Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rennenkampff, Gustav Reinhold Georg von: Ueber die bevorstehende Freiheit der Ehsten und Letten. Dorpat, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

Pflichten als Menschen und Christen kennen zu lernen, und, um gescheute Leute zu werden, die selbst denken, und selbst für sich sorgen können, und die da wissen, wie sie sich selbst durch das Leben helfen sollen. Ich glaube nicht, daß mir irgend ein gescheuter Bauer einwenden werde: seine Mitbrüder hätten nicht soviel, ihre Kinder in der Schule unterhalten zu können. Rechnet jeder Vater zusammen, was er auf Hochzeiten, Kindtaufen und Beerdigungen verzehrt, was er in den Krügen und auf den Märkten mehr ausgiebt und verschleudert, als nothwendig ist, und um wie viel er sich im Verkauf seiner Produkte blos deswegen übervortheilen läßt, weil er in der Schule nicht rechnen gelernt hat, und daher gewöhnlich mehr Maaß und Gewicht hergeben muß, als ihm angerechnet wird; so muß er leicht einsehen, daß dies weit mehr beträgt, als alle Unkosten der Schule, die seine Kinder zu gescheuten Leuten machen kann.

Weil es Gottes Gebot ist, daß jeder Mensch, so weit seine Kräfte reichen, für die Glückseligkeit und die Vervollkommnung seiner Nebenmenschen sorge, besonders der ihm anvertrauten

Pflichten als Menschen und Christen kennen zu lernen, und, um gescheute Leute zu werden, die selbst denken, und selbst für sich sorgen können, und die da wissen, wie sie sich selbst durch das Leben helfen sollen. Ich glaube nicht, daß mir irgend ein gescheuter Bauer einwenden werde: seine Mitbrüder hätten nicht soviel, ihre Kinder in der Schule unterhalten zu können. Rechnet jeder Vater zusammen, was er auf Hochzeiten, Kindtaufen und Beerdigungen verzehrt, was er in den Krügen und auf den Märkten mehr ausgiebt und verschleudert, als nothwendig ist, und um wie viel er sich im Verkauf seiner Produkte blos deswegen übervortheilen läßt, weil er in der Schule nicht rechnen gelernt hat, und daher gewöhnlich mehr Maaß und Gewicht hergeben muß, als ihm angerechnet wird; so muß er leicht einsehen, daß dies weit mehr beträgt, als alle Unkosten der Schule, die seine Kinder zu gescheuten Leuten machen kann.

Weil es Gottes Gebot ist, daß jeder Mensch, so weit seine Kräfte reichen, für die Glückseligkeit und die Vervollkommnung seiner Nebenmenschen sorge, besonders der ihm anvertrauten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0007" n="7"/>
Pflichten als Menschen und Christen kennen zu lernen, und, um gescheute Leute zu werden, die selbst denken, und selbst für sich sorgen können, und die da wissen, wie sie sich selbst durch das Leben helfen sollen. Ich glaube nicht, daß mir irgend ein gescheuter Bauer einwenden werde: seine Mitbrüder hätten nicht soviel, ihre Kinder in der Schule unterhalten zu können. Rechnet jeder Vater zusammen, was er auf Hochzeiten, Kindtaufen und Beerdigungen verzehrt, was er in den Krügen und auf den Märkten mehr ausgiebt und verschleudert, als nothwendig ist, und um wie viel er sich im Verkauf seiner Produkte blos deswegen übervortheilen läßt, weil er in der Schule nicht rechnen gelernt hat, und daher gewöhnlich mehr Maaß und Gewicht hergeben muß, als ihm angerechnet wird; so muß er leicht einsehen, daß dies weit mehr beträgt, als alle Unkosten der Schule, die seine Kinder zu gescheuten Leuten machen kann.</p>
        <p>Weil es Gottes Gebot ist, daß jeder Mensch, so weit seine Kräfte reichen, für die Glückseligkeit und die Vervollkommnung seiner Nebenmenschen sorge, besonders der ihm anvertrauten
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0007] Pflichten als Menschen und Christen kennen zu lernen, und, um gescheute Leute zu werden, die selbst denken, und selbst für sich sorgen können, und die da wissen, wie sie sich selbst durch das Leben helfen sollen. Ich glaube nicht, daß mir irgend ein gescheuter Bauer einwenden werde: seine Mitbrüder hätten nicht soviel, ihre Kinder in der Schule unterhalten zu können. Rechnet jeder Vater zusammen, was er auf Hochzeiten, Kindtaufen und Beerdigungen verzehrt, was er in den Krügen und auf den Märkten mehr ausgiebt und verschleudert, als nothwendig ist, und um wie viel er sich im Verkauf seiner Produkte blos deswegen übervortheilen läßt, weil er in der Schule nicht rechnen gelernt hat, und daher gewöhnlich mehr Maaß und Gewicht hergeben muß, als ihm angerechnet wird; so muß er leicht einsehen, daß dies weit mehr beträgt, als alle Unkosten der Schule, die seine Kinder zu gescheuten Leuten machen kann. Weil es Gottes Gebot ist, daß jeder Mensch, so weit seine Kräfte reichen, für die Glückseligkeit und die Vervollkommnung seiner Nebenmenschen sorge, besonders der ihm anvertrauten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-08T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-08T09:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-08T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rennenkampff_freiheit_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rennenkampff_freiheit_1820/7
Zitationshilfe: Rennenkampff, Gustav Reinhold Georg von: Ueber die bevorstehende Freiheit der Ehsten und Letten. Dorpat, 1820, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rennenkampff_freiheit_1820/7>, abgerufen am 26.04.2024.