Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
der Clarissa.
An Fräulein Clarissa Harlowe.

Jch schreibe noch einmahl, obgleich es mir mei-
ne jüngere Schwester nachdrücklich verbo-
ten hat. Eure Mutter hat mir befohlen es zu
thun, damit Jhr bey Eurer Obstination ohne Ent-
schuldigung seyn möget. Macht mich etwa dis
Wort zum Pedanten gnädige Fräulein? Sie
will Euch gern in allen nachgeben, was nur den
Schein der Artigkeit hat, welche sie und alle ande-
re ehemals an Euch bewunderten. Ehe Jhr mit
Lovelace bekannt wurdet, muß ich auch zu Eurem
Ruhm sagen, daß Jhr artig gewesen seyd. Sie
und ihre Schwester Hervey (welche beyde so ge-
neigt sind Euch das Wort zu reden, wenn sie nur
könten) wollen es ein-vor allemal haben, daß die
Schuld Eurer harten Antwort an mir liege. Sie
können aber dabey nicht läugnen, daß die Ant-
wort selbst sehr ungeziemend sey. Jhr sehet in-
dessen, daß ich nun anfange zu lernen, und eine
sanftere Sprache annehme, da Jhr sie ableget.
Die Sache stehet so:

Sie ersuchen, sie bitten, sie flehen, (ist einer
von diesen Ausdrücken starck genug Fräulein
Clärchen?) daß Jhr Euch nicht wegern wollet,
nach Eures Vaters Bruders Antons Gute zu
reisen. Jch soll Euch anbey deutlich zu verstehen ge-
ben, daß den Jnhalt meines letzten Briefes betref-
fend, - - - doch man sollte dencken, sie hätten eben
nicht nöthig zu ersuchen, zu bitten und zu flehen. - -

So
der Clariſſa.
An Fraͤulein Clariſſa Harlowe.

Jch ſchreibe noch einmahl, obgleich es mir mei-
ne juͤngere Schweſter nachdruͤcklich verbo-
ten hat. Eure Mutter hat mir befohlen es zu
thun, damit Jhr bey Eurer Obſtination ohne Ent-
ſchuldigung ſeyn moͤget. Macht mich etwa dis
Wort zum Pedanten gnaͤdige Fraͤulein? Sie
will Euch gern in allen nachgeben, was nur den
Schein der Artigkeit hat, welche ſie und alle ande-
re ehemals an Euch bewunderten. Ehe Jhr mit
Lovelace bekannt wurdet, muß ich auch zu Eurem
Ruhm ſagen, daß Jhr artig geweſen ſeyd. Sie
und ihre Schweſter Hervey (welche beyde ſo ge-
neigt ſind Euch das Wort zu reden, wenn ſie nur
koͤnten) wollen es ein-vor allemal haben, daß die
Schuld Eurer harten Antwort an mir liege. Sie
koͤnnen aber dabey nicht laͤugnen, daß die Ant-
wort ſelbſt ſehr ungeziemend ſey. Jhr ſehet in-
deſſen, daß ich nun anfange zu lernen, und eine
ſanftere Sprache annehme, da Jhr ſie ableget.
Die Sache ſtehet ſo:

Sie erſuchen, ſie bitten, ſie flehen, (iſt einer
von dieſen Ausdruͤcken ſtarck genug Fraͤulein
Claͤrchen?) daß Jhr Euch nicht wegern wollet,
nach Eures Vaters Bruders Antons Gute zu
reiſen. Jch ſoll Euch anbey deutlich zu verſtehen ge-
ben, daß den Jnhalt meines letzten Briefes betref-
fend, ‒ ‒ ‒ doch man ſollte dencken, ſie haͤtten eben
nicht noͤthig zu erſuchen, zu bitten und zu flehen. ‒ ‒

