Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Vierzehntes Kapitel. Einfluß der Liebe und der Geschlechtsverbindungen auf das handelnde Leben in dieser Periode. Aus Allem, was ich bis jetzt gesagt habe, erhellet so viel unwidersprechlich, daß die Liebe und die engeren Verbindungen mit dem zärteren Geschlechte in der gegenwärtigen Periode der Lieblingsgegenstand der schönen Litteratur gewesen sind, und den Hauptstoff zur geselligen Unterhaltung hergegeben haben. Es erhellet ferner daraus, daß sie oft mit einem excentrischen Schwunge und mit einer Ziererey behandelt sind, welche der Geschmack des Zeitalters liebte, und daß man in dieser Art, sie zu behandeln, ihre Veredlung gesetzt hat. Menschen, die zwischen Kultur und Rohheit schwanken, und ihren Zeitvertreib auf eine so ernsthafte und umständliche Art suchen, machen nicht so wie wir einen bestimmten Unterschied zwischen dem Reiche der Fictionen und der wirklichen Welt, zwischen Belustigung und dem handelnden Leben. Bey ihnen ist die Lust, zu realisieren, mit jedem Ideale verbunden, das ihre Phantasie lebhaft rührt, und der Zeitvertreib wird für sie ein ernsthaftes Geschäft. Es ist daher höchst wahrscheinlich, daß sie die Grundsätze über die edlere Liebe, die in ihren philosophischen Rednern, in ihren Romanenschreibern und Dichtern angetroffen wurden, im wirklichen Leben anzuwenden gesucht haben. Es ist nicht minder wahrscheinlich, daß sie diejenigen Formen, welche ihnen bey feyerlichen Gelegenheiten in ihrem Betragen gegen das Frauenzimmer vorgeschrieben waren, auch im Vierzehntes Kapitel. Einfluß der Liebe und der Geschlechtsverbindungen auf das handelnde Leben in dieser Periode. Aus Allem, was ich bis jetzt gesagt habe, erhellet so viel unwidersprechlich, daß die Liebe und die engeren Verbindungen mit dem zärteren Geschlechte in der gegenwärtigen Periode der Lieblingsgegenstand der schönen Litteratur gewesen sind, und den Hauptstoff zur geselligen Unterhaltung hergegeben haben. Es erhellet ferner daraus, daß sie oft mit einem excentrischen Schwunge und mit einer Ziererey behandelt sind, welche der Geschmack des Zeitalters liebte, und daß man in dieser Art, sie zu behandeln, ihre Veredlung gesetzt hat. Menschen, die zwischen Kultur und Rohheit schwanken, und ihren Zeitvertreib auf eine so ernsthafte und umständliche Art suchen, machen nicht so wie wir einen bestimmten Unterschied zwischen dem Reiche der Fictionen und der wirklichen Welt, zwischen Belustigung und dem handelnden Leben. Bey ihnen ist die Lust, zu realisieren, mit jedem Ideale verbunden, das ihre Phantasie lebhaft rührt, und der Zeitvertreib wird für sie ein ernsthaftes Geschäft. Es ist daher höchst wahrscheinlich, daß sie die Grundsätze über die edlere Liebe, die in ihren philosophischen Rednern, in ihren Romanenschreibern und Dichtern angetroffen wurden, im wirklichen Leben anzuwenden gesucht haben. Es ist nicht minder wahrscheinlich, daß sie diejenigen Formen, welche ihnen bey feyerlichen Gelegenheiten in ihrem Betragen gegen das Frauenzimmer vorgeschrieben waren, auch im <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0250" n="250"/> <div n="2"> <head>Vierzehntes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Einfluß der Liebe und der Geschlechtsverbindungen auf das handelnde Leben in dieser Periode.<lb/></p> </argument> <p>Aus Allem, was ich bis jetzt gesagt habe, erhellet so viel unwidersprechlich, daß die Liebe und die engeren Verbindungen mit dem zärteren Geschlechte in der gegenwärtigen Periode der Lieblingsgegenstand der schönen Litteratur gewesen sind, und den Hauptstoff zur geselligen Unterhaltung hergegeben haben. Es erhellet ferner daraus, daß sie oft mit einem excentrischen Schwunge und mit einer Ziererey behandelt sind, welche der Geschmack des Zeitalters liebte, und daß man in dieser Art, sie zu behandeln, ihre Veredlung gesetzt hat.</p> <p>Menschen, die zwischen Kultur und Rohheit schwanken, und ihren Zeitvertreib auf eine so ernsthafte und umständliche Art suchen, machen nicht so wie wir einen bestimmten Unterschied zwischen dem Reiche der Fictionen und der wirklichen Welt, zwischen Belustigung und dem handelnden Leben. Bey ihnen ist die Lust, zu realisieren, mit jedem Ideale verbunden, das ihre Phantasie lebhaft rührt, und der Zeitvertreib wird für sie ein ernsthaftes Geschäft.</p> <p>Es ist daher höchst wahrscheinlich, daß sie die Grundsätze über die edlere Liebe, die in ihren philosophischen Rednern, in ihren Romanenschreibern und Dichtern angetroffen wurden, im wirklichen Leben anzuwenden gesucht haben. Es ist nicht minder wahrscheinlich, daß sie diejenigen Formen, welche ihnen bey feyerlichen Gelegenheiten in ihrem Betragen gegen das Frauenzimmer vorgeschrieben waren, auch im </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [250/0250]
Vierzehntes Kapitel.
Einfluß der Liebe und der Geschlechtsverbindungen auf das handelnde Leben in dieser Periode.
Aus Allem, was ich bis jetzt gesagt habe, erhellet so viel unwidersprechlich, daß die Liebe und die engeren Verbindungen mit dem zärteren Geschlechte in der gegenwärtigen Periode der Lieblingsgegenstand der schönen Litteratur gewesen sind, und den Hauptstoff zur geselligen Unterhaltung hergegeben haben. Es erhellet ferner daraus, daß sie oft mit einem excentrischen Schwunge und mit einer Ziererey behandelt sind, welche der Geschmack des Zeitalters liebte, und daß man in dieser Art, sie zu behandeln, ihre Veredlung gesetzt hat.
Menschen, die zwischen Kultur und Rohheit schwanken, und ihren Zeitvertreib auf eine so ernsthafte und umständliche Art suchen, machen nicht so wie wir einen bestimmten Unterschied zwischen dem Reiche der Fictionen und der wirklichen Welt, zwischen Belustigung und dem handelnden Leben. Bey ihnen ist die Lust, zu realisieren, mit jedem Ideale verbunden, das ihre Phantasie lebhaft rührt, und der Zeitvertreib wird für sie ein ernsthaftes Geschäft.
Es ist daher höchst wahrscheinlich, daß sie die Grundsätze über die edlere Liebe, die in ihren philosophischen Rednern, in ihren Romanenschreibern und Dichtern angetroffen wurden, im wirklichen Leben anzuwenden gesucht haben. Es ist nicht minder wahrscheinlich, daß sie diejenigen Formen, welche ihnen bey feyerlichen Gelegenheiten in ihrem Betragen gegen das Frauenzimmer vorgeschrieben waren, auch im
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