Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Und schließlich gab sie mir noch den Rat, meinen Verkehr im Eckhaus etwas mehr einzuschränken. Die Mädchen dort nähmen es ja doch nicht ernst mit dem Heidentum, sondern es diene ihnen nur als Vorwand, sich in schrankenloser Weise zu vergnügen. Maria -- und sie schüttelte bedenklich den Kopf -- Maria, die einem Hallwig hätte nahe sein dürfen, die sich aber trotzdem immer mit zweifelhaften Elementen umgebe und dadurch seine Kreise störe -- --

Ach, was sollen mir alle diese Ratschläge? Adrian empfahl mir dringend, so bald wie möglich Wahnmoching zu verlassen; und nun wieder die Kappadozische mit ihrer Warnung vor dem Eckhaus. -- Was man guten Rat nennt, geht wohl immer nur darauf hinaus, zu lassen, was man durchaus nicht lassen kann, oder zu tun, wozu man nicht imstande ist, überhaupt den eigentlichen Sinn aus dem Leben wegzunehmen und seinen besten Inhalt zu streichen.

Die Jadwiga hat Maria ganz besonders in ihr Herz geschlossen. Heute schickte sie ihr einen Blumenstrauß, und dabei stand geschrieben: Die Heimatlose einer Heimatlosen! -- aber Maria wurde darüber so zornig, wie ich sie noch nie gesehen hatte:

Und schließlich gab sie mir noch den Rat, meinen Verkehr im Eckhaus etwas mehr einzuschränken. Die Mädchen dort nähmen es ja doch nicht ernst mit dem Heidentum, sondern es diene ihnen nur als Vorwand, sich in schrankenloser Weise zu vergnügen. Maria — und sie schüttelte bedenklich den Kopf — Maria, die einem Hallwig hätte nahe sein dürfen, die sich aber trotzdem immer mit zweifelhaften Elementen umgebe und dadurch seine Kreise störe — —

Ach, was sollen mir alle diese Ratschläge? Adrian empfahl mir dringend, so bald wie möglich Wahnmoching zu verlassen; und nun wieder die Kappadozische mit ihrer Warnung vor dem Eckhaus. — Was man guten Rat nennt, geht wohl immer nur darauf hinaus, zu lassen, was man durchaus nicht lassen kann, oder zu tun, wozu man nicht imstande ist, überhaupt den eigentlichen Sinn aus dem Leben wegzunehmen und seinen besten Inhalt zu streichen.

Die Jadwiga hat Maria ganz besonders in ihr Herz geschlossen. Heute schickte sie ihr einen Blumenstrauß, und dabei stand geschrieben: Die Heimatlose einer Heimatlosen! — aber Maria wurde darüber so zornig, wie ich sie noch nie gesehen hatte:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div type="letter" n="2">
            <pb facs="#f0180" n="176"/>
            <p>Und schließlich gab sie mir noch den Rat, meinen Verkehr im Eckhaus etwas mehr einzuschränken. Die Mädchen dort nähmen es ja doch nicht ernst mit dem Heidentum, sondern es diene ihnen nur als Vorwand, sich in schrankenloser Weise zu vergnügen. Maria &#x2014; und sie schüttelte bedenklich den Kopf &#x2014; Maria, die einem Hallwig hätte nahe sein dürfen, die sich aber trotzdem immer mit zweifelhaften Elementen umgebe und dadurch seine Kreise störe &#x2014; &#x2014;</p>
            <p>Ach, was sollen mir alle diese Ratschläge? Adrian empfahl mir dringend, so bald wie möglich Wahnmoching zu verlassen; und nun wieder die Kappadozische mit ihrer Warnung vor dem Eckhaus. &#x2014; Was man guten Rat nennt, geht wohl immer nur darauf hinaus, zu lassen, was man durchaus nicht lassen kann, oder zu tun, wozu man nicht imstande ist, überhaupt den eigentlichen Sinn aus dem Leben wegzunehmen und seinen besten Inhalt zu streichen.</p>
          </div>
          <div type="letter" n="2">
            <opener>
              <dateline> <hi rendition="#right">8. April</hi> </dateline>
            </opener>
            <p>Die Jadwiga hat Maria ganz besonders in ihr Herz geschlossen. Heute schickte sie ihr einen Blumenstrauß, und dabei stand geschrieben: Die Heimatlose einer Heimatlosen! &#x2014; aber Maria wurde darüber so zornig, wie ich sie noch nie gesehen hatte:</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0180] Und schließlich gab sie mir noch den Rat, meinen Verkehr im Eckhaus etwas mehr einzuschränken. Die Mädchen dort nähmen es ja doch nicht ernst mit dem Heidentum, sondern es diene ihnen nur als Vorwand, sich in schrankenloser Weise zu vergnügen. Maria — und sie schüttelte bedenklich den Kopf — Maria, die einem Hallwig hätte nahe sein dürfen, die sich aber trotzdem immer mit zweifelhaften Elementen umgebe und dadurch seine Kreise störe — — Ach, was sollen mir alle diese Ratschläge? Adrian empfahl mir dringend, so bald wie möglich Wahnmoching zu verlassen; und nun wieder die Kappadozische mit ihrer Warnung vor dem Eckhaus. — Was man guten Rat nennt, geht wohl immer nur darauf hinaus, zu lassen, was man durchaus nicht lassen kann, oder zu tun, wozu man nicht imstande ist, überhaupt den eigentlichen Sinn aus dem Leben wegzunehmen und seinen besten Inhalt zu streichen. 8. April Die Jadwiga hat Maria ganz besonders in ihr Herz geschlossen. Heute schickte sie ihr einen Blumenstrauß, und dabei stand geschrieben: Die Heimatlose einer Heimatlosen! — aber Maria wurde darüber so zornig, wie ich sie noch nie gesehen hatte:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/180
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/180>, abgerufen am 22.12.2024.