Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

chen, der Psychologe die Pädagogik der Seele
übernehmen. Nach diesem Verhältnisse werden
in der Folge ihre Instructionen angefertiget. Die
Psychologen zu diesem Gebrauch müssen erst noch
gebildet werden, weil man bis jetzt diese Anwen-
dung der Psychologie nicht cultivirt hat. Zu
Aerzten würde ich Herrn D. Langermann in
Baireuth, Herrn D. Erhard und Meyer in
Berlin empfehlen können. Dass diese Posten hin-
länglich lohnen müssen, versteht sich von selbst.
Es widmen sich sonst keine Männer diesem müh-
samen Geschäfft, die Talent haben und überall
mit demselben vortheilhafter wuchern können.

Die Dienstleute wählt und entlässt der
Oberstab nach seiner Willkühr. Er wählt junge
rüstige und gewandte Menschen, die Verstand
genug haben, den Plan zu fassen, der zur Kur
der Irrenden entworfen ist. Oft ist es nöthig,
dass ein Kranker eine gewisse Zeit unter bestän-
diger Aufsicht stehe. Dazu werden die Dienst-
leute angewiesen. Einige derselben müssen im
Ackerbau, der Gartenkunst, dem Schwimmen,
Drechseln und andern gymnastischen Uebungen
erfahren seyn, damit sie die Lectionen ausführen
können, die zur Kultur der Irrenden von dem
Arzte angeordnet werden. Alte Krieger passen
daher nicht zu diesem Geschäfft, und noch weni-
ger die Genesenen.

§. 26.

Irrenhäuser, die nach obigen Grundsätzen ein-
gerichtet sind, würden noch zu Pflanzschulen die-

chen, der Pſychologe die Pädagogik der Seele
übernehmen. Nach dieſem Verhältniſſe werden
in der Folge ihre Inſtructionen angefertiget. Die
Pſychologen zu dieſem Gebrauch müſſen erſt noch
gebildet werden, weil man bis jetzt dieſe Anwen-
dung der Pſychologie nicht cultivirt hat. Zu
Aerzten würde ich Herrn D. Langermann in
Baireuth, Herrn D. Erhard und Meyer in
Berlin empfehlen können. Daſs dieſe Poſten hin-
länglich lohnen müſſen, verſteht ſich von ſelbſt.
Es widmen ſich ſonſt keine Männer dieſem müh-
ſamen Geſchäfft, die Talent haben und überall
mit demſelben vortheilhafter wuchern können.

Die Dienſtleute wählt und entläſst der
Oberſtab nach ſeiner Willkühr. Er wählt junge
rüſtige und gewandte Menſchen, die Verſtand
genug haben, den Plan zu faſſen, der zur Kur
der Irrenden entworfen iſt. Oft iſt es nöthig,
daſs ein Kranker eine gewiſſe Zeit unter beſtän-
diger Aufſicht ſtehe. Dazu werden die Dienſt-
leute angewieſen. Einige derſelben müſſen im
Ackerbau, der Gartenkunſt, dem Schwimmen,
Drechſeln und andern gymnaſtiſchen Uebungen
erfahren ſeyn, damit ſie die Lectionen ausführen
können, die zur Kultur der Irrenden von dem
Arzte angeordnet werden. Alte Krieger paſſen
daher nicht zu dieſem Geſchäfft, und noch weni-
ger die Geneſenen.

§. 26.

