Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Eine tapfere Selbstvertheidigung gegen äußere Unterdrückung, der Muth, sich das Leben freywillig zu nehmen, das Gefühl des Stolzes, und der Ruhmbegierde sind geächtet worden. An ihre Stelle trat die Humilität: ein Wort, das beynahe alles dasjenige umfaßt, was ich unter den Hauptstücken der christlichen Moral aufgezählt habe.

Drittes Kapitel.

Einfluß der veränderten Denkungsart auf das wachsende Ansehn des Weibes: mitwirkende Ursachen.

Zur Kosmopolitischen Vollkommenheit, und zu allen denjenigen Tugenden wodurch der Neuplatoniker und die Christen der damahligen Zeit sich der Annäherung an Gott, und des ewigen Lebens würdig zu machen glaubten, hat das Weib gleiche Anlagen mit dem Manne. Ja! es übertrifft ihn in mehreren derselben. Weiber gerathen weit leichter in den Rausch der Phantasie, in Begeisterung, in Extase: Weiber haben viel mehr Selbstverläugnung, mehr Geduld, mehr leidende Stärke, und mehr Muth, sich den Angriffen des Schicksals zu überlassen. Sie erhielten in diesen Zeiten einen gerechten Anspruch auf die Achtung des Mannes, und gleiche Rechte mit ihm auf Menschenwerth.

Die christliche Religion, welche den Schwachen ein vorzügliches Anrecht aufs Himmelreich verspricht: die in ihrer Geschichte mehrerer durch Heiligkeit, Wundergaben und Märterthum ausgezeichnete Weiber, Freundinnen

Eine tapfere Selbstvertheidigung gegen äußere Unterdrückung, der Muth, sich das Leben freywillig zu nehmen, das Gefühl des Stolzes, und der Ruhmbegierde sind geächtet worden. An ihre Stelle trat die Humilität: ein Wort, das beynahe alles dasjenige umfaßt, was ich unter den Hauptstücken der christlichen Moral aufgezählt habe.

Drittes Kapitel.

Einfluß der veränderten Denkungsart auf das wachsende Ansehn des Weibes: mitwirkende Ursachen.

Zur Kosmopolitischen Vollkommenheit, und zu allen denjenigen Tugenden wodurch der Neuplatoniker und die Christen der damahligen Zeit sich der Annäherung an Gott, und des ewigen Lebens würdig zu machen glaubten, hat das Weib gleiche Anlagen mit dem Manne. Ja! es übertrifft ihn in mehreren derselben. Weiber gerathen weit leichter in den Rausch der Phantasie, in Begeisterung, in Extase: Weiber haben viel mehr Selbstverläugnung, mehr Geduld, mehr leidende Stärke, und mehr Muth, sich den Angriffen des Schicksals zu überlassen. Sie erhielten in diesen Zeiten einen gerechten Anspruch auf die Achtung des Mannes, und gleiche Rechte mit ihm auf Menschenwerth.

Die christliche Religion, welche den Schwachen ein vorzügliches Anrecht aufs Himmelreich verspricht: die in ihrer Geschichte mehrerer durch Heiligkeit, Wundergaben und Märterthum ausgezeichnete Weiber, Freundinnen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0348" n="348"/>
          <p>Eine tapfere Selbstvertheidigung gegen äußere Unterdrückung, der Muth, sich das Leben freywillig zu nehmen, das Gefühl des Stolzes, und der Ruhmbegierde sind geächtet worden. An ihre Stelle trat die Humilität: ein Wort, das beynahe alles dasjenige umfaßt, was ich unter den Hauptstücken der christlichen Moral aufgezählt habe.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Drittes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Einfluß der veränderten Denkungsart auf das wachsende Ansehn des Weibes: mitwirkende Ursachen.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Zur Kosmopolitischen Vollkommenheit, und zu allen denjenigen Tugenden wodurch der Neuplatoniker und die Christen der damahligen Zeit sich der Annäherung an Gott, und des ewigen Lebens würdig zu machen glaubten, hat das Weib gleiche Anlagen mit dem Manne. Ja! es übertrifft ihn in mehreren derselben. Weiber gerathen weit leichter in den Rausch der Phantasie, in Begeisterung, in Extase: Weiber haben viel mehr Selbstverläugnung, mehr Geduld, mehr leidende Stärke, und mehr Muth, sich den Angriffen des Schicksals zu überlassen. Sie erhielten in diesen Zeiten einen gerechten Anspruch auf die Achtung des Mannes, und gleiche Rechte mit ihm auf Menschenwerth.</p>
          <p>Die christliche Religion, welche den Schwachen ein vorzügliches Anrecht aufs Himmelreich verspricht: die in ihrer Geschichte mehrerer durch Heiligkeit, Wundergaben und Märterthum ausgezeichnete Weiber, Freundinnen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0348] Eine tapfere Selbstvertheidigung gegen äußere Unterdrückung, der Muth, sich das Leben freywillig zu nehmen, das Gefühl des Stolzes, und der Ruhmbegierde sind geächtet worden. An ihre Stelle trat die Humilität: ein Wort, das beynahe alles dasjenige umfaßt, was ich unter den Hauptstücken der christlichen Moral aufgezählt habe. Drittes Kapitel. Einfluß der veränderten Denkungsart auf das wachsende Ansehn des Weibes: mitwirkende Ursachen. Zur Kosmopolitischen Vollkommenheit, und zu allen denjenigen Tugenden wodurch der Neuplatoniker und die Christen der damahligen Zeit sich der Annäherung an Gott, und des ewigen Lebens würdig zu machen glaubten, hat das Weib gleiche Anlagen mit dem Manne. Ja! es übertrifft ihn in mehreren derselben. Weiber gerathen weit leichter in den Rausch der Phantasie, in Begeisterung, in Extase: Weiber haben viel mehr Selbstverläugnung, mehr Geduld, mehr leidende Stärke, und mehr Muth, sich den Angriffen des Schicksals zu überlassen. Sie erhielten in diesen Zeiten einen gerechten Anspruch auf die Achtung des Mannes, und gleiche Rechte mit ihm auf Menschenwerth. Die christliche Religion, welche den Schwachen ein vorzügliches Anrecht aufs Himmelreich verspricht: die in ihrer Geschichte mehrerer durch Heiligkeit, Wundergaben und Märterthum ausgezeichnete Weiber, Freundinnen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/348
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/348>, abgerufen am 30.12.2024.