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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VII. Kap. 4. Herstellung eines
Herstellung eines Gleichgewichtes der beiden Be-
kenntnisse.

Und nun will ich den Kampf nicht ausführen, der
Deutschland noch 16 Jahre lang erfüllte. Genug, wenn
wir wahrgenommen haben, wie jener mächtige Fortschritt
des Katholicismus, der im Begriffe war unser Vaterland
auf immer in Besitz zu nehmen, eben als er Anstalt machte
die protestantische Meinung an ihren Quellen zu vertilgen,
in seinem Laufe aufgehalten wärd, und einen siegreichen Wi-
derstand erfuhr. Im Allgemeinen ist zu sagen, daß der
Katholicismus, als eine Einheit betrachtet, seine eigenen
Siege nicht ertragen konnte. Das Oberhaupt der Kirche
selbst glaubte sich genöthigt, sich um politischer Gründe wil-
len den Mächten entgegenzusetzen die seine geistliche Au-
torität am meisten verfochten und ausbreiteten. Katholi-
ken, in Uebereinstimmung mit dem Papste, riefen die noch
unbezwungenen protestantischen Kräfte auf, und machten ih-
nen Bahn.

So große Pläne, wie Gustav Adolf im Hochpunkte
seiner Macht sie hegte, konnten nun nach dem frühen Tode
dieses Fürsten freilich nicht ausgeführt werden, schon darum
nicht, weil ja auch die Erfolge des Protestantismus sich
keinesweges allein von eigener Macht herschrieben. Aber
auch der Katholicismus vermochte, selbst als er sich besser
zusammennahm, als Baiern sich wieder an den Kaiser schloß,
und auch Urban VIII. aufs neue Subsidien zahlte, den
Protestantismus nicht mehr zu überwältigen.


Buch VII. Kap. 4. Herſtellung eines
Herſtellung eines Gleichgewichtes der beiden Be-
kenntniſſe.

Und nun will ich den Kampf nicht ausfuͤhren, der
Deutſchland noch 16 Jahre lang erfuͤllte. Genug, wenn
wir wahrgenommen haben, wie jener maͤchtige Fortſchritt
des Katholicismus, der im Begriffe war unſer Vaterland
auf immer in Beſitz zu nehmen, eben als er Anſtalt machte
die proteſtantiſche Meinung an ihren Quellen zu vertilgen,
in ſeinem Laufe aufgehalten waͤrd, und einen ſiegreichen Wi-
derſtand erfuhr. Im Allgemeinen iſt zu ſagen, daß der
Katholicismus, als eine Einheit betrachtet, ſeine eigenen
Siege nicht ertragen konnte. Das Oberhaupt der Kirche
ſelbſt glaubte ſich genoͤthigt, ſich um politiſcher Gruͤnde wil-
len den Maͤchten entgegenzuſetzen die ſeine geiſtliche Au-
toritaͤt am meiſten verfochten und ausbreiteten. Katholi-
ken, in Uebereinſtimmung mit dem Papſte, riefen die noch
unbezwungenen proteſtantiſchen Kraͤfte auf, und machten ih-
nen Bahn.

So große Plaͤne, wie Guſtav Adolf im Hochpunkte
ſeiner Macht ſie hegte, konnten nun nach dem fruͤhen Tode
dieſes Fuͤrſten freilich nicht ausgefuͤhrt werden, ſchon darum
nicht, weil ja auch die Erfolge des Proteſtantismus ſich
keinesweges allein von eigener Macht herſchrieben. Aber
auch der Katholicismus vermochte, ſelbſt als er ſich beſſer
zuſammennahm, als Baiern ſich wieder an den Kaiſer ſchloß,
und auch Urban VIII. aufs neue Subſidien zahlte, den
Proteſtantismus nicht mehr zu uͤberwaͤltigen.


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[566/0578] Buch VII. Kap. 4. Herſtellung eines Herſtellung eines Gleichgewichtes der beiden Be- kenntniſſe. Und nun will ich den Kampf nicht ausfuͤhren, der Deutſchland noch 16 Jahre lang erfuͤllte. Genug, wenn wir wahrgenommen haben, wie jener maͤchtige Fortſchritt des Katholicismus, der im Begriffe war unſer Vaterland auf immer in Beſitz zu nehmen, eben als er Anſtalt machte die proteſtantiſche Meinung an ihren Quellen zu vertilgen, in ſeinem Laufe aufgehalten waͤrd, und einen ſiegreichen Wi- derſtand erfuhr. Im Allgemeinen iſt zu ſagen, daß der Katholicismus, als eine Einheit betrachtet, ſeine eigenen Siege nicht ertragen konnte. Das Oberhaupt der Kirche ſelbſt glaubte ſich genoͤthigt, ſich um politiſcher Gruͤnde wil- len den Maͤchten entgegenzuſetzen die ſeine geiſtliche Au- toritaͤt am meiſten verfochten und ausbreiteten. Katholi- ken, in Uebereinſtimmung mit dem Papſte, riefen die noch unbezwungenen proteſtantiſchen Kraͤfte auf, und machten ih- nen Bahn. So große Plaͤne, wie Guſtav Adolf im Hochpunkte ſeiner Macht ſie hegte, konnten nun nach dem fruͤhen Tode dieſes Fuͤrſten freilich nicht ausgefuͤhrt werden, ſchon darum nicht, weil ja auch die Erfolge des Proteſtantismus ſich keinesweges allein von eigener Macht herſchrieben. Aber auch der Katholicismus vermochte, ſelbſt als er ſich beſſer zuſammennahm, als Baiern ſich wieder an den Kaiſer ſchloß, und auch Urban VIII. aufs neue Subſidien zahlte, den Proteſtantismus nicht mehr zu uͤberwaͤltigen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/578>, abgerufen am 21.11.2024.