Irrenhäuſer, die nach obigen Grundſätzen ein-
gerichtet ſind, würden noch zu Pflanzſchulen die-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0483" n="478"/>
chen, der P&#x017F;ychologe die Pädagogik der Seele<lb/>
übernehmen. Nach die&#x017F;em Verhältni&#x017F;&#x017F;e werden<lb/>
in der Folge ihre In&#x017F;tructionen angefertiget. Die<lb/>
P&#x017F;ychologen zu die&#x017F;em Gebrauch mü&#x017F;&#x017F;en er&#x017F;t noch<lb/>
gebildet werden, weil man bis jetzt die&#x017F;e Anwen-<lb/>
dung der P&#x017F;ychologie nicht cultivirt hat. Zu<lb/>
Aerzten würde ich Herrn D. <hi rendition="#g">Langermann</hi> in<lb/>
Baireuth, Herrn D. <hi rendition="#g">Erhard</hi> und <hi rendition="#g">Meyer</hi> in<lb/>
Berlin empfehlen können. Da&#x017F;s die&#x017F;e Po&#x017F;ten hin-<lb/>
länglich lohnen mü&#x017F;&#x017F;en, ver&#x017F;teht &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t.<lb/>
Es widmen &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t keine Männer die&#x017F;em müh-<lb/>
&#x017F;amen Ge&#x017F;chäfft, die Talent haben und überall<lb/>
mit dem&#x017F;elben vortheilhafter wuchern können.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#g">Dien&#x017F;tleute</hi> wählt und entlä&#x017F;st der<lb/>
Ober&#x017F;tab nach &#x017F;einer Willkühr. Er wählt junge<lb/>&#x017F;tige und gewandte Men&#x017F;chen, die Ver&#x017F;tand<lb/>
genug haben, den Plan zu fa&#x017F;&#x017F;en, der zur Kur<lb/>
der Irrenden entworfen i&#x017F;t. Oft i&#x017F;t es nöthig,<lb/>
da&#x017F;s ein Kranker eine gewi&#x017F;&#x017F;e Zeit unter be&#x017F;tän-<lb/>
diger Auf&#x017F;icht &#x017F;tehe. Dazu werden die Dien&#x017F;t-<lb/>
leute angewie&#x017F;en. Einige der&#x017F;elben mü&#x017F;&#x017F;en im<lb/>
Ackerbau, der Gartenkun&#x017F;t, dem Schwimmen,<lb/>
Drech&#x017F;eln und andern gymna&#x017F;ti&#x017F;chen Uebungen<lb/>
erfahren &#x017F;eyn, damit &#x017F;ie die Lectionen ausführen<lb/>
können, die zur Kultur der Irrenden von dem<lb/>
Arzte angeordnet werden. Alte Krieger pa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
daher nicht zu die&#x017F;em Ge&#x017F;chäfft, und noch weni-<lb/>
ger die Gene&#x017F;enen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 26.</head><lb/>
          <p>Irrenhäu&#x017F;er, die nach obigen Grund&#x017F;ätzen ein-<lb/>
gerichtet &#x017F;ind, würden noch zu Pflanz&#x017F;chulen die-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[478/0483] chen, der Pſychologe die Pädagogik der Seele übernehmen. Nach dieſem Verhältniſſe werden in der Folge ihre Inſtructionen angefertiget. Die Pſychologen zu dieſem Gebrauch müſſen erſt noch gebildet werden, weil man bis jetzt dieſe Anwen- dung der Pſychologie nicht cultivirt hat. Zu Aerzten würde ich Herrn D. Langermann in Baireuth, Herrn D. Erhard und Meyer in Berlin empfehlen können. Daſs dieſe Poſten hin- länglich lohnen müſſen, verſteht ſich von ſelbſt. Es widmen ſich ſonſt keine Männer dieſem müh- ſamen Geſchäfft, die Talent haben und überall mit demſelben vortheilhafter wuchern können. Die Dienſtleute wählt und entläſst der Oberſtab nach ſeiner Willkühr. Er wählt junge rüſtige und gewandte Menſchen, die Verſtand genug haben, den Plan zu faſſen, der zur Kur der Irrenden entworfen iſt. Oft iſt es nöthig, daſs ein Kranker eine gewiſſe Zeit unter beſtän- diger Aufſicht ſtehe. Dazu werden die Dienſt- leute angewieſen. Einige derſelben müſſen im Ackerbau, der Gartenkunſt, dem Schwimmen, Drechſeln und andern gymnaſtiſchen Uebungen erfahren ſeyn, damit ſie die Lectionen ausführen können, die zur Kultur der Irrenden von dem Arzte angeordnet werden. Alte Krieger paſſen daher nicht zu dieſem Geſchäfft, und noch weni- ger die Geneſenen. §. 26. Irrenhäuſer, die nach obigen Grundſätzen ein- gerichtet ſind, würden noch zu Pflanzſchulen die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/483
Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/483>, abgerufen am 22.12.2024.