So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0051" n="45"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a</hi>.</hi> </fw><lb/>
          <div>
            <salute> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">An Fra&#x0364;ulein Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe.</hi> </hi> </salute><lb/>
            <dateline> <hi rendition="#et">Douner&#x017F;tag Morgens.</hi> </dateline><lb/>
            <p><hi rendition="#in">J</hi>ch &#x017F;chreibe noch einmahl, obgleich es mir mei-<lb/>
ne ju&#x0364;ngere Schwe&#x017F;ter nachdru&#x0364;cklich verbo-<lb/>
ten hat. Eure Mutter hat mir befohlen es zu<lb/>
thun, damit Jhr bey Eurer <hi rendition="#aq">Ob&#x017F;tination</hi> ohne Ent-<lb/>
&#x017F;chuldigung &#x017F;eyn mo&#x0364;get. Macht mich etwa dis<lb/>
Wort zum Pedanten gna&#x0364;dige Fra&#x0364;ulein? Sie<lb/>
will Euch gern in allen nachgeben, was nur den<lb/>
Schein der Artigkeit hat, welche &#x017F;ie und alle ande-<lb/>
re ehemals an Euch bewunderten. Ehe Jhr mit<lb/><hi rendition="#fr">Lovelace</hi> bekannt wurdet, muß ich auch zu Eurem<lb/>
Ruhm &#x017F;agen, daß Jhr artig gewe&#x017F;en &#x017F;eyd. Sie<lb/>
und ihre Schwe&#x017F;ter <hi rendition="#fr">Hervey</hi> (welche beyde &#x017F;o ge-<lb/>
neigt &#x017F;ind Euch das Wort zu reden, wenn &#x017F;ie nur<lb/>
ko&#x0364;nten) wollen es ein-vor allemal haben, daß die<lb/>
Schuld Eurer harten Antwort an mir liege. Sie<lb/>
ko&#x0364;nnen aber dabey nicht la&#x0364;ugnen, daß die Ant-<lb/>
wort &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ehr ungeziemend &#x017F;ey. Jhr &#x017F;ehet in-<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en, daß ich nun anfange zu lernen, und eine<lb/>
&#x017F;anftere Sprache annehme, da Jhr &#x017F;ie ableget.<lb/>
Die Sache &#x017F;tehet &#x017F;o:</p><lb/>
            <p>Sie er&#x017F;uchen, &#x017F;ie bitten, &#x017F;ie flehen, (i&#x017F;t einer<lb/>
von die&#x017F;en Ausdru&#x0364;cken &#x017F;tarck genug Fra&#x0364;ulein<lb/><hi rendition="#fr">Cla&#x0364;rchen?</hi>) daß Jhr Euch nicht wegern wollet,<lb/>
nach Eures Vaters Bruders <hi rendition="#fr">Antons</hi> Gute zu<lb/>
rei&#x017F;en. Jch &#x017F;oll Euch anbey deutlich zu ver&#x017F;tehen ge-<lb/>
ben, daß den Jnhalt meines letzten Briefes betref-<lb/>
fend, &#x2012; &#x2012; &#x2012; doch man &#x017F;ollte dencken, &#x017F;ie ha&#x0364;tten eben<lb/>
nicht no&#x0364;thig zu er&#x017F;uchen, zu bitten und zu flehen. &#x2012; &#x2012;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0051] der Clariſſa. An Fraͤulein Clariſſa Harlowe. Dounerſtag Morgens. Jch ſchreibe noch einmahl, obgleich es mir mei- ne juͤngere Schweſter nachdruͤcklich verbo- ten hat. Eure Mutter hat mir befohlen es zu thun, damit Jhr bey Eurer Obſtination ohne Ent- ſchuldigung ſeyn moͤget. Macht mich etwa dis Wort zum Pedanten gnaͤdige Fraͤulein? Sie will Euch gern in allen nachgeben, was nur den Schein der Artigkeit hat, welche ſie und alle ande- re ehemals an Euch bewunderten. Ehe Jhr mit Lovelace bekannt wurdet, muß ich auch zu Eurem Ruhm ſagen, daß Jhr artig geweſen ſeyd. Sie und ihre Schweſter Hervey (welche beyde ſo ge- neigt ſind Euch das Wort zu reden, wenn ſie nur koͤnten) wollen es ein-vor allemal haben, daß die Schuld Eurer harten Antwort an mir liege. Sie koͤnnen aber dabey nicht laͤugnen, daß die Ant- wort ſelbſt ſehr ungeziemend ſey. Jhr ſehet in- deſſen, daß ich nun anfange zu lernen, und eine ſanftere Sprache annehme, da Jhr ſie ableget. Die Sache ſtehet ſo: Sie erſuchen, ſie bitten, ſie flehen, (iſt einer von dieſen Ausdruͤcken ſtarck genug Fraͤulein Claͤrchen?) daß Jhr Euch nicht wegern wollet, nach Eures Vaters Bruders Antons Gute zu reiſen. Jch ſoll Euch anbey deutlich zu verſtehen ge- ben, daß den Jnhalt meines letzten Briefes betref- fend, ‒ ‒ ‒ doch man ſollte dencken, ſie haͤtten eben nicht noͤthig zu erſuchen, zu bitten und zu flehen. ‒ ‒ So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/51
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/51>, abgerufen am 30.12.2024.