Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweytes Kapitel.

Unsichere Spuren einer charakteristischen Denkungsart über Liebe und Geschlechtsverbindung im nördlichen Europa vor dem zwölften Jahrhunderte.

Zu allen Zeiten hat es gewisse Begriffe von dem Sittlichen und Anständigen in dem Umgange zwischen beyden Geschlechtern, sowohl in ihrem allgemeinen

wäre. Herr Hofrath Eschenburg, an den ich mich um eine Aufklärung über diesen Punkt gewandt habe, hat mir folgende interessante Antwort ertheilt: "Ueber die eigentliche Entstehungszeit des Worts "Galanterie" weiß ich Ihnen doch, nach allem Nachsuchen, keine gewisse Auskunft zu geben. In der Provenzalsprache aber war es wohl ganz gewiß nicht" (Millot braucht es in einigen Uebersetzungen der provenzalischen Gedichte; da er die Originale aber nicht beyfügt, so kann man nicht beurtheilen, ob es sich in diesen findet.) "Auch habe ich, fährt Herr Eschenburg fort, des bekannten Alain de Chartrier Gedichte durchblättert. Von Courteoisie und Loyaute fand ich genug darin; aber das Wort Galanterie nirgends; selbst das Wort galant nicht. Dieß letztere soll indeß nach Patru in einer Note zu den Remarques de Vaugelas T. 3. p. 150. im Roman de la Rose vorkommen. Er führt zum Beweise die Stelle gegen das Ende des Romans an: Quand la douce saison viendra, Seigneurs galants qu'il conviendra. In meiner Ausgabe dieses Romans (Amstr. 1735 3 vol. 8.) steht aber seigneurs valets - - Menage hat Allerley über den etymologischen, nicht aber historischen Ursprung des Worts. Von dem sel. Reiske steht eine Abhandlung vom Urspr. des Worts Gala in den Schriften der Leipz. Ges. d. fr. Künste B. 3. S. 3. ff. wo er das Wort für arabisch hält, und von Challah, Feyerkleid, herleitet. Möglich indeß, daß gala und galant nichts mit einander gemein haben.
Zweytes Kapitel.

Unsichere Spuren einer charakteristischen Denkungsart über Liebe und Geschlechtsverbindung im nördlichen Europa vor dem zwölften Jahrhunderte.

Zu allen Zeiten hat es gewisse Begriffe von dem Sittlichen und Anständigen in dem Umgange zwischen beyden Geschlechtern, sowohl in ihrem allgemeinen

