Meinungen in jenen Gegenden, so nah bei Italien, erst recht überhand nahmen. Dem Impuls, den die Jesuiten ga- ben, hielt man hier standhaft die Widerpart.
In allen östreichischen Provinzen deutscher, slawischer und ungarischer Zunge, mit alleiniger Ausnahme von Ty- rol, konnte man den Protestantismus im Jahre 1578 noch immer als vorwaltend betrachten.
Wir sehen wohl: über ganz Deutschland hin setzte er sich dem Fortschritt des Katholicismus mit glücklichem Wi- derstand und eigenem Fortschritt entgegen.
Gegensätze in dem übrigen Europa.
Merkwürdige Epoche, in welcher sich die beiden gro- ßen religiösen Tendenzen noch einmal mit gleicher Aussicht, es zur Herrschaft zu bringen, gegen einander bewegen.
Schon hat sich die Lage der Dinge gegen die frühere wesentlich verändert. Früher suchte man sich mit einander zu vertragen: eine Versöhnung war in Deutschland ver- sucht, in Frankreich angebahnt, in den Niederlanden ward sie gefordert: sie schien noch ausführbar. Es gab hie und da praktische Duldung. Jetzt aber traten die Gegensätze schärfer und feindseliger einander gegenüber. In ganz Eu- ropa riefen sie einander so zu sagen gegenseitig hervor: es ist sehr der Mühe werth, die Lage der Dinge zu über- blicken, wie sie sich in den Jahren 1578, 79 gebildet hatte.
Fangen wir im Osten bei Polen an.
Auch in Polen waren die Jesuiten eingedrungen: die
Buch V. Gegenreformationen.
Meinungen in jenen Gegenden, ſo nah bei Italien, erſt recht uͤberhand nahmen. Dem Impuls, den die Jeſuiten ga- ben, hielt man hier ſtandhaft die Widerpart.
In allen oͤſtreichiſchen Provinzen deutſcher, ſlawiſcher und ungariſcher Zunge, mit alleiniger Ausnahme von Ty- rol, konnte man den Proteſtantismus im Jahre 1578 noch immer als vorwaltend betrachten.
Wir ſehen wohl: uͤber ganz Deutſchland hin ſetzte er ſich dem Fortſchritt des Katholicismus mit gluͤcklichem Wi- derſtand und eigenem Fortſchritt entgegen.
Gegenſaͤtze in dem uͤbrigen Europa.
Merkwuͤrdige Epoche, in welcher ſich die beiden gro- ßen religioͤſen Tendenzen noch einmal mit gleicher Ausſicht, es zur Herrſchaft zu bringen, gegen einander bewegen.
Schon hat ſich die Lage der Dinge gegen die fruͤhere weſentlich veraͤndert. Fruͤher ſuchte man ſich mit einander zu vertragen: eine Verſoͤhnung war in Deutſchland ver- ſucht, in Frankreich angebahnt, in den Niederlanden ward ſie gefordert: ſie ſchien noch ausfuͤhrbar. Es gab hie und da praktiſche Duldung. Jetzt aber traten die Gegenſaͤtze ſchaͤrfer und feindſeliger einander gegenuͤber. In ganz Eu- ropa riefen ſie einander ſo zu ſagen gegenſeitig hervor: es iſt ſehr der Muͤhe werth, die Lage der Dinge zu uͤber- blicken, wie ſie ſich in den Jahren 1578, 79 gebildet hatte.
Fangen wir im Oſten bei Polen an.
