Wenn sich FrankreichCarl dem V und dem wieder aufkommenden Gedanken eines kaiserlichen Übergewichtes wi- dersetzte, jedoch an dem Papstthum festhielt, so riß sich Eng- land auch von diesem los, und zwar nicht allein der König, sondern mit ihm alle constituirten Gewalten seines Reiches.
Wir erinnern uns der Absicht Heinrichs VIII, sich von seiner Gemahlin Katharina, Tante des Kaisers, auf gesetz- lich gültige Weise zu scheiden, und wie der römische Hof, so lange er mit dem Kaiser entzweit war, dieß begünstigte, es aber nicht dulden wollte, nachdem er sich mit demselben versöhnt hatte.
Wäre es dem König allein darauf angekommen sich zu rächen, so hätte er nur den reformatorischen Meinungen, die bereits in England vorgedrungen waren, ihren Lauf zu las- sen gebraucht.
Schon 1521, als Aleander1 die Verbreitung der lu- therischen Bücher in Deutschland zu hemmen suchte, entge- gneten ihm die Buchdrucker, sie würden ihre Exemplare nach England schicken. Nicht allein die gelehrten Schriften der
1 Briefe Aleanders bei Münter, Beiträge zur Kirchengesch. p. 76.
Wenn ſich FrankreichCarl dem V und dem wieder aufkommenden Gedanken eines kaiſerlichen Übergewichtes wi- derſetzte, jedoch an dem Papſtthum feſthielt, ſo riß ſich Eng- land auch von dieſem los, und zwar nicht allein der König, ſondern mit ihm alle conſtituirten Gewalten ſeines Reiches.
Wir erinnern uns der Abſicht Heinrichs VIII, ſich von ſeiner Gemahlin Katharina, Tante des Kaiſers, auf geſetz- lich gültige Weiſe zu ſcheiden, und wie der römiſche Hof, ſo lange er mit dem Kaiſer entzweit war, dieß begünſtigte, es aber nicht dulden wollte, nachdem er ſich mit demſelben verſöhnt hatte.
Wäre es dem König allein darauf angekommen ſich zu rächen, ſo hätte er nur den reformatoriſchen Meinungen, die bereits in England vorgedrungen waren, ihren Lauf zu laſ- ſen gebraucht.
Schon 1521, als Aleander1 die Verbreitung der lu- theriſchen Bücher in Deutſchland zu hemmen ſuchte, entge- gneten ihm die Buchdrucker, ſie würden ihre Exemplare nach England ſchicken. Nicht allein die gelehrten Schriften der
1 Briefe Aleanders bei Muͤnter, Beitraͤge zur Kirchengeſch. p. 76.
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Neuerungen Heinrichs VIII.
wollte, mit Standhaftigkeit und Glück entgegentrat, wird im-
mer eine der großen Geſtalten der neuern Geſchichte bleiben.
Und eine noch unumwundner von allem bisherigen ab-
weichende Richtung hatte indeß eine dritte Macht von Eu-
ropa genommen.
Die kirchlichen Neuerungen Heinrichs VIII von
England.
Wenn ſich Frankreich Carl dem V und dem wieder
aufkommenden Gedanken eines kaiſerlichen Übergewichtes wi-
derſetzte, jedoch an dem Papſtthum feſthielt, ſo riß ſich Eng-
land auch von dieſem los, und zwar nicht allein der König,
ſondern mit ihm alle conſtituirten Gewalten ſeines Reiches.
Wir erinnern uns der Abſicht Heinrichs VIII, ſich von
ſeiner Gemahlin Katharina, Tante des Kaiſers, auf geſetz-
lich gültige Weiſe zu ſcheiden, und wie der römiſche Hof,
ſo lange er mit dem Kaiſer entzweit war, dieß begünſtigte,
es aber nicht dulden wollte, nachdem er ſich mit demſelben
verſöhnt hatte.
Wäre es dem König allein darauf angekommen ſich zu
rächen, ſo hätte er nur den reformatoriſchen Meinungen, die
bereits in England vorgedrungen waren, ihren Lauf zu laſ-
ſen gebraucht.
Schon 1521, als Aleander 1 die Verbreitung der lu-
theriſchen Bücher in Deutſchland zu hemmen ſuchte, entge-
gneten ihm die Buchdrucker, ſie würden ihre Exemplare nach
England ſchicken. Nicht allein die gelehrten Schriften der
1 Briefe Aleanders bei Muͤnter, Beitraͤge zur Kirchengeſch. p. 76.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/51>, abgerufen am 21.11.2024.
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