Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Vielleicht hätte ich über diese Juden etwas sagen sollen, besonders da die Art, wie ihre Moralisten das Weib und die Ehe schildern, auf unsere Denkungsart Einfluß gehabt haben kann. Aber dieser Einfluß hat sich sehr spät geäußert, als die christliche Religion auf die Begriffe des Abendlandes über die Verhältnisse beider Geschlechter unter einander einzuwirken anfing, und der Judaismus sich bereits dergestalt mit ihr vereinigt hatte, daß wir ihm keine eigenthümliche Gestalt, die unsern Sitten zum Vorbilde gedient haben konnte, beylegen mögen. Vorher steht er mit den Ideen der Griechen und Römer in keiner Verbindung, und er ist bloß als eine Nebenquelle zu betrachten, die sich in den großen Strom unserer Meinungen späterhin ergossen, und darin verloren hat. Ich glaube daher, daß hier, so wie überhaupt, der Gang unserer sittlichen Kultur am bequemsten verfolgt werden könne, wenn wir von den Griechen ausgehen. Ihren Ideen lassen sich einige Bemerkungen über die Denkungsart anderer Völker anreihen, die an Ausbildung hinter ihnen gestanden haben, oder noch stehen, um die Höhe, welche sie erreicht haben, besser zu beurtheilen. Zweytes Kapitel. Roheste Denkungsart einiger Völker über Liebe und Geschlechtsverbindung: Das Weib ist Sklavin, wird mit Härte und Erniedrigung behandelt. Es ist kein Volk so roh, unter dem sich nicht die Empfindung der Liebe in derjenigen Bedeutung finden sollte, die ich davon festgesetzt habe. Der Nomade, Vielleicht hätte ich über diese Juden etwas sagen sollen, besonders da die Art, wie ihre Moralisten das Weib und die Ehe schildern, auf unsere Denkungsart Einfluß gehabt haben kann. Aber dieser Einfluß hat sich sehr spät geäußert, als die christliche Religion auf die Begriffe des Abendlandes über die Verhältnisse beider Geschlechter unter einander einzuwirken anfing, und der Judaismus sich bereits dergestalt mit ihr vereinigt hatte, daß wir ihm keine eigenthümliche Gestalt, die unsern Sitten zum Vorbilde gedient haben konnte, beylegen mögen. Vorher steht er mit den Ideen der Griechen und Römer in keiner Verbindung, und er ist bloß als eine Nebenquelle zu betrachten, die sich in den großen Strom unserer Meinungen späterhin ergossen, und darin verloren hat. Ich glaube daher, daß hier, so wie überhaupt, der Gang unserer sittlichen Kultur am bequemsten verfolgt werden könne, wenn wir von den Griechen ausgehen. Ihren Ideen lassen sich einige Bemerkungen über die Denkungsart anderer Völker anreihen, die an Ausbildung hinter ihnen gestanden haben, oder noch stehen, um die Höhe, welche sie erreicht haben, besser zu beurtheilen. Zweytes Kapitel. Roheste Denkungsart einiger Völker über Liebe und Geschlechtsverbindung: Das Weib ist Sklavin, wird mit Härte und Erniedrigung behandelt. Es ist kein Volk so roh, unter dem sich nicht die Empfindung der Liebe in derjenigen Bedeutung finden sollte, die ich davon festgesetzt habe. Der Nomade, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0014" n="14"/> <p>Vielleicht hätte ich über diese Juden etwas sagen sollen, besonders da die Art, wie ihre Moralisten das Weib und die Ehe schildern, auf unsere Denkungsart Einfluß gehabt haben kann. Aber dieser Einfluß hat sich sehr spät geäußert, als die christliche Religion auf die Begriffe des Abendlandes über die Verhältnisse beider Geschlechter unter einander einzuwirken anfing, und der Judaismus sich bereits dergestalt mit ihr vereinigt hatte, daß wir ihm keine eigenthümliche Gestalt, die unsern Sitten zum Vorbilde gedient haben konnte, beylegen mögen. Vorher steht er mit den Ideen der Griechen und Römer in keiner Verbindung, und er ist bloß als eine Nebenquelle zu betrachten, die sich in den großen Strom unserer Meinungen späterhin ergossen, und darin verloren hat. Ich glaube daher, daß hier, so wie überhaupt, der Gang unserer sittlichen Kultur am bequemsten verfolgt werden könne, wenn wir von den Griechen ausgehen. Ihren Ideen lassen sich einige Bemerkungen über die Denkungsart anderer Völker anreihen, die an Ausbildung hinter ihnen gestanden haben, oder noch stehen, um die Höhe, welche sie erreicht haben, besser zu beurtheilen.</p> </div> <div n="2"> <head>Zweytes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Roheste Denkungsart einiger Völker über Liebe und Geschlechtsverbindung: Das Weib ist Sklavin, wird mit Härte und Erniedrigung behandelt.<lb/></p> </argument> <p>Es ist kein Volk so roh, unter dem sich nicht die Empfindung der Liebe in derjenigen Bedeutung finden sollte, die ich davon festgesetzt habe. Der Nomade, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0014]
Vielleicht hätte ich über diese Juden etwas sagen sollen, besonders da die Art, wie ihre Moralisten das Weib und die Ehe schildern, auf unsere Denkungsart Einfluß gehabt haben kann. Aber dieser Einfluß hat sich sehr spät geäußert, als die christliche Religion auf die Begriffe des Abendlandes über die Verhältnisse beider Geschlechter unter einander einzuwirken anfing, und der Judaismus sich bereits dergestalt mit ihr vereinigt hatte, daß wir ihm keine eigenthümliche Gestalt, die unsern Sitten zum Vorbilde gedient haben konnte, beylegen mögen. Vorher steht er mit den Ideen der Griechen und Römer in keiner Verbindung, und er ist bloß als eine Nebenquelle zu betrachten, die sich in den großen Strom unserer Meinungen späterhin ergossen, und darin verloren hat. Ich glaube daher, daß hier, so wie überhaupt, der Gang unserer sittlichen Kultur am bequemsten verfolgt werden könne, wenn wir von den Griechen ausgehen. Ihren Ideen lassen sich einige Bemerkungen über die Denkungsart anderer Völker anreihen, die an Ausbildung hinter ihnen gestanden haben, oder noch stehen, um die Höhe, welche sie erreicht haben, besser zu beurtheilen.
Zweytes Kapitel.
Roheste Denkungsart einiger Völker über Liebe und Geschlechtsverbindung: Das Weib ist Sklavin, wird mit Härte und Erniedrigung behandelt.
Es ist kein Volk so roh, unter dem sich nicht die Empfindung der Liebe in derjenigen Bedeutung finden sollte, die ich davon festgesetzt habe. Der Nomade,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/14 |
Zitationshilfe: | Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/14>, abgerufen am 16.07.2024. |