Auch in Polen waren die Jeſuiten eingedrungen: die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0090"n="78"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Buch <hirendition="#aq">V.</hi> Gegenreformationen</hi>.</fw><lb/>
Meinungen in jenen Gegenden, ſo nah bei Italien, erſt recht<lb/>
uͤberhand nahmen. Dem Impuls, den die Jeſuiten ga-<lb/>
ben, hielt man hier ſtandhaft die Widerpart.</p><lb/><p>In allen oͤſtreichiſchen Provinzen deutſcher, ſlawiſcher<lb/>
und ungariſcher Zunge, mit alleiniger Ausnahme von Ty-<lb/>
rol, konnte man den Proteſtantismus im Jahre 1578 noch<lb/>
immer als vorwaltend betrachten.</p><lb/><p>Wir ſehen wohl: uͤber ganz Deutſchland hin ſetzte er<lb/>ſich dem Fortſchritt des Katholicismus mit gluͤcklichem Wi-<lb/>
derſtand und eigenem Fortſchritt entgegen.</p></div><lb/><divn="2"><head>Gegenſaͤtze in dem uͤbrigen Europa.</head><lb/><p>Merkwuͤrdige Epoche, in welcher ſich die beiden gro-<lb/>
ßen religioͤſen Tendenzen noch einmal mit gleicher Ausſicht,<lb/>
es zur Herrſchaft zu bringen, gegen einander bewegen.</p><lb/><p>Schon hat ſich die Lage der Dinge gegen die fruͤhere<lb/>
weſentlich veraͤndert. Fruͤher ſuchte man ſich mit einander<lb/>
zu vertragen: eine Verſoͤhnung war in Deutſchland ver-<lb/>ſucht, in Frankreich angebahnt, in den Niederlanden ward<lb/>ſie gefordert: ſie ſchien noch ausfuͤhrbar. Es gab hie und<lb/>
da praktiſche Duldung. Jetzt aber traten die Gegenſaͤtze<lb/>ſchaͤrfer und feindſeliger einander gegenuͤber. In ganz Eu-<lb/>
ropa riefen ſie einander ſo zu ſagen gegenſeitig hervor: es<lb/>
iſt ſehr der Muͤhe werth, die Lage der Dinge zu uͤber-<lb/>
blicken, wie ſie ſich in den Jahren 1578, 79 gebildet hatte.</p><lb/><p>Fangen wir im Oſten bei Polen an.</p><lb/><p>Auch in Polen waren die Jeſuiten eingedrungen: die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[78/0090]
Buch V. Gegenreformationen.
Meinungen in jenen Gegenden, ſo nah bei Italien, erſt recht
uͤberhand nahmen. Dem Impuls, den die Jeſuiten ga-
ben, hielt man hier ſtandhaft die Widerpart.
In allen oͤſtreichiſchen Provinzen deutſcher, ſlawiſcher
und ungariſcher Zunge, mit alleiniger Ausnahme von Ty-
rol, konnte man den Proteſtantismus im Jahre 1578 noch
immer als vorwaltend betrachten.
Wir ſehen wohl: uͤber ganz Deutſchland hin ſetzte er
ſich dem Fortſchritt des Katholicismus mit gluͤcklichem Wi-
derſtand und eigenem Fortſchritt entgegen.
Gegenſaͤtze in dem uͤbrigen Europa.
Merkwuͤrdige Epoche, in welcher ſich die beiden gro-
ßen religioͤſen Tendenzen noch einmal mit gleicher Ausſicht,
es zur Herrſchaft zu bringen, gegen einander bewegen.
Schon hat ſich die Lage der Dinge gegen die fruͤhere
weſentlich veraͤndert. Fruͤher ſuchte man ſich mit einander
zu vertragen: eine Verſoͤhnung war in Deutſchland ver-
ſucht, in Frankreich angebahnt, in den Niederlanden ward
ſie gefordert: ſie ſchien noch ausfuͤhrbar. Es gab hie und
da praktiſche Duldung. Jetzt aber traten die Gegenſaͤtze
ſchaͤrfer und feindſeliger einander gegenuͤber. In ganz Eu-
ropa riefen ſie einander ſo zu ſagen gegenſeitig hervor: es
iſt ſehr der Muͤhe werth, die Lage der Dinge zu uͤber-
blicken, wie ſie ſich in den Jahren 1578, 79 gebildet hatte.
Fangen wir im Oſten bei Polen an.
Auch in Polen waren die Jeſuiten eingedrungen: die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/90>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.