Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913."Lampengeschichte?" "Aber ich bitte Sie -- Sie waren doch selbst dabei, als der erste Umzug beginnen sollte, -- Delius hatte eine kleine antike Lampe in der Hand." "Richtig, ja, und Frau Hofmann beschwor ihn, sie wegzustellen, weil sie tropfte -- --" "Das war eben nur ein Vorwand, der Cäsar sollte der einzige sein, der ein Licht trug. Jedenfalls faßte Delius es so auf; ich hörte selbst, wie er leidenschaftlich ausrief: ,Nein -- nein, ich lasse sie mir nicht fortnehmen,' und auch nachher noch ganz empört zu einer Bacchantin äußerte: ,Denken Sie nur, die Lampe haben sie mir nehmen wollen -- es scheint, daß in diesem Hause niemand außer dem Cäsar ein Licht tragen darf.' Wie ich Delius kenne, wird er das nicht sobald wieder vergessen -- aber Gott sei Dank, mich berührt das alles jetzt nicht weiter, -- ich gehe nach Berlin. Hoffentlich sehen wir uns dort bei Gelegenheit einmal wieder." Damit verabschiedete er sich und eilte froh einer neuen Zukunft entgegen. Wir aber blieben deprimiert zurück. 28. ... Wir fühlen uns ungemütlich ... Kein Philosoph mehr, kein Adrian, kein Sonnenknabe, -- denn auch der hat es vorgezogen, Wahnmoching vorläufig zu verlassen. „Lampengeschichte?“ „Aber ich bitte Sie — Sie waren doch selbst dabei, als der erste Umzug beginnen sollte, — Delius hatte eine kleine antike Lampe in der Hand.“ „Richtig, ja, und Frau Hofmann beschwor ihn, sie wegzustellen, weil sie tropfte — —“ „Das war eben nur ein Vorwand, der Cäsar sollte der einzige sein, der ein Licht trug. Jedenfalls faßte Delius es so auf; ich hörte selbst, wie er leidenschaftlich ausrief: ‚Nein — nein, ich lasse sie mir nicht fortnehmen,‘ und auch nachher noch ganz empört zu einer Bacchantin äußerte: ‚Denken Sie nur, die Lampe haben sie mir nehmen wollen — es scheint, daß in diesem Hause niemand außer dem Cäsar ein Licht tragen darf.‘ Wie ich Delius kenne, wird er das nicht sobald wieder vergessen — aber Gott sei Dank, mich berührt das alles jetzt nicht weiter, — ich gehe nach Berlin. Hoffentlich sehen wir uns dort bei Gelegenheit einmal wieder.“ Damit verabschiedete er sich und eilte froh einer neuen Zukunft entgegen. Wir aber blieben deprimiert zurück. 28. … Wir fühlen uns ungemütlich … Kein Philosoph mehr, kein Adrian, kein Sonnenknabe, — denn auch der hat es vorgezogen, Wahnmoching vorläufig zu verlassen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <pb facs="#f0175" n="171"/> <p>„Lampengeschichte?“</p> <p>„Aber ich bitte Sie — Sie waren doch selbst dabei, als der erste Umzug beginnen sollte, — Delius hatte eine kleine antike Lampe in der Hand.“</p> <p>„Richtig, ja, und Frau Hofmann beschwor ihn, sie wegzustellen, weil sie tropfte — —“</p> <p>„Das war eben nur ein Vorwand, der Cäsar sollte der einzige sein, der ein Licht trug. Jedenfalls faßte Delius es so auf; ich hörte selbst, wie er leidenschaftlich ausrief: ‚Nein — nein, ich lasse sie mir nicht fortnehmen,‘ und auch nachher noch ganz empört zu einer Bacchantin äußerte: ‚Denken Sie nur, die Lampe haben sie mir nehmen wollen — es scheint, daß in diesem Hause niemand außer dem Cäsar ein Licht tragen darf.‘ Wie ich Delius kenne, wird er das nicht sobald wieder vergessen — aber Gott sei Dank, mich berührt das alles jetzt nicht weiter, — ich gehe nach Berlin. Hoffentlich sehen wir uns dort bei Gelegenheit einmal wieder.“</p> <p>Damit verabschiedete er sich und eilte froh einer neuen Zukunft entgegen. Wir aber blieben deprimiert zurück.</p> </div> <div type="letter" n="2"> <opener> <dateline> <hi rendition="#right">28. …</hi> </dateline> </opener> <p>Wir fühlen uns ungemütlich …</p> <p>Kein Philosoph mehr, kein Adrian, kein Sonnenknabe, — denn auch der hat es vorgezogen, Wahnmoching vorläufig zu verlassen.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [171/0175]
„Lampengeschichte?“
„Aber ich bitte Sie — Sie waren doch selbst dabei, als der erste Umzug beginnen sollte, — Delius hatte eine kleine antike Lampe in der Hand.“
„Richtig, ja, und Frau Hofmann beschwor ihn, sie wegzustellen, weil sie tropfte — —“
„Das war eben nur ein Vorwand, der Cäsar sollte der einzige sein, der ein Licht trug. Jedenfalls faßte Delius es so auf; ich hörte selbst, wie er leidenschaftlich ausrief: ‚Nein — nein, ich lasse sie mir nicht fortnehmen,‘ und auch nachher noch ganz empört zu einer Bacchantin äußerte: ‚Denken Sie nur, die Lampe haben sie mir nehmen wollen — es scheint, daß in diesem Hause niemand außer dem Cäsar ein Licht tragen darf.‘ Wie ich Delius kenne, wird er das nicht sobald wieder vergessen — aber Gott sei Dank, mich berührt das alles jetzt nicht weiter, — ich gehe nach Berlin. Hoffentlich sehen wir uns dort bei Gelegenheit einmal wieder.“
Damit verabschiedete er sich und eilte froh einer neuen Zukunft entgegen. Wir aber blieben deprimiert zurück.
28. … Wir fühlen uns ungemütlich …
Kein Philosoph mehr, kein Adrian, kein Sonnenknabe, — denn auch der hat es vorgezogen, Wahnmoching vorläufig zu verlassen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/175 |
Zitationshilfe: | Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/175>, abgerufen am 03.03.2025. |