Erster Brief von Fräulein Anna Howe an Fräulein Clarissa Harlowe.
den 10. Jan.
Jch bin wegen der Unruhe, die Jhr Haus seit kurtzen in Verwirrung gesetzet, sehr bekümmert. Jch kan leicht dencken, wie emp- findlich es Jhnen seyn müsse, daß Jhrer in allen öffentlichen Gesprächen gedacht, wird: und dennoch ist es bey einer so bekant gewordenen Be- gebenheit unmöglich, daß nicht ein jeder auf dasje- nige aufmercksam seyn sollte, was ein junges Frauenzimmer betrifft, dessen ausnehmende Vor- züge jederman veranlasset haben, an ihren Bege- benheiten Antheil zu nehmen. Jch bin begierig von Jhnen selbst die eigentlichen Umstände eines Verfahrens zu vernehmen, das man Sie wegen ei- nes unverschuldeten Zufalls empfinden lässet, in welchem, so viel ich erfahren kan, der leidende Theil den Angriff gethan hat. Jch habe auf die erste Nachricht von der vorgegangenen Schlägerey Hrn. Diggs(*) sogleich her bitten lassen, um
mich
(*) Der Wund-Artzt ihres Bruders.
Erster Theil. A
Clariſſa der erſte Theil.
Erſter Brief von Fraͤulein Anna Howe an Fraͤulein Clariſſa Harlowe.
den 10. Jan.
Jch bin wegen der Unruhe, die Jhr Haus ſeit kurtzen in Verwirrung geſetzet, ſehr bekuͤmmert. Jch kan leicht dencken, wie emp- findlich es Jhnen ſeyn muͤſſe, daß Jhrer in allen oͤffentlichen Geſpraͤchen gedacht, wird: und dennoch iſt es bey einer ſo bekant gewordenen Be- gebenheit unmoͤglich, daß nicht ein jeder auf dasje- nige aufmerckſam ſeyn ſollte, was ein junges Frauenzimmer betrifft, deſſen ausnehmende Vor- zuͤge jederman veranlaſſet haben, an ihren Bege- benheiten Antheil zu nehmen. Jch bin begierig von Jhnen ſelbſt die eigentlichen Umſtaͤnde eines Verfahrens zu vernehmen, das man Sie wegen ei- nes unverſchuldeten Zufalls empfinden laͤſſet, in welchem, ſo viel ich erfahren kan, der leidende Theil den Angriff gethan hat. Jch habe auf die erſte Nachricht von der vorgegangenen Schlaͤgerey Hrn. Diggs(*) ſogleich her bitten laſſen, um
mich
(*) Der Wund-Artzt ihres Bruders.
Erſter Theil. A
<TEI><text><body><pbfacs="#f0021"n="[1]"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Clariſſa</hi><lb/>
der erſte Theil.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#fr">Erſter Brief</hi><lb/>
von<lb/><hirendition="#fr">Fraͤulein Anna Howe an Fraͤulein Clariſſa<lb/>
Harlowe.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#et">den 10. Jan.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>ch bin wegen der Unruhe, die Jhr Haus<lb/>ſeit kurtzen in Verwirrung geſetzet, ſehr<lb/>
bekuͤmmert. Jch kan leicht dencken, wie emp-<lb/>
findlich es Jhnen ſeyn muͤſſe, daß Jhrer in<lb/>
allen oͤffentlichen Geſpraͤchen gedacht, wird: und<lb/>
dennoch iſt es bey einer ſo bekant gewordenen Be-<lb/>
gebenheit unmoͤglich, daß nicht ein jeder auf dasje-<lb/>
nige aufmerckſam ſeyn ſollte, was ein junges<lb/>
Frauenzimmer betrifft, deſſen ausnehmende Vor-<lb/>
zuͤge jederman veranlaſſet haben, an ihren Bege-<lb/>
benheiten Antheil zu nehmen. Jch bin begierig<lb/>
von Jhnen ſelbſt die eigentlichen Umſtaͤnde eines<lb/>
Verfahrens zu vernehmen, das man Sie wegen ei-<lb/>
nes unverſchuldeten Zufalls empfinden laͤſſet, in<lb/>
welchem, ſo viel ich erfahren kan, der leidende<lb/>
Theil den Angriff gethan hat. Jch habe auf die<lb/>
erſte Nachricht von der vorgegangenen Schlaͤgerey<lb/>
Hrn. <hirendition="#fr">Diggs</hi><noteplace="foot"n="(*)">Der Wund-Artzt ihres Bruders.</note>ſogleich her bitten laſſen, um<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Erſter Theil.</hi> A</fw><fwplace="bottom"type="catch">mich</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[1]/0021]
Clariſſa
der erſte Theil.
Erſter Brief
von
Fraͤulein Anna Howe an Fraͤulein Clariſſa
Harlowe.
den 10. Jan.
Jch bin wegen der Unruhe, die Jhr Haus
ſeit kurtzen in Verwirrung geſetzet, ſehr
bekuͤmmert. Jch kan leicht dencken, wie emp-
findlich es Jhnen ſeyn muͤſſe, daß Jhrer in
allen oͤffentlichen Geſpraͤchen gedacht, wird: und
dennoch iſt es bey einer ſo bekant gewordenen Be-
gebenheit unmoͤglich, daß nicht ein jeder auf dasje-
nige aufmerckſam ſeyn ſollte, was ein junges
Frauenzimmer betrifft, deſſen ausnehmende Vor-
zuͤge jederman veranlaſſet haben, an ihren Bege-
benheiten Antheil zu nehmen. Jch bin begierig
von Jhnen ſelbſt die eigentlichen Umſtaͤnde eines
Verfahrens zu vernehmen, das man Sie wegen ei-
nes unverſchuldeten Zufalls empfinden laͤſſet, in
welchem, ſo viel ich erfahren kan, der leidende
Theil den Angriff gethan hat. Jch habe auf die
erſte Nachricht von der vorgegangenen Schlaͤgerey
Hrn. Diggs (*) ſogleich her bitten laſſen, um
mich
(*) Der Wund-Artzt ihres Bruders.
Erſter Theil. A
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/21>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.