Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

"Lampengeschichte?"

"Aber ich bitte Sie -- Sie waren doch selbst dabei, als der erste Umzug beginnen sollte, -- Delius hatte eine kleine antike Lampe in der Hand."

"Richtig, ja, und Frau Hofmann beschwor ihn, sie wegzustellen, weil sie tropfte -- --"

"Das war eben nur ein Vorwand, der Cäsar sollte der einzige sein, der ein Licht trug. Jedenfalls faßte Delius es so auf; ich hörte selbst, wie er leidenschaftlich ausrief: ,Nein -- nein, ich lasse sie mir nicht fortnehmen,' und auch nachher noch ganz empört zu einer Bacchantin äußerte: ,Denken Sie nur, die Lampe haben sie mir nehmen wollen -- es scheint, daß in diesem Hause niemand außer dem Cäsar ein Licht tragen darf.' Wie ich Delius kenne, wird er das nicht sobald wieder vergessen -- aber Gott sei Dank, mich berührt das alles jetzt nicht weiter, -- ich gehe nach Berlin. Hoffentlich sehen wir uns dort bei Gelegenheit einmal wieder."

Damit verabschiedete er sich und eilte froh einer neuen Zukunft entgegen. Wir aber blieben deprimiert zurück.

Wir fühlen uns ungemütlich ...

Kein Philosoph mehr, kein Adrian, kein Sonnenknabe, -- denn auch der hat es vorgezogen, Wahnmoching vorläufig zu verlassen.

„Lampengeschichte?“

„Aber ich bitte Sie — Sie waren doch selbst dabei, als der erste Umzug beginnen sollte, — Delius hatte eine kleine antike Lampe in der Hand.“

„Richtig, ja, und Frau Hofmann beschwor ihn, sie wegzustellen, weil sie tropfte — —“

„Das war eben nur ein Vorwand, der Cäsar sollte der einzige sein, der ein Licht trug. Jedenfalls faßte Delius es so auf; ich hörte selbst, wie er leidenschaftlich ausrief: ‚Nein — nein, ich lasse sie mir nicht fortnehmen,‘ und auch nachher noch ganz empört zu einer Bacchantin äußerte: ‚Denken Sie nur, die Lampe haben sie mir nehmen wollen — es scheint, daß in diesem Hause niemand außer dem Cäsar ein Licht tragen darf.‘ Wie ich Delius kenne, wird er das nicht sobald wieder vergessen — aber Gott sei Dank, mich berührt das alles jetzt nicht weiter, — ich gehe nach Berlin. Hoffentlich sehen wir uns dort bei Gelegenheit einmal wieder.“

Damit verabschiedete er sich und eilte froh einer neuen Zukunft entgegen. Wir aber blieben deprimiert zurück.

Wir fühlen uns ungemütlich …

Kein Philosoph mehr, kein Adrian, kein Sonnenknabe, — denn auch der hat es vorgezogen, Wahnmoching vorläufig zu verlassen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div type="letter" n="2">
            <pb facs="#f0175" n="171"/>
            <p>&#x201E;Lampengeschichte?&#x201C;</p>
            <p>&#x201E;Aber ich bitte Sie &#x2014; Sie waren doch selbst dabei, als der erste Umzug beginnen sollte, &#x2014; Delius hatte eine kleine antike Lampe in der Hand.&#x201C;</p>
            <p>&#x201E;Richtig, ja, und Frau Hofmann beschwor ihn, sie wegzustellen, weil sie tropfte &#x2014; &#x2014;&#x201C;</p>
            <p>&#x201E;Das war eben nur ein Vorwand, der Cäsar sollte der einzige sein, der ein Licht trug. Jedenfalls faßte Delius es so auf; ich hörte selbst, wie er leidenschaftlich ausrief: &#x201A;Nein &#x2014; nein, ich lasse sie mir nicht fortnehmen,&#x2018; und auch nachher noch ganz empört zu einer Bacchantin äußerte: &#x201A;Denken Sie nur, die Lampe haben sie mir nehmen wollen &#x2014; es scheint, daß in diesem Hause niemand außer dem Cäsar ein Licht tragen darf.&#x2018; Wie ich Delius kenne, wird er das nicht sobald wieder vergessen &#x2014; aber Gott sei Dank, mich berührt das alles jetzt nicht weiter, &#x2014; ich gehe nach Berlin. Hoffentlich sehen wir uns dort bei Gelegenheit einmal wieder.&#x201C;</p>
            <p>Damit verabschiedete er sich und eilte froh einer neuen Zukunft entgegen. Wir aber blieben deprimiert zurück.</p>
          </div>
          <div type="letter" n="2">
            <opener>
              <dateline> <hi rendition="#right">28. &#x2026;</hi> </dateline>
            </opener>
            <p>Wir fühlen uns ungemütlich &#x2026;</p>
            <p>Kein Philosoph mehr, kein Adrian, kein Sonnenknabe, &#x2014; denn auch der hat es vorgezogen, Wahnmoching vorläufig zu verlassen.</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0175] „Lampengeschichte?“ „Aber ich bitte Sie — Sie waren doch selbst dabei, als der erste Umzug beginnen sollte, — Delius hatte eine kleine antike Lampe in der Hand.“ „Richtig, ja, und Frau Hofmann beschwor ihn, sie wegzustellen, weil sie tropfte — —“ „Das war eben nur ein Vorwand, der Cäsar sollte der einzige sein, der ein Licht trug. Jedenfalls faßte Delius es so auf; ich hörte selbst, wie er leidenschaftlich ausrief: ‚Nein — nein, ich lasse sie mir nicht fortnehmen,‘ und auch nachher noch ganz empört zu einer Bacchantin äußerte: ‚Denken Sie nur, die Lampe haben sie mir nehmen wollen — es scheint, daß in diesem Hause niemand außer dem Cäsar ein Licht tragen darf.‘ Wie ich Delius kenne, wird er das nicht sobald wieder vergessen — aber Gott sei Dank, mich berührt das alles jetzt nicht weiter, — ich gehe nach Berlin. Hoffentlich sehen wir uns dort bei Gelegenheit einmal wieder.“ Damit verabschiedete er sich und eilte froh einer neuen Zukunft entgegen. Wir aber blieben deprimiert zurück. 28. … Wir fühlen uns ungemütlich … Kein Philosoph mehr, kein Adrian, kein Sonnenknabe, — denn auch der hat es vorgezogen, Wahnmoching vorläufig zu verlassen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/175
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/175>, abgerufen am 22.12.2024.