Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
der Clarissa.
Der drey und zwantzigste Brief.
von
Fräulein Clarissa Harlowe/ an Fräulein
Howe.

Meine Angehärigen haben es recht darauf
gesetzt, mich zu betrüben. Meine arme
Hannichen hat den Abschied bekommen, und
zwar dieses auf eine schimpfliche Weise. Es
geschahe also:

Eine halbe Stunde, nachdem ich sie hinunter
geschickt hatte, mein Frühstück zu holen, kam
das verwegene Mensch die Elisabeth Barnes/
meiner Schwester geheimte Räthin und Mädchen
herauf: (wenn ich anders die für ein Dienst-
Mädchen ausgeben kan, die zugleich eine vertrau-
te Freundin und geheimte Räthin ist.) Was
befehlen sie zum Frühstück?
fing sie an.

Jch verwunderte mich: was ich zum Früh-
stück haben will/ Elisabeth! Wie? was
ist vorgegangen? Wie kommt das?
Jch
nannte darauf Hannichen. Jch wuste selbst
nicht, was ich sagen sollte.

Verwundern sie sich nicht, Fräulein: sie werden
Hannichen hier im Hause nicht wieder sehen.

GOtt behüte! Hat Hannichen ein Un-
glück gehabt! Was ist mit
Hannichen vor-
gegangen.

Wie? Fräulein! Kurtz und gut; ihr Herr
"Vater meynt, daß Hannichen lange genug
"im Hause gewesen ist, lose Händel anzufangen,

darum
der Clariſſa.
Der drey und zwantzigſte Brief.
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe/ an Fraͤulein
Howe.

Meine Angehaͤrigen haben es recht darauf
geſetzt, mich zu betruͤben. Meine arme
Hannichen hat den Abſchied bekommen, und
zwar dieſes auf eine ſchimpfliche Weiſe. Es
geſchahe alſo:

Eine halbe Stunde, nachdem ich ſie hinunter
geſchickt hatte, mein Fruͤhſtuͤck zu holen, kam
das verwegene Menſch die Eliſabeth Barnes/
meiner Schweſter geheimte Raͤthin und Maͤdchen
herauf: (wenn ich anders die fuͤr ein Dienſt-
Maͤdchen ausgeben kan, die zugleich eine vertrau-
te Freundin und geheimte Raͤthin iſt.) Was
befehlen ſie zum Fruͤhſtuͤck?
fing ſie an.

Jch verwunderte mich: was ich zum Fruͤh-
ſtuͤck haben will/ Eliſabeth! Wie? was
iſt vorgegangen? Wie kommt das?
Jch
nannte darauf Hannichen. Jch wuſte ſelbſt
nicht, was ich ſagen ſollte.

Verwundern ſie ſich nicht, Fraͤulein: ſie werden
Hannichen hier im Hauſe nicht wieder ſehen.

GOtt behuͤte! Hat Hannichen ein Un-
gluͤck gehabt! Was iſt mit
Hannichen vor-
gegangen.

Wie? Fraͤulein! Kurtz und gut; ihr Herr
„Vater meynt, daß Hannichen lange genug
„im Hauſe geweſen iſt, loſe Haͤndel anzufangen,

