Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 3. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

5. Cap. Von den Schälken.
Von der
ersten Sor-
te der
Schälke,
wie sie be-
schaffen.
jenigen Kraut-Pörsch- und Blumen-Kohl-Pflan-
zen, welche keine Herze haben, und folglich keine
Köpfe und Blumen bringen können, da doch die
äusserlichen Blätter beständig fortwachsen, und
den Blättern der guten Stauden weder an der
Farbe noch am Wachsthume etwas nachgeben.
Von weiten wird man den Fehler an solchen Stau-
den nicht gewahr, wenn man aber hinzu gehet,
und in dieselben hinein siehet, so findet man,
daß sie leer sind. Und um deßwillen wird eine
solche Pflanze oder Staude ein Schalk genennet,
indem sie die Leute mit ihrem äusserlichen Ansehen
betrüget, gleichwie man einen falschen Menschen
einen Schalk nennet, welcher äusserlich zwar gut
und ehrlich scheinet, im Herzen aber dennoch ganz
anders beschaffen ist.

§. 3.
Woher dien-
selben ei-
gentlich
entstehen.

Was diese erste Art der Schälke betrift, so
habe die wahre Ursache gar deutlich angemerket,
warum die mancherley Kohl-Pflanzen vielmal
keine Herze haben. Es geschiehet erstlich diese
Verderbung derer kleinen Herzlein an denen
Pflanzen im Frühjahre, nachdem sie kaum das
dritte und vierte Blat in ihrem Wachsthume er-
reichet haben, wenn nemlich zu solcher Zeit starke
Schneekraupen entstehen, und etwas zu heftig
darauf fallen, so werden hierdurch einige Herzlein
zerquetschet und zernichtet. Solcher Schade hei-
let und verwächset hernach wieder, und ihre äu-
serliche Blätter können dennoch fortwachsen, ob
sie gleich keine Herzen haben. Zum andern ge-

schiehet

5. Cap. Von den Schaͤlken.
Von der
erſten Sor-
te der
Schaͤlke,
wie ſie be-
ſchaffen.
jenigen Kraut-Poͤrſch- und Blumen-Kohl-Pflan-
zen, welche keine Herze haben, und folglich keine
Koͤpfe und Blumen bringen koͤnnen, da doch die
aͤuſſerlichen Blaͤtter beſtaͤndig fortwachſen, und
den Blaͤttern der guten Stauden weder an der
Farbe noch am Wachsthume etwas nachgeben.
Von weiten wird man den Fehler an ſolchen Stau-
den nicht gewahr, wenn man aber hinzu gehet,
und in dieſelben hinein ſiehet, ſo findet man,
daß ſie leer ſind. Und um deßwillen wird eine
ſolche Pflanze oder Staude ein Schalk genennet,
indem ſie die Leute mit ihrem aͤuſſerlichen Anſehen
betruͤget, gleichwie man einen falſchen Menſchen
einen Schalk nennet, welcher aͤuſſerlich zwar gut
und ehrlich ſcheinet, im Herzen aber dennoch ganz
anders beſchaffen iſt.

§. 3.
Woher diẽ-
ſelben ei-
gentlich
entſtehen.

Was dieſe erſte Art der Schaͤlke betrift, ſo
habe die wahre Urſache gar deutlich angemerket,
warum die mancherley Kohl-Pflanzen vielmal
keine Herze haben. Es geſchiehet erſtlich dieſe
Verderbung derer kleinen Herzlein an denen
Pflanzen im Fruͤhjahre, nachdem ſie kaum das
dritte und vierte Blat in ihrem Wachsthume er-
reichet haben, wenn nemlich zu ſolcher Zeit ſtarke
Schneekraupen entſtehen, und etwas zu heftig
darauf fallen, ſo werden hierdurch einige Herzlein
zerquetſchet und zernichtet. Solcher Schade hei-
let und verwaͤchſet hernach wieder, und ihre aͤu-
ſerliche Blaͤtter koͤnnen dennoch fortwachſen, ob
ſie gleich keine Herzen haben. Zum andern ge-

