gen Lovelace so gleich in eine Lobrede zu ver- wandeln. Wir (oder wenigstens solche, als ich bin) vertheidigen gern ein übereiltes Urtheil ei- ne Zeitlang, wenn wir gleich wissen, daß wir uns übereilt haben: und nicht ein jedweder hat Jhre Grosmuth, einen begangenen Fehler zu er- kennen. Es erfodert in der That einen grossen Geist, wenn man dieses thun soll. Jch habe mich deswegen noch genauer nach seiner dortigen Lebensart erkundiget, in der Hoffnung, daß ich etwas böses erfahren würde. Allein alle Nach- richten stimmen überein, und lauten vortheilhaft für ihn.
Herr Lovelace hat von allem meinem Nach- fragen so viel Ehre, daß wenn es möglich wäre ich fast argwohnen möchte, es sey die gantze An- klage eine angestiftete Sache, dadurch man ei- nen Mohren weiß waschen will.
Anna Howe.
Der sechs und zwantzigste Brief von Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein Howe.
Sonnabends deu 1sten April.
Wer allzu fertig ist, andere zu tadeln, der wird sich dadurch den Vorwurf zuziehen, daß er veränderlich und unbeständig in seinen
Ur-
Die Geſchichte
gen Lovelace ſo gleich in eine Lobrede zu ver- wandeln. Wir (oder wenigſtens ſolche, als ich bin) vertheidigen gern ein uͤbereiltes Urtheil ei- ne Zeitlang, wenn wir gleich wiſſen, daß wir uns uͤbereilt haben: und nicht ein jedweder hat Jhre Grosmuth, einen begangenen Fehler zu er- kennen. Es erfodert in der That einen groſſen Geiſt, wenn man dieſes thun ſoll. Jch habe mich deswegen noch genauer nach ſeiner dortigen Lebensart erkundiget, in der Hoffnung, daß ich etwas boͤſes erfahren wuͤrde. Allein alle Nach- richten ſtimmen uͤberein, und lauten vortheilhaft fuͤr ihn.
Herr Lovelace hat von allem meinem Nach- fragen ſo viel Ehre, daß wenn es moͤglich waͤre ich faſt argwohnen moͤchte, es ſey die gantze An- klage eine angeſtiftete Sache, dadurch man ei- nen Mohren weiß waſchen will.
Anna Howe.
Der ſechs und zwantzigſte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe.
Sonnabends deu 1ſten April.
Wer allzu fertig iſt, andere zu tadeln, der wird ſich dadurch den Vorwurf zuziehen, daß er veraͤnderlich und unbeſtaͤndig in ſeinen
Ur-
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Die Geſchichte
gen Lovelace ſo gleich in eine Lobrede zu ver-
wandeln. Wir (oder wenigſtens ſolche, als ich
bin) vertheidigen gern ein uͤbereiltes Urtheil ei-
ne Zeitlang, wenn wir gleich wiſſen, daß wir
uns uͤbereilt haben: und nicht ein jedweder hat
Jhre Grosmuth, einen begangenen Fehler zu er-
kennen. Es erfodert in der That einen groſſen
Geiſt, wenn man dieſes thun ſoll. Jch habe
mich deswegen noch genauer nach ſeiner dortigen
Lebensart erkundiget, in der Hoffnung, daß ich
etwas boͤſes erfahren wuͤrde. Allein alle Nach-
richten ſtimmen uͤberein, und lauten vortheilhaft
fuͤr ihn.
Herr Lovelace hat von allem meinem Nach-
fragen ſo viel Ehre, daß wenn es moͤglich waͤre
ich faſt argwohnen moͤchte, es ſey die gantze An-
klage eine angeſtiftete Sache, dadurch man ei-
nen Mohren weiß waſchen will.
Anna Howe.
Der ſechs und zwantzigſte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe.
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Wer allzu fertig iſt, andere zu tadeln, der
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/262>, abgerufen am 03.03.2025.
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