Die Sache war für den Papst um so gefährlicher, da man be- absichtigte, seinen weltlichen Anmaßungen mit einem Concilium zu begegnen. "Petunt cum rege Franciae, concilium in Galliis ce- lebrari in dedecus nostrum."
Hiebei erinnern wir uns an den Versuch, den man einige Jahre später allerdings machte, ein Concilium zu Stande zu bringen. Der Erzbischof von Kraina hat sich dadurch einen gewissen Namen er- worben. Johann v. Müller hat demselben in dem fünften Bande der Schweizergeschichte ein paar Seiten gewidmet (p. 286). -- Nur tritt in dieser Darstellung die weltliche Veranlassung nicht genugsam hervor. Der Cardinal Andreas war nicht so ganz geistlich, wie es bei Müller scheinen sollte. Die Gesandten von Florenz und Mai- land suchen ihn in Basel auf; sie kommen im Namen der gesamm- ten Liga, die wider Sixtus im Felde stand. Sie finden in ihm, wir haben ihren Bericht, große Welterfahrung (gran pratica et ex- perientia del mundo) -- und einen heftigen Haß wider den Papst und dessen Neffen. "E huomo per fare ogni cosa purche e' tuffi el papa e'l conte." S. Baccius Ugolinus Laurentio Medici in Basilea a di 20 Sept. 1482 bei Fabroni Vita Laurentii, II, 229. Wir sehen, es ist schon dieß eine geistliche Opposition der Fürsten aus weltlichen Rücksichten. Auch sie hatten geistliche Waf- fen und setzten sie denen des Papstes entgegen.
3. Relatione fatta in pregadi per Polo Capello el cavalier venuto orator di Roma 1500 28 Sett. Archiv zu Wien.
Die erste Relation eines venezianischen Gesandten über den päpst- lichen Hof, die ich gefunden. In dem venezianischen Archiv ist sie nicht vorhanden; es scheint, als seyen die Relationen damals noch nicht schriftlich eingegeben worden. Sie findet sich in der Chronik des Sanuto, bei dem dasjenige überhaupt verzeichnet ist, was in dem Senate, den Pregadi, vorgetragen wurde.
Polo Capello verspricht von vier Stücken zu handeln: den Cardinälen -- dem Verhältniß (disposition) des Papstes zu dem König von Frankreich und zu Venedig -- den Absichten (el desi- derio) S. H. -- von dem was sich von ihm erwarten lasse; aber wie diese Eintheilung nicht eben auf sehr genauer Unterschei- dung beruht, so hält er sich auch nicht daran.
Er bemerkt vornehmlich, daß weder Venedig noch Frankreich gut mit dem Papste stehe: jenes, weil es einen Theil des Mailän- dischen an sich gebracht, weil man fürchte, es nehme noch ganz Italien ein; -- dieß aber, weil der König dem Papst seine Zusagen nicht halte. Wir finden hier die Bedingungen des Bundes zwischen König und Papst vom Jahre 1498. Der Papst gewährte dem König die Dispensation zur Scheidung von seiner Gemahlin. Da- für versprach der König dem Sohne des Papstes Cesar Borgia ei- nen Staat von 28000 Franken Einkünften, eine Gemahlin aus königlichem Geblüt (Navarra?), und Verzichtleistung auf eine eigene neapolitanische Unternehmung außer zu Gunsten der Borgia, "-- del
Relatione di Polo Capello 1500.
Die Sache war fuͤr den Papſt um ſo gefaͤhrlicher, da man be- abſichtigte, ſeinen weltlichen Anmaßungen mit einem Concilium zu begegnen. „Petunt cum rege Franciae, concilium in Galliis ce- lebrari in dedecus nostrum.“
Hiebei erinnern wir uns an den Verſuch, den man einige Jahre ſpaͤter allerdings machte, ein Concilium zu Stande zu bringen. Der Erzbiſchof von Kraina hat ſich dadurch einen gewiſſen Namen er- worben. Johann v. Muͤller hat demſelben in dem fuͤnften Bande der Schweizergeſchichte ein paar Seiten gewidmet (p. 286). — Nur tritt in dieſer Darſtellung die weltliche Veranlaſſung nicht genugſam hervor. Der Cardinal Andreas war nicht ſo ganz geiſtlich, wie es bei Muͤller ſcheinen ſollte. Die Geſandten von Florenz und Mai- land ſuchen ihn in Baſel auf; ſie kommen im Namen der geſamm- ten Liga, die wider Sixtus im Felde ſtand. Sie finden in ihm, wir haben ihren Bericht, große Welterfahrung (gran pratica et ex- perientia del mundo) — und einen heftigen Haß wider den Papſt und deſſen Neffen. „E huomo per fare ogni cosa purche e’ tuffi el papa e’l conte.“ S. Baccius Ugolinus Laurentio Medici in Basilea a dì 20 Sept. 1482 bei Fabroni Vita Laurentii, II, 229. Wir ſehen, es iſt ſchon dieß eine geiſtliche Oppoſition der Fuͤrſten aus weltlichen Ruͤckſichten. Auch ſie hatten geiſtliche Waf- fen und ſetzten ſie denen des Papſtes entgegen.
3. Relatione fatta in pregadi per Polo Capello el cavalier venuto orator di Roma 1500 28 Sett. Archiv zu Wien.
Die erſte Relation eines venezianiſchen Geſandten uͤber den paͤpſt- lichen Hof, die ich gefunden. In dem venezianiſchen Archiv iſt ſie nicht vorhanden; es ſcheint, als ſeyen die Relationen damals noch nicht ſchriftlich eingegeben worden. Sie findet ſich in der Chronik des Sanuto, bei dem dasjenige uͤberhaupt verzeichnet iſt, was in dem Senate, den Pregadi, vorgetragen wurde.