wäre. Herr Hofrath Eschenburg, an den ich mich um eine Aufklärung über diesen Punkt gewandt habe, hat mir folgende interessante Antwort ertheilt: „Ueber die eigentliche Entstehungszeit des Worts „Galanterie“ weiß ich Ihnen doch, nach allem Nachsuchen, keine gewisse Auskunft zu geben. In der Provenzalsprache aber war es wohl ganz gewiß nicht“ (Millot braucht es in einigen Uebersetzungen der provenzalischen Gedichte; da er die Originale aber nicht beyfügt, so kann man nicht beurtheilen, ob es sich in diesen findet.) „Auch habe ich, fährt Herr Eschenburg fort, des bekannten Alain de Chartrier Gedichte durchblättert. Von Courteoisie und Loyauté fand ich genug darin; aber das Wort Galanterie nirgends; selbst das Wort galant nicht. Dieß letztere soll indeß nach Patru in einer Note zu den Remarques de Vaugelas T. 3. p. 150. im Roman de la Rose vorkommen. Er führt zum Beweise die Stelle gegen das Ende des Romans an: Quand la douce saison viendra, Seigneurs galants qu’il conviendra. In meiner Ausgabe dieses Romans (Amstr. 1735 3 vol. 8.) steht aber seigneurs valets – – Menage hat Allerley über den etymologischen, nicht aber historischen Ursprung des Worts. Von dem sel. Reiske steht eine Abhandlung vom Urspr. des Worts Gala in den Schriften der Leipz. Ges. d. fr. Künste B. 3. S. 3. ff. wo er das Wort für arabisch hält, und von Challah, Feyerkleid, herleitet. Möglich indeß, daß gala und galant nichts mit einander gemein haben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0048" n="48"/>
        <div n="2">
          <head>Zweytes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Unsichere Spuren einer charakteristischen Denkungsart über Liebe und Geschlechtsverbindung im nördlichen Europa vor dem zwölften Jahrhunderte.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Zu allen Zeiten hat es gewisse Begriffe von dem Sittlichen und Anständigen in dem Umgange zwischen beyden Geschlechtern, sowohl in ihrem allgemeinen                             <note next="note-0049" xml:id="note-0048" prev="note-0047" place="foot" n="1)"><p xml:id="p-0048" prev="p-0047">wäre. Herr Hofrath Eschenburg, an den ich mich um eine Aufklärung über diesen Punkt gewandt habe, hat mir folgende interessante Antwort ertheilt:</p><p xml:id="p-0048a" next="p-0049">&#x201E;Ueber die eigentliche Entstehungszeit des Worts &#x201E;Galanterie&#x201C; weiß ich Ihnen doch, nach allem Nachsuchen, keine gewisse Auskunft zu geben. In der Provenzalsprache aber war es wohl ganz gewiß nicht&#x201C; (Millot braucht es in einigen Uebersetzungen der provenzalischen Gedichte; da er die Originale aber nicht beyfügt, so kann man nicht beurtheilen, ob es sich in diesen findet.) &#x201E;Auch habe ich, fährt Herr Eschenburg fort, des bekannten <hi rendition="#aq">Alain de Chartrier</hi> Gedichte durchblättert. Von <hi rendition="#aq">Courteoisie</hi> und <hi rendition="#aq">Loyauté</hi> fand ich genug darin; aber das Wort Galanterie nirgends; selbst das Wort <hi rendition="#g">galant</hi> nicht. Dieß letztere soll indeß nach <hi rendition="#aq">Patru</hi> in einer Note zu den <hi rendition="#aq">Remarques de Vaugelas T. 3. p. 150.</hi> im Roman <hi rendition="#aq">de la Rose</hi> vorkommen. Er führt zum Beweise die Stelle gegen das Ende des Romans an: <hi rendition="#aq">Quand la douce saison viendra, Seigneurs galants qu&#x2019;il conviendra.</hi> In meiner Ausgabe dieses Romans <hi rendition="#aq">(Amstr. 1735 3 vol. 8.)</hi> steht aber <hi rendition="#aq">seigneurs valets</hi> &#x2013; &#x2013; Menage hat Allerley über den etymologischen, nicht aber historischen Ursprung des Worts. Von dem sel. Reiske steht eine Abhandlung vom Urspr. des Worts <hi rendition="#aq">Gala</hi> in den Schriften der Leipz. Ges. d. fr. Künste B. 3. S. 3. ff. wo er das Wort für arabisch hält, und von Challah, Feyerkleid, herleitet. Möglich indeß, daß gala und galant nichts mit einander gemein haben.</p></note>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0048] Zweytes Kapitel. Unsichere Spuren einer charakteristischen Denkungsart über Liebe und Geschlechtsverbindung im nördlichen Europa vor dem zwölften Jahrhunderte. Zu allen Zeiten hat es gewisse Begriffe von dem Sittlichen und Anständigen in dem Umgange zwischen beyden Geschlechtern, sowohl in ihrem allgemeinen 1) 1) wäre. Herr Hofrath Eschenburg, an den ich mich um eine Aufklärung über diesen Punkt gewandt habe, hat mir folgende interessante Antwort ertheilt: „Ueber die eigentliche Entstehungszeit des Worts „Galanterie“ weiß ich Ihnen doch, nach allem Nachsuchen, keine gewisse Auskunft zu geben. In der Provenzalsprache aber war es wohl ganz gewiß nicht“ (Millot braucht es in einigen Uebersetzungen der provenzalischen Gedichte; da er die Originale aber nicht beyfügt, so kann man nicht beurtheilen, ob es sich in diesen findet.) „Auch habe ich, fährt Herr Eschenburg fort, des bekannten Alain de Chartrier Gedichte durchblättert. Von Courteoisie und Loyauté fand ich genug darin; aber das Wort Galanterie nirgends; selbst das Wort galant nicht. Dieß letztere soll indeß nach Patru in einer Note zu den Remarques de Vaugelas T. 3. p. 150. im Roman de la Rose vorkommen. Er führt zum Beweise die Stelle gegen das Ende des Romans an: Quand la douce saison viendra, Seigneurs galants qu’il conviendra. In meiner Ausgabe dieses Romans (Amstr. 1735 3 vol. 8.) steht aber seigneurs valets – – Menage hat Allerley über den etymologischen, nicht aber historischen Ursprung des Worts. Von dem sel. Reiske steht eine Abhandlung vom Urspr. des Worts Gala in den Schriften der Leipz. Ges. d. fr. Künste B. 3. S. 3. ff. wo er das Wort für arabisch hält, und von Challah, Feyerkleid, herleitet. Möglich indeß, daß gala und galant nichts mit einander gemein haben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/48
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/48>, abgerufen am 30.12.2024.