Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Kurze Uebersicht des Inhalts des dritten Theils. Erste Abtheilung. Dieser Theil entwickelt die allmählige Bildung derjenigen Begriffe über Geschlechtsverbindung und Liebe die noch heut zu Tage unter uns die gangbarsten sind, und setzt in Ansehung dieser Verhältnisse den Charakter und die Schicksale derjenigen Sitten auseinander, welche auf unsere jetzigen geselligen Einrichtungen Einfluß gehabt haben, oder deren Kenntniß wenigstens zum bessern Genuß der schönen Künste wichtig wird. Die Geschichte der Liebe nach diesem vorgesetzten Plane, fängt mit Entwickelung der Denkungsart der Griechen an. Homer wird hier besonders wichtig. Aber um die Höhe genau zu messen, auf der seine Begriffe in diesem Punkte stehen, muß man die untern Stufen kennen, auf der sich die Denkungsart verschiedener Völker, in Rücksicht auf die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander, befindet. Die größte Rohheit behandelt das Weib als Sklavin, mit Härte und Erniedrigung: beym Fortschritte der Kultur wird das Weib Mitglied der Familie; aber einige Völker kerkern es ein, und behandeln es bloß mit Schonung und Verzärtelung. In einer solchen Lage kann Geschlechtsliebe der Regel nach nichts weiter heißen, als leidenschaftliches Streben nach dem Besitze der Person: man sucht das Weib nicht ihm selbst, sondern den äußern Verhältnissen abzugewinnen, und bey der Bewerbung um Gegengunst kann keine Achtung für Kurze Uebersicht des Inhalts des dritten Theils. Erste Abtheilung. Dieser Theil entwickelt die allmählige Bildung derjenigen Begriffe über Geschlechtsverbindung und Liebe die noch heut zu Tage unter uns die gangbarsten sind, und setzt in Ansehung dieser Verhältnisse den Charakter und die Schicksale derjenigen Sitten auseinander, welche auf unsere jetzigen geselligen Einrichtungen Einfluß gehabt haben, oder deren Kenntniß wenigstens zum bessern Genuß der schönen Künste wichtig wird. Die Geschichte der Liebe nach diesem vorgesetzten Plane, fängt mit Entwickelung der Denkungsart der Griechen an. Homer wird hier besonders wichtig. Aber um die Höhe genau zu messen, auf der seine Begriffe in diesem Punkte stehen, muß man die untern Stufen kennen, auf der sich die Denkungsart verschiedener Völker, in Rücksicht auf die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander, befindet. Die größte Rohheit behandelt das Weib als Sklavin, mit Härte und Erniedrigung: beym Fortschritte der Kultur wird das Weib Mitglied der Familie; aber einige Völker kerkern es ein, und behandeln es bloß mit Schonung und Verzärtelung. In einer solchen Lage kann Geschlechtsliebe der Regel nach nichts weiter heißen, als leidenschaftliches Streben nach dem Besitze der Person: man sucht das Weib nicht ihm selbst, sondern den äußern Verhältnissen abzugewinnen, und bey der Bewerbung um Gegengunst kann keine Achtung für <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0423" n="423"/> <div n="1"> <head>Kurze Uebersicht<lb/></head> <argument> <p>des Inhalts des dritten Theils.</p><lb/> </argument> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head>Erste Abtheilung.<lb/></head> <p>Dieser Theil entwickelt die allmählige Bildung derjenigen Begriffe über Geschlechtsverbindung und Liebe die noch heut zu Tage unter uns die gangbarsten sind, und setzt in Ansehung dieser Verhältnisse den Charakter und die Schicksale derjenigen Sitten auseinander, welche auf unsere jetzigen geselligen Einrichtungen Einfluß gehabt haben, oder deren Kenntniß wenigstens zum bessern Genuß der schönen Künste wichtig wird.</p> <p>Die Geschichte der Liebe nach diesem vorgesetzten Plane, fängt mit Entwickelung der Denkungsart der <hi rendition="#g">Griechen</hi> an. Homer wird hier besonders wichtig. Aber um die Höhe genau zu messen, auf der seine Begriffe in diesem Punkte stehen, muß man die untern Stufen kennen, auf der sich die Denkungsart verschiedener Völker, in Rücksicht auf die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander, befindet. Die größte Rohheit behandelt das Weib als Sklavin, mit Härte und Erniedrigung: beym Fortschritte der Kultur wird das Weib Mitglied der Familie; aber einige Völker kerkern es ein, und behandeln es bloß mit Schonung und Verzärtelung.</p> <p>In einer solchen Lage kann <hi rendition="#g">Geschlechtsliebe</hi> der Regel nach nichts weiter heißen, <hi rendition="#g">als leidenschaftliches Streben nach dem Besitze der Person: man sucht das Weib nicht ihm selbst, sondern den äußern Verhältnissen abzugewinnen, und bey der Bewerbung um Gegengunst kann keine Achtung für </hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [423/0423]
Kurze Uebersicht
des Inhalts des dritten Theils.
Erste Abtheilung.
Dieser Theil entwickelt die allmählige Bildung derjenigen Begriffe über Geschlechtsverbindung und Liebe die noch heut zu Tage unter uns die gangbarsten sind, und setzt in Ansehung dieser Verhältnisse den Charakter und die Schicksale derjenigen Sitten auseinander, welche auf unsere jetzigen geselligen Einrichtungen Einfluß gehabt haben, oder deren Kenntniß wenigstens zum bessern Genuß der schönen Künste wichtig wird.
Die Geschichte der Liebe nach diesem vorgesetzten Plane, fängt mit Entwickelung der Denkungsart der Griechen an. Homer wird hier besonders wichtig. Aber um die Höhe genau zu messen, auf der seine Begriffe in diesem Punkte stehen, muß man die untern Stufen kennen, auf der sich die Denkungsart verschiedener Völker, in Rücksicht auf die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander, befindet. Die größte Rohheit behandelt das Weib als Sklavin, mit Härte und Erniedrigung: beym Fortschritte der Kultur wird das Weib Mitglied der Familie; aber einige Völker kerkern es ein, und behandeln es bloß mit Schonung und Verzärtelung.
In einer solchen Lage kann Geschlechtsliebe der Regel nach nichts weiter heißen, als leidenschaftliches Streben nach dem Besitze der Person: man sucht das Weib nicht ihm selbst, sondern den äußern Verhältnissen abzugewinnen, und bey der Bewerbung um Gegengunst kann keine Achtung für
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