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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Pitaro sopra la negotiatione maritima. 1612.
so ausführliche Relation, die doch so gar übel nicht ausgefallen ist,
und viel Merkwürdiges enthält, binnen wenigen Stunden zu dicti-
ren. Namentlich kommt schon hier das Bekenntniß vor, daß die
Einwohnerzahl in vielen Theilen von Italien abnehme, entweder durch
Pest und Theurung; oder durch die Mordthaten der Banditen;
oder auch weil die Auflagen allzu sehr angewachsen; es sey nicht mehr
möglich sich zur rechten Zeit zu verheirathen, die Kinder zu ernäh-
ren. Ueberdieß durch die Auflagen nimmt man den Einwohnern das
Blut; durch die unendlichen Handelsbeschränkungen lähmt man zu-
gleich ihren Geist.

Der anonyme Autor verräth sich einmal. Er bemerkt, daß er
ein Buch: Ragione di stato geschrieben. "Ho diffusamente trat-
tato nella ragione di stato,"
sagt er irgendwo.

Eben hiedurch kommen wir ihm auf die Spur. In dem Jahre
1589 erschien zu Venedig: Della ragion di stato libri X con tre
libri delle cause della grandezza delle citta.
Sie ist jenem Wolf
Dietrich von Raittenau, Erzbischof von Salzburg, gewidmet, der un-
ter den deutschen Fürsten zuerst eine strengere der italienischen nach-
gebildete Staatsverwaltung einführte. Ihr Verfasser ist der wohl-
bekannte Johann Botero, dessen Relationi universali zu ihrer Zeit
eine allgemeine Verbreitung genossen.

Es versteht sich, daß nun diese Relationi untersucht werden müssen,
ob sie nicht auch die unsere enthalten.

In dem eigentlichen Hauptwerke, wo des Kirchenstaates summa-
risch gedacht wird, findet sie sich nicht: es gibt aber noch ein klei-
neres Buch, das jenem häufig angehängt ist: Relationi del sigr Giov.
Botero Benese, -- di Spagna, dello stato della chiesa, del Pia-
monte, della contea di Nizza, dell' isola Taprobana,
deren De-
dication vom Jahre 1611 ist; da findet sie sich wörtlich.

Nur ist der Eingang anders. Die Relation führt den Titel:
Discorso intorno allo stato della chiesa preso della parte dell'
ufficio del cardinale che non e stampata.
Sie gehörte, wie wir
sehen, zu einem Werke über die Pflichten der Cardinäle.

Ich lasse dahingestellt seyn, ob mit unserm Eingange irgend ein
Leichtgläubiger getäuscht werden sollte.

91.
Tarqu. Pitaro sopra la negotiatione maritima. 17 Ott. 1612.
(Vallic.)

Botero empfiehlt unter andern, den Handel des Kirchenstaates
in Schwung zu bringen. In der That war damals im Plane, für
die Stadt Fano einen neuen Hafen zu graben. Man hoffte den
Handel der urbinatischen Plätze dahin zu ziehen.

Unser Verfasser setzt sich jedoch diesem Plane mit den triftigsten
Gründen entgegen. Er meint, man möge sich spiegeln an dem Bei-
spiele von Ancona, das er, wie kurz darauf auch die Venezianer,
als sehr heruntergekommen schildert. Ne sono partiti li mercanti
forastieri, i nativi falliti, le genti gl'uomini impoveriti, gli ar-
tigiani ruinati e la plebe quasiche dispersa.
Es dürfte die Stadt

Pitaro sopra la negotiatione maritima. 1612.
ſo ausfuͤhrliche Relation, die doch ſo gar uͤbel nicht ausgefallen iſt,
und viel Merkwuͤrdiges enthaͤlt, binnen wenigen Stunden zu dicti-
ren. Namentlich kommt ſchon hier das Bekenntniß vor, daß die
Einwohnerzahl in vielen Theilen von Italien abnehme, entweder durch
Peſt und Theurung; oder durch die Mordthaten der Banditen;
oder auch weil die Auflagen allzu ſehr angewachſen; es ſey nicht mehr
moͤglich ſich zur rechten Zeit zu verheirathen, die Kinder zu ernaͤh-
ren. Ueberdieß durch die Auflagen nimmt man den Einwohnern das
Blut; durch die unendlichen Handelsbeſchraͤnkungen laͤhmt man zu-
gleich ihren Geiſt.

Der anonyme Autor verraͤth ſich einmal. Er bemerkt, daß er
ein Buch: Ragione di stato geſchrieben. „Ho diffusamente trat-
tato nella ragione di stato,“
ſagt er irgendwo.

Eben hiedurch kommen wir ihm auf die Spur. In dem Jahre
1589 erſchien zu Venedig: Della ragion di stato libri X con tre
libri delle cause della grandezza delle città.
Sie iſt jenem Wolf
Dietrich von Raittenau, Erzbiſchof von Salzburg, gewidmet, der un-
ter den deutſchen Fuͤrſten zuerſt eine ſtrengere der italieniſchen nach-
gebildete Staatsverwaltung einfuͤhrte. Ihr Verfaſſer iſt der wohl-
bekannte Johann Botero, deſſen Relationi univerſali zu ihrer Zeit
eine allgemeine Verbreitung genoſſen.

Es verſteht ſich, daß nun dieſe Relationi unterſucht werden muͤſſen,
ob ſie nicht auch die unſere enthalten.

