Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.Zweytes Kapitel. Nähere Bestimmung des Antheils, den der Körper an den einzelnen liebenden Affekten nimmt, die wir für Personen von verschiedenem Geschlechte empfinden. Nichts ist unbestimmter, nichts unzuverlässiger, als das Urtheil über den Antheil, den unser Körper, und besonders dessen Geschlechtssympathie an den einzelnen liebenden Aufwallungen nimmt, welche ein Mensch von verschiedenem Geschlechte in uns erweckt. Liebe, jenes wonnevolle Streben nach der Ueberzeugung, daß ein Anderer sich glücklich fühle, - muß allemahl ein Akt der Seele seyn; der Körper ist dieser Vorstellung und der davon abhängenden Empfindung nicht fähig. Wenn wir demungeachtet dem Körper eine Thätigkeit bey der Liebe zuschreiben, so muß diese darin bestehen: entweder, daß der Körper derjenigen Person, welche uns Liebe einflößt, der Grund, die Veranlassung zu diesem Affekt sey; oder, daß die Bewegung unsers eigenen Körpers dem Affekte eine besondere Modification von Lebhaftigkeit, und einen besondern Charakter gebe; oder endlich, daß wir unsern Körper als Agenten brauchen, dem Andern wohlzuthun. Zugleich werden wir doch nur da eine Mitwirkung des Körpers annehmen können, wo der unsrige während der liebenden Aufwallung entweder unmittelbar von dem Körper außer uns, oder mittelst eines Bildes der Phantasie, welches uns das Körperliche als gegenwärtig darstellt, in Reitzung versetzt wird. Es bedarf kaum eines Beweises, daß es liebende Affekte giebt, wobey der Körper, nach jenen festgesetzten Zweytes Kapitel. Nähere Bestimmung des Antheils, den der Körper an den einzelnen liebenden Affekten nimmt, die wir für Personen von verschiedenem Geschlechte empfinden. Nichts ist unbestimmter, nichts unzuverlässiger, als das Urtheil über den Antheil, den unser Körper, und besonders dessen Geschlechtssympathie an den einzelnen liebenden Aufwallungen nimmt, welche ein Mensch von verschiedenem Geschlechte in uns erweckt. Liebe, jenes wonnevolle Streben nach der Ueberzeugung, daß ein Anderer sich glücklich fühle, – muß allemahl ein Akt der Seele seyn; der Körper ist dieser Vorstellung und der davon abhängenden Empfindung nicht fähig. Wenn wir demungeachtet dem Körper eine Thätigkeit bey der Liebe zuschreiben, so muß diese darin bestehen: entweder, daß der Körper derjenigen Person, welche uns Liebe einflößt, der Grund, die Veranlassung zu diesem Affekt sey; oder, daß die Bewegung unsers eigenen Körpers dem Affekte eine besondere Modification von Lebhaftigkeit, und einen besondern Charakter gebe; oder endlich, daß wir unsern Körper als Agenten brauchen, dem Andern wohlzuthun. Zugleich werden wir doch nur da eine Mitwirkung des Körpers annehmen können, wo der unsrige während der liebenden Aufwallung entweder unmittelbar von dem Körper außer uns, oder mittelst eines Bildes der Phantasie, welches uns das Körperliche als gegenwärtig darstellt, in Reitzung versetzt wird. Es bedarf kaum eines Beweises, daß es liebende Affekte giebt, wobey der Körper, nach jenen festgesetzten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0091" n="91"/> <div n="2"> <head>Zweytes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Nähere Bestimmung des Antheils, den der Körper an den einzelnen liebenden Affekten nimmt, die wir für Personen von verschiedenem Geschlechte empfinden.<lb/></p> </argument> <p>Nichts ist unbestimmter, nichts unzuverlässiger, als das Urtheil über den Antheil, den unser Körper, und besonders dessen Geschlechtssympathie an den einzelnen liebenden Aufwallungen nimmt, welche ein Mensch von verschiedenem Geschlechte in uns erweckt.</p> <p>Liebe, jenes wonnevolle Streben nach der Ueberzeugung, daß ein Anderer sich glücklich fühle, – muß allemahl ein Akt der Seele seyn; der Körper ist dieser Vorstellung und der davon abhängenden Empfindung nicht fähig. Wenn wir demungeachtet dem Körper eine Thätigkeit bey der Liebe zuschreiben, so muß diese darin bestehen: entweder, daß der Körper derjenigen Person, welche uns Liebe einflößt, der Grund, die Veranlassung zu diesem Affekt sey; oder, daß die Bewegung unsers eigenen Körpers dem Affekte eine besondere Modification von Lebhaftigkeit, und einen besondern Charakter gebe; oder endlich, daß wir unsern Körper als Agenten brauchen, dem Andern wohlzuthun.</p> <p>Zugleich werden wir doch nur da eine Mitwirkung des Körpers annehmen können, wo der unsrige während der liebenden Aufwallung entweder unmittelbar von dem Körper außer uns, oder mittelst eines Bildes der Phantasie, welches uns das Körperliche als gegenwärtig darstellt, in Reitzung versetzt wird.</p> <p>Es bedarf kaum eines Beweises, daß es liebende Affekte giebt, wobey der Körper, nach jenen festgesetzten </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0091]
Zweytes Kapitel.
Nähere Bestimmung des Antheils, den der Körper an den einzelnen liebenden Affekten nimmt, die wir für Personen von verschiedenem Geschlechte empfinden.
Nichts ist unbestimmter, nichts unzuverlässiger, als das Urtheil über den Antheil, den unser Körper, und besonders dessen Geschlechtssympathie an den einzelnen liebenden Aufwallungen nimmt, welche ein Mensch von verschiedenem Geschlechte in uns erweckt.
Liebe, jenes wonnevolle Streben nach der Ueberzeugung, daß ein Anderer sich glücklich fühle, – muß allemahl ein Akt der Seele seyn; der Körper ist dieser Vorstellung und der davon abhängenden Empfindung nicht fähig. Wenn wir demungeachtet dem Körper eine Thätigkeit bey der Liebe zuschreiben, so muß diese darin bestehen: entweder, daß der Körper derjenigen Person, welche uns Liebe einflößt, der Grund, die Veranlassung zu diesem Affekt sey; oder, daß die Bewegung unsers eigenen Körpers dem Affekte eine besondere Modification von Lebhaftigkeit, und einen besondern Charakter gebe; oder endlich, daß wir unsern Körper als Agenten brauchen, dem Andern wohlzuthun.
Zugleich werden wir doch nur da eine Mitwirkung des Körpers annehmen können, wo der unsrige während der liebenden Aufwallung entweder unmittelbar von dem Körper außer uns, oder mittelst eines Bildes der Phantasie, welches uns das Körperliche als gegenwärtig darstellt, in Reitzung versetzt wird.
Es bedarf kaum eines Beweises, daß es liebende Affekte giebt, wobey der Körper, nach jenen festgesetzten
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