ſchiehet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0064" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">5. Cap. Von den Scha&#x0364;lken.</hi></fw><lb/><note place="left">Von der<lb/>
er&#x017F;ten Sor-<lb/>
te der<lb/>
Scha&#x0364;lke,<lb/>
wie &#x017F;ie be-<lb/>
&#x017F;chaffen.</note>jenigen Kraut-Po&#x0364;r&#x017F;ch- und Blumen-Kohl-Pflan-<lb/>
zen, welche keine Herze haben, und folglich keine<lb/>
Ko&#x0364;pfe und Blumen bringen ko&#x0364;nnen, da doch die<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Bla&#x0364;tter be&#x017F;ta&#x0364;ndig fortwach&#x017F;en, und<lb/>
den Bla&#x0364;ttern der guten Stauden weder an der<lb/>
Farbe noch am Wachsthume etwas nachgeben.<lb/>
Von weiten wird man den Fehler an &#x017F;olchen Stau-<lb/>
den nicht gewahr, wenn man aber hinzu gehet,<lb/>
und in die&#x017F;elben hinein &#x017F;iehet, &#x017F;o findet man,<lb/>
daß &#x017F;ie leer &#x017F;ind. Und um deßwillen wird eine<lb/>
&#x017F;olche Pflanze oder Staude ein Schalk genennet,<lb/>
indem &#x017F;ie die Leute mit ihrem a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen An&#x017F;ehen<lb/>
betru&#x0364;get, gleichwie man einen fal&#x017F;chen Men&#x017F;chen<lb/>
einen Schalk nennet, welcher a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich zwar gut<lb/>
und ehrlich &#x017F;cheinet, im Herzen aber dennoch ganz<lb/>
anders be&#x017F;chaffen i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 3.</head><lb/>
          <note place="left">Woher die&#x0303;-<lb/>
&#x017F;elben ei-<lb/>
gentlich<lb/>
ent&#x017F;tehen.</note>
          <p>Was die&#x017F;e er&#x017F;te Art der Scha&#x0364;lke betrift, &#x017F;o<lb/>
habe die wahre Ur&#x017F;ache gar deutlich angemerket,<lb/>
warum die mancherley Kohl-Pflanzen vielmal<lb/>
keine Herze haben. Es ge&#x017F;chiehet er&#x017F;tlich die&#x017F;e<lb/>
Verderbung derer kleinen Herzlein an denen<lb/>
Pflanzen im Fru&#x0364;hjahre, nachdem &#x017F;ie kaum das<lb/>
dritte und vierte Blat in ihrem Wachsthume er-<lb/>
reichet haben, wenn nemlich zu &#x017F;olcher Zeit &#x017F;tarke<lb/>
Schneekraupen ent&#x017F;tehen, und etwas zu heftig<lb/>
darauf fallen, &#x017F;o werden hierdurch einige Herzlein<lb/>
zerquet&#x017F;chet und zernichtet. Solcher Schade hei-<lb/>
let und verwa&#x0364;ch&#x017F;et hernach wieder, und ihre a&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;erliche Bla&#x0364;tter ko&#x0364;nnen dennoch fortwach&#x017F;en, ob<lb/>
&#x017F;ie gleich keine Herzen haben. Zum andern ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chiehet</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0064] 5. Cap. Von den Schaͤlken. jenigen Kraut-Poͤrſch- und Blumen-Kohl-Pflan- zen, welche keine Herze haben, und folglich keine Koͤpfe und Blumen bringen koͤnnen, da doch die aͤuſſerlichen Blaͤtter beſtaͤndig fortwachſen, und den Blaͤttern der guten Stauden weder an der Farbe noch am Wachsthume etwas nachgeben. Von weiten wird man den Fehler an ſolchen Stau- den nicht gewahr, wenn man aber hinzu gehet, und in dieſelben hinein ſiehet, ſo findet man, daß ſie leer ſind. Und um deßwillen wird eine ſolche Pflanze oder Staude ein Schalk genennet, indem ſie die Leute mit ihrem aͤuſſerlichen Anſehen betruͤget, gleichwie man einen falſchen Menſchen einen Schalk nennet, welcher aͤuſſerlich zwar gut und ehrlich ſcheinet, im Herzen aber dennoch ganz anders beſchaffen iſt. Von der erſten Sor- te der Schaͤlke, wie ſie be- ſchaffen. §. 3. Was dieſe erſte Art der Schaͤlke betrift, ſo habe die wahre Urſache gar deutlich angemerket, warum die mancherley Kohl-Pflanzen vielmal keine Herze haben. Es geſchiehet erſtlich dieſe Verderbung derer kleinen Herzlein an denen Pflanzen im Fruͤhjahre, nachdem ſie kaum das dritte und vierte Blat in ihrem Wachsthume er- reichet haben, wenn nemlich zu ſolcher Zeit ſtarke Schneekraupen entſtehen, und etwas zu heftig darauf fallen, ſo werden hierdurch einige Herzlein zerquetſchet und zernichtet. Solcher Schade hei- let und verwaͤchſet hernach wieder, und ihre aͤu- ſerliche Blaͤtter koͤnnen dennoch fortwachſen, ob ſie gleich keine Herzen haben. Zum andern ge- ſchiehet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753/64
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 3. Erfurt, 1753, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753/64>, abgerufen am 03.12.2024.