In dem eigentlichen Hauptwerke, wo des Kirchenſtaates ſumma-
riſch gedacht wird, findet ſie ſich nicht: es gibt aber noch ein klei-
neres Buch, das jenem haͤufig angehaͤngt iſt: Relationi del sigr Giov.
Botero Benese, — di Spagna, dello stato della chiesa, del Pia-
monte, della contea di Nizza, dell’ isola Taprobana,
deren De-
dication vom Jahre 1611 iſt; da findet ſie ſich woͤrtlich.

Nur iſt der Eingang anders. Die Relation fuͤhrt den Titel:
Discorso intorno allo stato della chiesa preso della parte dell’
ufficio del cardinale che non è stampata.
Sie gehoͤrte, wie wir
ſehen, zu einem Werke uͤber die Pflichten der Cardinaͤle.

Ich laſſe dahingeſtellt ſeyn, ob mit unſerm Eingange irgend ein
Leichtglaͤubiger getaͤuſcht werden ſollte.

91.
Tarqu. Pitaro sopra la negotiatione maritima. 17 Ott. 1612.
(Vallic.)

Botero empfiehlt unter andern, den Handel des Kirchenſtaates
in Schwung zu bringen. In der That war damals im Plane, fuͤr
die Stadt Fano einen neuen Hafen zu graben. Man hoffte den
Handel der urbinatiſchen Plaͤtze dahin zu ziehen.

Unſer Verfaſſer ſetzt ſich jedoch dieſem Plane mit den triftigſten
Gruͤnden entgegen. Er meint, man moͤge ſich ſpiegeln an dem Bei-
ſpiele von Ancona, das er, wie kurz darauf auch die Venezianer,
als ſehr heruntergekommen ſchildert. Ne sono partiti li mercanti
forastieri, i nativi falliti, le genti gl’uomini impoveriti, gli ar-
tigiani ruinati e la plebe quasiche dispersa.
Es duͤrfte die Stadt

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[378/0390] Pitaro sopra la negotiatione maritima. 1612. ſo ausfuͤhrliche Relation, die doch ſo gar uͤbel nicht ausgefallen iſt, und viel Merkwuͤrdiges enthaͤlt, binnen wenigen Stunden zu dicti- ren. Namentlich kommt ſchon hier das Bekenntniß vor, daß die Einwohnerzahl in vielen Theilen von Italien abnehme, entweder durch Peſt und Theurung; oder durch die Mordthaten der Banditen; oder auch weil die Auflagen allzu ſehr angewachſen; es ſey nicht mehr moͤglich ſich zur rechten Zeit zu verheirathen, die Kinder zu ernaͤh- ren. Ueberdieß durch die Auflagen nimmt man den Einwohnern das Blut; durch die unendlichen Handelsbeſchraͤnkungen laͤhmt man zu- gleich ihren Geiſt. Der anonyme Autor verraͤth ſich einmal. Er bemerkt, daß er ein Buch: Ragione di stato geſchrieben. „Ho diffusamente trat- tato nella ragione di stato,“ ſagt er irgendwo. Eben hiedurch kommen wir ihm auf die Spur. In dem Jahre 1589 erſchien zu Venedig: Della ragion di stato libri X con tre libri delle cause della grandezza delle città. Sie iſt jenem Wolf Dietrich von Raittenau, Erzbiſchof von Salzburg, gewidmet, der un- ter den deutſchen Fuͤrſten zuerſt eine ſtrengere der italieniſchen nach- gebildete Staatsverwaltung einfuͤhrte. Ihr Verfaſſer iſt der wohl- bekannte Johann Botero, deſſen Relationi univerſali zu ihrer Zeit eine allgemeine Verbreitung genoſſen. Es verſteht ſich, daß nun dieſe Relationi unterſucht werden muͤſſen, ob ſie nicht auch die unſere enthalten. In dem eigentlichen Hauptwerke, wo des Kirchenſtaates ſumma- riſch gedacht wird, findet ſie ſich nicht: es gibt aber noch ein klei- neres Buch, das jenem haͤufig angehaͤngt iſt: Relationi del sigr Giov. Botero Benese, — di Spagna, dello stato della chiesa, del Pia- monte, della contea di Nizza, dell’ isola Taprobana, deren De- dication vom Jahre 1611 iſt; da findet ſie ſich woͤrtlich. Nur iſt der Eingang anders. Die Relation fuͤhrt den Titel: Discorso intorno allo stato della chiesa preso della parte dell’ ufficio del cardinale che non è stampata. Sie gehoͤrte, wie wir ſehen, zu einem Werke uͤber die Pflichten der Cardinaͤle. Ich laſſe dahingeſtellt ſeyn, ob mit unſerm Eingange irgend ein Leichtglaͤubiger getaͤuſcht werden ſollte. 91. Tarqu. Pitaro sopra la negotiatione maritima. 17 Ott. 1612. (Vallic.) Botero empfiehlt unter andern, den Handel des Kirchenſtaates in Schwung zu bringen. In der That war damals im Plane, fuͤr die Stadt Fano einen neuen Hafen zu graben. Man hoffte den Handel der urbinatiſchen Plaͤtze dahin zu ziehen. Unſer Verfaſſer ſetzt ſich jedoch dieſem Plane mit den triftigſten Gruͤnden entgegen. Er meint, man moͤge ſich ſpiegeln an dem Bei- ſpiele von Ancona, das er, wie kurz darauf auch die Venezianer, als ſehr heruntergekommen ſchildert. Ne sono partiti li mercanti forastieri, i nativi falliti, le genti gl’uomini impoveriti, gli ar- tigiani ruinati e la plebe quasiche dispersa. Es duͤrfte die Stadt

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/390>, abgerufen am 22.12.2024.