Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Viertes Kapitel.

Von den Lobeserhebungen der Weiber, und dem Streite über den Vorzug ihres Geschlechts vor dem der Männer.

Von dem vierzehnten Jahrhunderte an, ward es besonders in Italien Mode, dem schönen Geschlechte im Ganzen und im Einzelnen durch Lobschriften zu huldigen. Boccaz machte vielleicht den Anfang durch sein Werk, über die berühmten Weiber. Er fand eine Menge von Nachfolgern. Thomas 4) giebt uns eine Notiz von den Hauptschriftstellern, die sich in dieser Materie ausgezeichnet haben.

Bald warf man nun auch die Frage auf: ob das zärtere Geschlecht nicht den Vorzug vor dem stärkeren verdiene, oder mit diesem letzten nicht wenigstens gleichen Werth habe? Agrippa soll der erste gewesen seyn, der die Superiorität des Frauenzimmers zu behaupten wagte. 5)

Dieß Werk ist freylich kein bündiges philosophisches Raisonnement, aber es ist mit vielem Witz geschrieben. Man muß den Scharfsinn des Verfassers bewundern, der aus den Zügen der heiligen und profanen Geschichte, welche dem Ansehn des zärteren Geschlechts am nachtheiligsten zu seyn scheinen, Seiten hervorzuheben weiß, die es in dem vortheilhaftesten

4) In seinem Essais sur les femmes, p. 91. et seqq.
5) Henrici Cornelii Agrippae ab Nettesheym de nobilitate et praecellentia feminei sexus, ejusdemque supra virilem Eminentia. Libellus lectu jucundissimus. Ich habe eine Ausgabe vor mir, die zu Haag 1653 gedruckt ist.
Viertes Kapitel.

Von den Lobeserhebungen der Weiber, und dem Streite über den Vorzug ihres Geschlechts vor dem der Männer.

Von dem vierzehnten Jahrhunderte an, ward es besonders in Italien Mode, dem schönen Geschlechte im Ganzen und im Einzelnen durch Lobschriften zu huldigen. Boccaz machte vielleicht den Anfang durch sein Werk, über die berühmten Weiber. Er fand eine Menge von Nachfolgern. Thomas 4) giebt uns eine Notiz von den Hauptschriftstellern, die sich in dieser Materie ausgezeichnet haben.

Bald warf man nun auch die Frage auf: ob das zärtere Geschlecht nicht den Vorzug vor dem stärkeren verdiene, oder mit diesem letzten nicht wenigstens gleichen Werth habe? Agrippa soll der erste gewesen seyn, der die Superiorität des Frauenzimmers zu behaupten wagte. 5)

Dieß Werk ist freylich kein bündiges philosophisches Raisonnement, aber es ist mit vielem Witz geschrieben. Man muß den Scharfsinn des Verfassers bewundern, der aus den Zügen der heiligen und profanen Geschichte, welche dem Ansehn des zärteren Geschlechts am nachtheiligsten zu seyn scheinen, Seiten hervorzuheben weiß, die es in dem vortheilhaftesten

4) In seinem Essais sur les femmes, p. 91. et seqq.
5) Henrici Cornelii Agrippae ab Nettesheym de nobilitate et praecellentia feminei sexus, ejusdemque supra virilem Eminentia. Libellus lectu jucundissimus. Ich habe eine Ausgabe vor mir, die zu Haag 1653 gedruckt ist.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0165" n="165"/>
        <div n="2">
          <head>Viertes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Von den Lobeserhebungen der Weiber, und dem Streite über den Vorzug ihres Geschlechts vor dem der Männer.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Von dem vierzehnten Jahrhunderte an, ward es besonders in Italien Mode, dem schönen Geschlechte im Ganzen und im Einzelnen durch Lobschriften zu huldigen. Boccaz machte vielleicht den Anfang durch sein Werk, über die berühmten Weiber. Er fand eine Menge von Nachfolgern. Thomas <note place="foot" n="4)">In seinem <hi rendition="#aq">Essais sur les femmes, p. 91. et seqq.</hi></note> giebt uns eine Notiz von den Hauptschriftstellern, die sich in dieser Materie ausgezeichnet haben.</p>
          <p>Bald warf man nun auch die Frage auf: ob das zärtere Geschlecht nicht den Vorzug vor dem stärkeren verdiene, oder mit diesem letzten nicht wenigstens gleichen Werth habe? Agrippa soll der erste gewesen seyn, der die Superiorität des Frauenzimmers zu behaupten wagte. <note place="foot" n="5)"><hi rendition="#aq">Henrici Cornelii Agrippae ab Nettesheym de <choice><sic>nobititate</sic><corr>nobilitate</corr></choice> et praecellentia feminei sexus, ejusdemque supra virilem <choice><sic>Emnientia</sic><corr>Eminentia</corr></choice>. Libellus lectu jucundissimus.</hi> Ich habe eine Ausgabe vor mir, die zu Haag 1653 gedruckt ist.</note></p>
          <p>Dieß Werk ist freylich kein bündiges philosophisches Raisonnement, aber es ist mit vielem Witz geschrieben. Man muß den Scharfsinn des Verfassers bewundern, der aus den Zügen der heiligen und profanen Geschichte, welche dem Ansehn des zärteren Geschlechts am nachtheiligsten zu seyn scheinen, Seiten hervorzuheben weiß, die es in dem vortheilhaftesten
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0165] Viertes Kapitel. Von den Lobeserhebungen der Weiber, und dem Streite über den Vorzug ihres Geschlechts vor dem der Männer. Von dem vierzehnten Jahrhunderte an, ward es besonders in Italien Mode, dem schönen Geschlechte im Ganzen und im Einzelnen durch Lobschriften zu huldigen. Boccaz machte vielleicht den Anfang durch sein Werk, über die berühmten Weiber. Er fand eine Menge von Nachfolgern. Thomas 4) giebt uns eine Notiz von den Hauptschriftstellern, die sich in dieser Materie ausgezeichnet haben. Bald warf man nun auch die Frage auf: ob das zärtere Geschlecht nicht den Vorzug vor dem stärkeren verdiene, oder mit diesem letzten nicht wenigstens gleichen Werth habe? Agrippa soll der erste gewesen seyn, der die Superiorität des Frauenzimmers zu behaupten wagte. 5) Dieß Werk ist freylich kein bündiges philosophisches Raisonnement, aber es ist mit vielem Witz geschrieben. Man muß den Scharfsinn des Verfassers bewundern, der aus den Zügen der heiligen und profanen Geschichte, welche dem Ansehn des zärteren Geschlechts am nachtheiligsten zu seyn scheinen, Seiten hervorzuheben weiß, die es in dem vortheilhaftesten 4) In seinem Essais sur les femmes, p. 91. et seqq. 5) Henrici Cornelii Agrippae ab Nettesheym de nobilitate et praecellentia feminei sexus, ejusdemque supra virilem Eminentia. Libellus lectu jucundissimus. Ich habe eine Ausgabe vor mir, die zu Haag 1653 gedruckt ist.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/165
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/165>, abgerufen am 03.12.2024.