mich betreffende Nachricht von Jhnen eben so an- gesehen wird, als wenn sie ihre eigne Angelegen- heiten beträffe, und Sie andern nicht mehr als zur Sache dienet eröffnen werden: so will ich fort- fahren so umständlich, als es unsere bisherige Ge- wohnheit mit sich bringt, an Sie zu schreiben, wenn mir nur die Gelegenheit nicht abgeschnitten wird. Es ist die reine Wahrheit, was ich ihnen so oft gesagt habe, daß mein grössestes Vergnügen in dem Umgang mit Jhnen bestehet. Kann ich die- ses nicht persönlich geniessen, so will ich es doch in Briefen thun.
Jch muß inzwischen gestehen, daß ich mit äus- serster Bekümmerniß vernehme, daß aller Leute Gespräche von mir handeln. Sie und alle Welt sagen mir dieses. Jn ihrer gütigen und vorsichtigen Besorgniß für meinen guten Nahmen, und in der Gelegenheit, die Sie mir gegeben haben, meine Um- stände vorher zu erzählen, ehe noch ein neues Un- glück, das GOtt abwenden wolle, die Sache ver- schlimmert, erkenne ich recht das Bild meiner auf- richtigsten Freundin der Fräulein Howe, und werde zwiefach dadurch verbunden, stets zu behar- ren,
Dero Danckbare und ergebenste, Clarissa Harlowe.
Abschrifft
des verlangten Eingangs der Clausel in ihres Gros-Vaters Testament, welche in diesen Brief auf Verlangen eingeschlossen war.
Da
der Clariſſa.
mich betreffende Nachricht von Jhnen eben ſo an- geſehen wird, als wenn ſie ihre eigne Angelegen- heiten betraͤffe, und Sie andern nicht mehr als zur Sache dienet eroͤffnen werden: ſo will ich fort- fahren ſo umſtaͤndlich, als es unſere bisherige Ge- wohnheit mit ſich bringt, an Sie zu ſchreiben, wenn mir nur die Gelegenheit nicht abgeſchnitten wird. Es iſt die reine Wahrheit, was ich ihnen ſo oft geſagt habe, daß mein groͤſſeſtes Vergnuͤgen in dem Umgang mit Jhnen beſtehet. Kann ich die- ſes nicht perſoͤnlich genieſſen, ſo will ich es doch in Briefen thun.
Jch muß inzwiſchen geſtehen, daß ich mit aͤuſ- ſerſter Bekuͤmmerniß vernehme, daß aller Leute Geſpraͤche von mir handeln. Sie und alle Welt ſagen mir dieſes. Jn ihrer guͤtigen und vorſichtigen Beſorgniß fuͤr meinen guten Nahmen, und in der Gelegenheit, die Sie mir gegeben haben, meine Um- ſtaͤnde vorher zu erzaͤhlen, ehe noch ein neues Un- gluͤck, das GOtt abwenden wolle, die Sache ver- ſchlimmert, erkenne ich recht das Bild meiner auf- richtigſten Freundin der Fraͤulein Howe, und werde zwiefach dadurch verbunden, ſtets zu behar- ren,
Dero Danckbare und ergebenſte, Clariſſa Harlowe.
Abſchrifft
des verlangten Eingangs der Clauſel in ihres Gros-Vaters Teſtament, welche in dieſen Brief auf Verlangen eingeſchloſſen war.
Da
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der Clariſſa.
mich betreffende Nachricht von Jhnen eben ſo an-
geſehen wird, als wenn ſie ihre eigne Angelegen-
heiten betraͤffe, und Sie andern nicht mehr als
zur Sache dienet eroͤffnen werden: ſo will ich fort-
fahren ſo umſtaͤndlich, als es unſere bisherige Ge-
wohnheit mit ſich bringt, an Sie zu ſchreiben,
wenn mir nur die Gelegenheit nicht abgeſchnitten
wird. Es iſt die reine Wahrheit, was ich ihnen ſo
oft geſagt habe, daß mein groͤſſeſtes Vergnuͤgen
in dem Umgang mit Jhnen beſtehet. Kann ich die-
ſes nicht perſoͤnlich genieſſen, ſo will ich es doch in
Briefen thun.
Jch muß inzwiſchen geſtehen, daß ich mit aͤuſ-
ſerſter Bekuͤmmerniß vernehme, daß aller Leute
Geſpraͤche von mir handeln. Sie und alle Welt
ſagen mir dieſes. Jn ihrer guͤtigen und vorſichtigen
Beſorgniß fuͤr meinen guten Nahmen, und in der
Gelegenheit, die Sie mir gegeben haben, meine Um-
ſtaͤnde vorher zu erzaͤhlen, ehe noch ein neues Un-
gluͤck, das GOtt abwenden wolle, die Sache ver-
ſchlimmert, erkenne ich recht das Bild meiner auf-
richtigſten Freundin der Fraͤulein Howe, und
werde zwiefach dadurch verbunden, ſtets zu behar-
ren,
Dero Danckbare und ergebenſte,
Clariſſa Harlowe.
Abſchrifft
des verlangten Eingangs der Clauſel in ihres
Gros-Vaters Teſtament, welche in dieſen Brief
auf Verlangen eingeſchloſſen war.
Da
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/65>, abgerufen am 22.02.2025.
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