Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
Berathungen über Friede und Recht.
Berathungen über Friede und Recht.

Darüber war man längst einig, daß die Bestimmungen
des Landfriedens, dessen Grundlagen aus einer Zeit stamm-
ten, wo von der religiösen Entzweiung noch nicht die Rede
war, und dessen Mängel dann öfter verbessert worden, an
und für sich wohl überlegt und zutreffend seyen, und daß es
nur an der Handhabung mangle.

Für diese hauptsächlich hatten die Kreise, die sich vor
dem Jahr zu Frankfurt versammelt, durch eine neue Execu-
tionsordnung sorgen wollen. 1

Der Entwurf den sie gemacht, ward jedoch schon darum
nicht angenommen, weil er sich allzu sehr auf den damaligen
Augenblick, die vorgegebene Gefahr vor Markgraf Albrecht
bezog, so daß Brandenburg selbst die Einleitung verwarf; es
ward vielmehr beschlossen die alten Reichsbeschlüsse zu Grunde
zu legen. Allein darum war jener Entwurf nicht unnütz; un-
aufhörlich ward er berücksichtigt, und gerade der Gegensatz
verleiht den neuen Festsetzungen zum Theil ihren Character.

Alles kam hiebei auf eine weitere Ausbildung der Kreis-
verfassung an. Erwägen wir, wie wichtig diese in den spä-
tern Zeiten des Reiches gewesen ist, wie alle lebendige Hand-
habung der höchsten Gewalt darauf beruhte, so sind doch diese
Berathungen nicht ohne große Wichtigkeit für unsre Geschichte.

Der erste Mangel über den man mit Recht Klage führte,
lag darin, daß wenn ein Stand Vergewaltigungen erlitt, erst

1 Über die Verhandlungen zu Frankfurt benutzte ich die Acten-
stücke die sich im Staatsarchiv zu Berlin finden.
Berathungen uͤber Friede und Recht.
Berathungen über Friede und Recht.

Darüber war man längſt einig, daß die Beſtimmungen
des Landfriedens, deſſen Grundlagen aus einer Zeit ſtamm-
ten, wo von der religiöſen Entzweiung noch nicht die Rede
war, und deſſen Mängel dann öfter verbeſſert worden, an
und für ſich wohl überlegt und zutreffend ſeyen, und daß es
nur an der Handhabung mangle.

Für dieſe hauptſächlich hatten die Kreiſe, die ſich vor
dem Jahr zu Frankfurt verſammelt, durch eine neue Execu-
tionsordnung ſorgen wollen. 1

Der Entwurf den ſie gemacht, ward jedoch ſchon darum
nicht angenommen, weil er ſich allzu ſehr auf den damaligen
Augenblick, die vorgegebene Gefahr vor Markgraf Albrecht
bezog, ſo daß Brandenburg ſelbſt die Einleitung verwarf; es
ward vielmehr beſchloſſen die alten Reichsbeſchlüſſe zu Grunde
zu legen. Allein darum war jener Entwurf nicht unnütz; un-
aufhörlich ward er berückſichtigt, und gerade der Gegenſatz
verleiht den neuen Feſtſetzungen zum Theil ihren Character.

Alles kam hiebei auf eine weitere Ausbildung der Kreis-
verfaſſung an. Erwägen wir, wie wichtig dieſe in den ſpä-
tern Zeiten des Reiches geweſen iſt, wie alle lebendige Hand-
habung der höchſten Gewalt darauf beruhte, ſo ſind doch dieſe
Berathungen nicht ohne große Wichtigkeit für unſre Geſchichte.

Der erſte Mangel über den man mit Recht Klage führte,
lag darin, daß wenn ein Stand Vergewaltigungen erlitt, erſt

