges Anerbieten angenommen würde! Jch glaube, Sie werden mit mir darin einig seyn, daß ich in meinem Briefe nichts davon habe mel- den müssen, daß ich wider meinen Willen zu der gewageten That gezwungen bin.
Jch bekenne, daß ich etwas unternommen ha- be, welches bey dem ersten Anblick sehr
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Denn ſonſt wird ſie befuͤrchten, daß mein boͤſes Vorbild ein Sauerteig ſey, der in dem Gemuͤth ihrer lieben Tochter gaͤhren koͤnnte. Wuͤrde nicht eine ſolche Furcht mich ihrer Wohlgewogenheit auf ewig berauben.
Jch lege die Abſchrift meines Briefes an meine Schweſter bey, die Sie zu ſehen verlanget haben. Sie werden bemercken, daß ich zwar mein Gut nicht eigentlich wiedergefodert habe, dennoch aber einen Winck gebe, ob mir nicht erlaubt werden moͤchte, mich dahin zu begeben. Mit wie großer Freude wollte ich mein Wort erfuͤllen, wenn mein abermahliges Anerbieten angenommen wuͤrde! Jch glaube, Sie werden mit mir darin einig ſeyn, daß ich in meinem Briefe nichts davon habe mel- den muͤſſen, daß ich wider meinen Willen zu der gewageten That gezwungen bin.
Jch bekenne, daß ich etwas unternommen ha- be, welches bey dem erſten Anblick ſehr
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Denn ſonſt wird ſie befuͤrchten, daß mein boͤſes
Vorbild ein Sauerteig ſey, der in dem Gemuͤth
ihrer lieben Tochter gaͤhren koͤnnte. Wuͤrde nicht
eine ſolche Furcht mich ihrer Wohlgewogenheit
auf ewig berauben.
Jch lege die Abſchrift meines Briefes an meine
Schweſter bey, die Sie zu ſehen verlanget haben.
Sie werden bemercken, daß ich zwar mein Gut
nicht eigentlich wiedergefodert habe, dennoch aber
einen Winck gebe, ob mir nicht erlaubt werden
moͤchte, mich dahin zu begeben. Mit wie großer
Freude wollte ich mein Wort erfuͤllen, wenn mein
abermahliges Anerbieten angenommen wuͤrde!
Jch glaube, Sie werden mit mir darin einig ſeyn,
daß ich in meinem Briefe nichts davon habe mel-
den muͤſſen, daß ich wider meinen Willen zu der
gewageten That gezwungen bin.
Jch bin, wertheſte Freundin
Jhre ſtets verpflichtete und
ergebenſte
Cl. Harlowe.
Der neunte Brief
An Fraͤulein Arabella Harlowe.
(Eine Beylage zu dem vorigen Briefe.)
S. Albans. Dienſtags d. 11 Apr.
Liebe Schweſter
Jch bekenne, daß ich etwas unternommen ha-
be, welches bey dem erſten Anblick ſehr
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/132>, abgerufen am 21.11.2024.
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