Polo Capello verſpricht von vier Stuͤcken zu handeln: den Cardinaͤlen — dem Verhaͤltniß (disposition) des Papſtes zu dem Koͤnig von Frankreich und zu Venedig — den Abſichten (el desi- derio) S. H. — von dem was ſich von ihm erwarten laſſe; aber wie dieſe Eintheilung nicht eben auf ſehr genauer Unterſchei- dung beruht, ſo haͤlt er ſich auch nicht daran.
Er bemerkt vornehmlich, daß weder Venedig noch Frankreich gut mit dem Papſte ſtehe: jenes, weil es einen Theil des Mailaͤn- diſchen an ſich gebracht, weil man fuͤrchte, es nehme noch ganz Italien ein; — dieß aber, weil der Koͤnig dem Papſt ſeine Zuſagen nicht halte. Wir finden hier die Bedingungen des Bundes zwiſchen Koͤnig und Papſt vom Jahre 1498. Der Papſt gewaͤhrte dem Koͤnig die Dispenſation zur Scheidung von ſeiner Gemahlin. Da- fuͤr verſprach der Koͤnig dem Sohne des Papſtes Ceſar Borgia ei- nen Staat von 28000 Franken Einkuͤnften, eine Gemahlin aus koͤniglichem Gebluͤt (Navarra?), und Verzichtleiſtung auf eine eigene neapolitaniſche Unternehmung außer zu Gunſten der Borgia, „— del
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abſichtigte, ſeinen weltlichen Anmaßungen mit einem Concilium zu
begegnen. „Petunt cum rege Franciae, concilium in Galliis ce-
lebrari in dedecus nostrum.“
Hiebei erinnern wir uns an den Verſuch, den man einige Jahre
ſpaͤter allerdings machte, ein Concilium zu Stande zu bringen. Der
Erzbiſchof von Kraina hat ſich dadurch einen gewiſſen Namen er-
worben. Johann v. Muͤller hat demſelben in dem fuͤnften Bande
der Schweizergeſchichte ein paar Seiten gewidmet (p. 286). — Nur
tritt in dieſer Darſtellung die weltliche Veranlaſſung nicht genugſam
hervor. Der Cardinal Andreas war nicht ſo ganz geiſtlich, wie es
bei Muͤller ſcheinen ſollte. Die Geſandten von Florenz und Mai-
land ſuchen ihn in Baſel auf; ſie kommen im Namen der geſamm-
ten Liga, die wider Sixtus im Felde ſtand. Sie finden in ihm,
wir haben ihren Bericht, große Welterfahrung (gran pratica et ex-
perientia del mundo) — und einen heftigen Haß wider den Papſt
und deſſen Neffen. „E huomo per fare ogni cosa purche e’ tuffi
el papa e’l conte.“ S. Baccius Ugolinus Laurentio Medici
in Basilea a dì 20 Sept. 1482 bei Fabroni Vita Laurentii, II,
229. Wir ſehen, es iſt ſchon dieß eine geiſtliche Oppoſition der
Fuͤrſten aus weltlichen Ruͤckſichten. Auch ſie hatten geiſtliche Waf-
fen und ſetzten ſie denen des Papſtes entgegen.
3.
Relatione fatta in pregadi per Polo Capello el cavalier venuto
orator di Roma 1500 28 Sett. Archiv zu Wien.
Die erſte Relation eines venezianiſchen Geſandten uͤber den paͤpſt-
lichen Hof, die ich gefunden. In dem venezianiſchen Archiv iſt ſie
nicht vorhanden; es ſcheint, als ſeyen die Relationen damals noch
nicht ſchriftlich eingegeben worden. Sie findet ſich in der Chronik
des Sanuto, bei dem dasjenige uͤberhaupt verzeichnet iſt, was in
dem Senate, den Pregadi, vorgetragen wurde.
Polo Capello verſpricht von vier Stuͤcken zu handeln: den
Cardinaͤlen — dem Verhaͤltniß (disposition) des Papſtes zu dem
Koͤnig von Frankreich und zu Venedig — den Abſichten (el desi-
derio) S. H. — von dem was ſich von ihm erwarten laſſe;
aber wie dieſe Eintheilung nicht eben auf ſehr genauer Unterſchei-
dung beruht, ſo haͤlt er ſich auch nicht daran.
Er bemerkt vornehmlich, daß weder Venedig noch Frankreich
gut mit dem Papſte ſtehe: jenes, weil es einen Theil des Mailaͤn-
diſchen an ſich gebracht, weil man fuͤrchte, es nehme noch ganz
Italien ein; — dieß aber, weil der Koͤnig dem Papſt ſeine Zuſagen
nicht halte. Wir finden hier die Bedingungen des Bundes zwiſchen
Koͤnig und Papſt vom Jahre 1498. Der Papſt gewaͤhrte dem
Koͤnig die Dispenſation zur Scheidung von ſeiner Gemahlin. Da-
fuͤr verſprach der Koͤnig dem Sohne des Papſtes Ceſar Borgia ei-
nen Staat von 28000 Franken Einkuͤnften, eine Gemahlin aus
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neapolitaniſche Unternehmung außer zu Gunſten der Borgia, „— del
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/241>, abgerufen am 22.12.2024.
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