1 Uͤber die Verhandlungen zu Frankfurt benutzte ich die Acten-
ſtuͤcke die ſich im Staatsarchiv zu Berlin finden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0385" n="373"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Berathungen u&#x0364;ber Friede und Recht</hi>.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>Berathungen über Friede und Recht.</head><lb/>
            <p>Darüber war man läng&#x017F;t einig, daß die Be&#x017F;timmungen<lb/>
des Landfriedens, de&#x017F;&#x017F;en Grundlagen aus einer Zeit &#x017F;tamm-<lb/>
ten, wo von der religiö&#x017F;en Entzweiung noch nicht die Rede<lb/>
war, und de&#x017F;&#x017F;en Mängel dann öfter verbe&#x017F;&#x017F;ert worden, an<lb/>
und für &#x017F;ich wohl überlegt und zutreffend &#x017F;eyen, und daß es<lb/>
nur an der Handhabung mangle.</p><lb/>
            <p>Für die&#x017F;e haupt&#x017F;ächlich hatten die Krei&#x017F;e, die &#x017F;ich vor<lb/>
dem Jahr zu Frankfurt ver&#x017F;ammelt, durch eine neue Execu-<lb/>
tionsordnung &#x017F;orgen wollen. <note place="foot" n="1">U&#x0364;ber die Verhandlungen zu Frankfurt benutzte ich die Acten-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;cke die &#x017F;ich im Staatsarchiv zu Berlin finden.</note></p><lb/>
            <p>Der Entwurf den &#x017F;ie gemacht, ward jedoch &#x017F;chon darum<lb/>
nicht angenommen, weil er &#x017F;ich allzu &#x017F;ehr auf den damaligen<lb/>
Augenblick, die vorgegebene Gefahr vor Markgraf Albrecht<lb/>
bezog, &#x017F;o daß Brandenburg &#x017F;elb&#x017F;t die Einleitung verwarf; es<lb/>
ward vielmehr be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en die alten Reichsbe&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e zu Grunde<lb/>
zu legen. Allein darum war jener Entwurf nicht unnütz; un-<lb/>
aufhörlich ward er berück&#x017F;ichtigt, und gerade der Gegen&#x017F;atz<lb/>
verleiht den neuen Fe&#x017F;t&#x017F;etzungen zum Theil ihren Character.</p><lb/>
            <p>Alles kam hiebei auf eine weitere Ausbildung der Kreis-<lb/>
verfa&#x017F;&#x017F;ung an. Erwägen wir, wie wichtig die&#x017F;e in den &#x017F;pä-<lb/>
tern Zeiten des Reiches gewe&#x017F;en i&#x017F;t, wie alle lebendige Hand-<lb/>
habung der höch&#x017F;ten Gewalt darauf beruhte, &#x017F;o &#x017F;ind doch die&#x017F;e<lb/>
Berathungen nicht ohne große Wichtigkeit für un&#x017F;re Ge&#x017F;chichte.</p><lb/>
            <p>Der er&#x017F;te Mangel über den man mit Recht Klage führte,<lb/>
lag darin, daß wenn ein Stand Vergewaltigungen erlitt, er&#x017F;t<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[373/0385] Berathungen uͤber Friede und Recht. Berathungen über Friede und Recht. Darüber war man längſt einig, daß die Beſtimmungen des Landfriedens, deſſen Grundlagen aus einer Zeit ſtamm- ten, wo von der religiöſen Entzweiung noch nicht die Rede war, und deſſen Mängel dann öfter verbeſſert worden, an und für ſich wohl überlegt und zutreffend ſeyen, und daß es nur an der Handhabung mangle. Für dieſe hauptſächlich hatten die Kreiſe, die ſich vor dem Jahr zu Frankfurt verſammelt, durch eine neue Execu- tionsordnung ſorgen wollen. 1 Der Entwurf den ſie gemacht, ward jedoch ſchon darum nicht angenommen, weil er ſich allzu ſehr auf den damaligen Augenblick, die vorgegebene Gefahr vor Markgraf Albrecht bezog, ſo daß Brandenburg ſelbſt die Einleitung verwarf; es ward vielmehr beſchloſſen die alten Reichsbeſchlüſſe zu Grunde zu legen. Allein darum war jener Entwurf nicht unnütz; un- aufhörlich ward er berückſichtigt, und gerade der Gegenſatz verleiht den neuen Feſtſetzungen zum Theil ihren Character. Alles kam hiebei auf eine weitere Ausbildung der Kreis- verfaſſung an. Erwägen wir, wie wichtig dieſe in den ſpä- tern Zeiten des Reiches geweſen iſt, wie alle lebendige Hand- habung der höchſten Gewalt darauf beruhte, ſo ſind doch dieſe Berathungen nicht ohne große Wichtigkeit für unſre Geſchichte. Der erſte Mangel über den man mit Recht Klage führte, lag darin, daß wenn ein Stand Vergewaltigungen erlitt, erſt 1 Uͤber die Verhandlungen zu Frankfurt benutzte ich die Acten- ſtuͤcke die ſich im Staatsarchiv zu Berlin finden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/385
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/385>, abgerufen am 21.11.2024.