darum
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0273" n="253"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a.</hi> </hi> </fw><lb/>
      <div n="2">
        <head><hi rendition="#fr">Der drey und zwantzig&#x017F;te Brief.</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe/ an Fra&#x0364;ulein<lb/>
Howe.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#et">Montag Morgens den 6. Ma&#x0364;rtz</hi> </dateline><lb/>
        <p><hi rendition="#in">M</hi>eine Angeha&#x0364;rigen haben es recht darauf<lb/>
ge&#x017F;etzt, mich zu betru&#x0364;ben. Meine arme<lb/><hi rendition="#fr">Hannichen</hi> hat den Ab&#x017F;chied bekommen, und<lb/>
zwar die&#x017F;es auf eine &#x017F;chimpfliche Wei&#x017F;e. Es<lb/>
ge&#x017F;chahe al&#x017F;o:</p><lb/>
        <p>Eine halbe Stunde, nachdem ich &#x017F;ie hinunter<lb/>
ge&#x017F;chickt hatte, mein Fru&#x0364;h&#x017F;tu&#x0364;ck zu holen, kam<lb/>
das verwegene Men&#x017F;ch die <hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth Barnes/</hi><lb/>
meiner Schwe&#x017F;ter geheimte Ra&#x0364;thin und Ma&#x0364;dchen<lb/>
herauf: (wenn ich anders die fu&#x0364;r ein Dien&#x017F;t-<lb/>
Ma&#x0364;dchen ausgeben kan, die zugleich eine vertrau-<lb/>
te Freundin und geheimte Ra&#x0364;thin i&#x017F;t.) <hi rendition="#fr">Was<lb/>
befehlen &#x017F;ie zum Fru&#x0364;h&#x017F;tu&#x0364;ck?</hi> fing &#x017F;ie an.</p><lb/>
        <p>Jch verwunderte mich: <hi rendition="#fr">was ich zum Fru&#x0364;h-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;ck haben will/ Eli&#x017F;abeth! Wie? was<lb/>
i&#x017F;t vorgegangen? Wie kommt das?</hi> Jch<lb/>
nannte darauf <hi rendition="#fr">Hannichen.</hi> Jch wu&#x017F;te &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
nicht, was ich &#x017F;agen &#x017F;ollte.</p><lb/>
        <p>Verwundern &#x017F;ie &#x017F;ich nicht, Fra&#x0364;ulein: &#x017F;ie werden<lb/><hi rendition="#fr">Hannichen</hi> hier im Hau&#x017F;e nicht wieder &#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">GOtt behu&#x0364;te! Hat</hi> H<hi rendition="#fr">annichen ein Un-<lb/>
glu&#x0364;ck gehabt! Was i&#x017F;t mit</hi> H<hi rendition="#fr">annichen vor-<lb/>
gegangen.</hi></p><lb/>
        <p>Wie? Fra&#x0364;ulein! Kurtz und gut; ihr Herr<lb/>
&#x201E;Vater meynt, daß Hannichen lange genug<lb/>
&#x201E;im Hau&#x017F;e gewe&#x017F;en i&#x017F;t, lo&#x017F;e Ha&#x0364;ndel anzufangen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">darum</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0273] der Clariſſa. Der drey und zwantzigſte Brief. von Fraͤulein Clariſſa Harlowe/ an Fraͤulein Howe. Montag Morgens den 6. Maͤrtz Meine Angehaͤrigen haben es recht darauf geſetzt, mich zu betruͤben. Meine arme Hannichen hat den Abſchied bekommen, und zwar dieſes auf eine ſchimpfliche Weiſe. Es geſchahe alſo: Eine halbe Stunde, nachdem ich ſie hinunter geſchickt hatte, mein Fruͤhſtuͤck zu holen, kam das verwegene Menſch die Eliſabeth Barnes/ meiner Schweſter geheimte Raͤthin und Maͤdchen herauf: (wenn ich anders die fuͤr ein Dienſt- Maͤdchen ausgeben kan, die zugleich eine vertrau- te Freundin und geheimte Raͤthin iſt.) Was befehlen ſie zum Fruͤhſtuͤck? fing ſie an. Jch verwunderte mich: was ich zum Fruͤh- ſtuͤck haben will/ Eliſabeth! Wie? was iſt vorgegangen? Wie kommt das? Jch nannte darauf Hannichen. Jch wuſte ſelbſt nicht, was ich ſagen ſollte. Verwundern ſie ſich nicht, Fraͤulein: ſie werden Hannichen hier im Hauſe nicht wieder ſehen. GOtt behuͤte! Hat Hannichen ein Un- gluͤck gehabt! Was iſt mit Hannichen vor- gegangen. Wie? Fraͤulein! Kurtz und gut; ihr Herr „Vater meynt, daß Hannichen lange genug „im Hauſe geweſen iſt, loſe Haͤndel anzufangen, darum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/273
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/273>, abgerufen am 30.12.2024.