Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.Ausgezeichnet wahre und zweckmäßige Liebe, die sich als ein edles und schönes Ganze zeigt, ist vollkommene Liebe. Dreyzehntes Kapitel. In wie fern der Moralist die Liebe veredelt. Wenn wir nicht alle Begriffe verwirren, und dasjenige, was in den Sitten des Menschen, (in seinem Verhalten gegen sich selbst und Andere,) von der Rücksicht auf die Einrichtungen der örtlichen und bürgerlichen Gesellschaft, und auf kluge Besorgung des sinnlichen Genusses an die Hand gegeben wird, - mit dem Moralischen verwechseln wollen; so müssen wir durch diesen letzten Ausdruck nur dasjenige in den Sitten des Menschen bezeichnen, was mit seinen Verhältnissen gegen das Reich vernünftiger Wesen, als solcher, in Beziehung steht. Dieser Begriff bleibt demungeachtet noch sehr weitumfassend. Es gehören darunter alle Bestimmungen unsers Willens, die aus der Anerkennung unserer eigenen Würde fließen, einer Würde, die uns als einem freyen, sich selbst in jedem Augenblicke des Lebens beherrschenden, und als einem zur Fortdauer und zum Vorschreiten auf ewig bestimmten Wesen zukommt. Es gehören darunter diejenigen Bestimmungen unsers Willens, welche das Gefühl der Abhängigkeit von Gott darbietet: es gehören endlich diejenigen Bestimmungen unsers Willens dahin, welche Achtung und Liebe für das vernünftige Wesen in andern Menschen, und das Bewußtseyn eines innigen, auf gemeinschaftliche Natur und Bestimmung Ausgezeichnet wahre und zweckmäßige Liebe, die sich als ein edles und schönes Ganze zeigt, ist vollkommene Liebe. Dreyzehntes Kapitel. In wie fern der Moralist die Liebe veredelt. Wenn wir nicht alle Begriffe verwirren, und dasjenige, was in den Sitten des Menschen, (in seinem Verhalten gegen sich selbst und Andere,) von der Rücksicht auf die Einrichtungen der örtlichen und bürgerlichen Gesellschaft, und auf kluge Besorgung des sinnlichen Genusses an die Hand gegeben wird, – mit dem Moralischen verwechseln wollen; so müssen wir durch diesen letzten Ausdruck nur dasjenige in den Sitten des Menschen bezeichnen, was mit seinen Verhältnissen gegen das Reich vernünftiger Wesen, als solcher, in Beziehung steht. Dieser Begriff bleibt demungeachtet noch sehr weitumfassend. Es gehören darunter alle Bestimmungen unsers Willens, die aus der Anerkennung unserer eigenen Würde fließen, einer Würde, die uns als einem freyen, sich selbst in jedem Augenblicke des Lebens beherrschenden, und als einem zur Fortdauer und zum Vorschreiten auf ewig bestimmten Wesen zukommt. Es gehören darunter diejenigen Bestimmungen unsers Willens, welche das Gefühl der Abhängigkeit von Gott darbietet: es gehören endlich diejenigen Bestimmungen unsers Willens dahin, welche Achtung und Liebe für das vernünftige Wesen in andern Menschen, und das Bewußtseyn eines innigen, auf gemeinschaftliche Natur und Bestimmung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0067" n="67"/> <p><hi rendition="#g">Ausgezeichnet wahre und zweckmäßige Liebe</hi>, <hi rendition="#g">die sich als ein edles und schönes Ganze zeigt</hi>, <hi rendition="#g">ist vollkommene Liebe</hi>.</p> </div> <div n="2"> <head>Dreyzehntes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>In wie fern der Moralist die Liebe veredelt.<lb/></p> </argument> <p>Wenn wir nicht alle Begriffe verwirren, und dasjenige, was in den Sitten des Menschen, (in seinem Verhalten gegen sich selbst und Andere,) von der Rücksicht auf die Einrichtungen der örtlichen und bürgerlichen Gesellschaft, und auf kluge Besorgung des sinnlichen Genusses an die Hand gegeben wird, – mit dem Moralischen verwechseln wollen; so müssen wir durch diesen letzten Ausdruck nur dasjenige in den Sitten des Menschen bezeichnen, was mit seinen Verhältnissen gegen das Reich vernünftiger Wesen, als solcher, in Beziehung steht.</p> <p>Dieser Begriff bleibt demungeachtet noch sehr weitumfassend. Es gehören darunter alle Bestimmungen unsers Willens, die aus der Anerkennung unserer eigenen Würde fließen, einer Würde, die uns als einem freyen, sich selbst in jedem Augenblicke des Lebens beherrschenden, und als einem zur Fortdauer und zum Vorschreiten auf ewig bestimmten Wesen zukommt. Es gehören darunter diejenigen Bestimmungen unsers Willens, welche das Gefühl der Abhängigkeit von Gott darbietet: es gehören endlich diejenigen Bestimmungen unsers Willens dahin, welche Achtung und Liebe für das vernünftige Wesen in andern Menschen, und das Bewußtseyn eines innigen, auf gemeinschaftliche Natur und Bestimmung </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0067]
Ausgezeichnet wahre und zweckmäßige Liebe, die sich als ein edles und schönes Ganze zeigt, ist vollkommene Liebe.
Dreyzehntes Kapitel.
In wie fern der Moralist die Liebe veredelt.
Wenn wir nicht alle Begriffe verwirren, und dasjenige, was in den Sitten des Menschen, (in seinem Verhalten gegen sich selbst und Andere,) von der Rücksicht auf die Einrichtungen der örtlichen und bürgerlichen Gesellschaft, und auf kluge Besorgung des sinnlichen Genusses an die Hand gegeben wird, – mit dem Moralischen verwechseln wollen; so müssen wir durch diesen letzten Ausdruck nur dasjenige in den Sitten des Menschen bezeichnen, was mit seinen Verhältnissen gegen das Reich vernünftiger Wesen, als solcher, in Beziehung steht.
Dieser Begriff bleibt demungeachtet noch sehr weitumfassend. Es gehören darunter alle Bestimmungen unsers Willens, die aus der Anerkennung unserer eigenen Würde fließen, einer Würde, die uns als einem freyen, sich selbst in jedem Augenblicke des Lebens beherrschenden, und als einem zur Fortdauer und zum Vorschreiten auf ewig bestimmten Wesen zukommt. Es gehören darunter diejenigen Bestimmungen unsers Willens, welche das Gefühl der Abhängigkeit von Gott darbietet: es gehören endlich diejenigen Bestimmungen unsers Willens dahin, welche Achtung und Liebe für das vernünftige Wesen in andern Menschen, und das Bewußtseyn eines innigen, auf gemeinschaftliche Natur und Bestimmung
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