Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.Schickliche, worauf der Geschmack beruhet. Liebe spornt uns endlich, des Geliebten würdig zu seyn, vor seinen und anderer Augen. Liebe ist folglich eine mächtige Beförderin der Talente in jeder Rücksicht. Es ist unmöglich, daß der Dilettante, der sich nicht von Jugend auf, und ausschließlich auf eine schöne Kunst hat legen können, je in irgend einer zum Virtuosen werden möge! Aber es giebt eine Art, sich aus Liebhaberey mit den schönen Künsten zu beschäftigen, die einen Schönheitssinn verkündigt, der sich über alles verbreitet, was wir angreifen, und einen Trieb, der selbst in demjenigen, was nur zur Unterhaltung dient, nach einem gewissen Grade von Vollkommenheit strebt. Diesen Geschmack, dieß edle Streben, schärft und spornt die Liebe! Sechzehntes Kapitel. Genuß des Austausches der Ideen im traulichen Gespräch. Der dauerndste Genuß, den die Liebe zur wechselseitigen Unterhaltung darbiethet, ist der Austausch der Ideen im traulichen Gespräch über alles, worüber Liebende von verschiedenem Geschlechte sich einander verstehen und begreifen mögen. Man musiciert, man zeichnet, man dichtet und tanzt sich bald müde; aber nie hört man auf, gern seine Bemerkungen zusammenzutragen, sich darüber zu erklären, ihre Richtigkeit festzusetzen. Der Stoff ist unerschöpflich, er reicht so weit, als das Gebiet des Verstandes, der Vernunft, der Imagination Schickliche, worauf der Geschmack beruhet. Liebe spornt uns endlich, des Geliebten würdig zu seyn, vor seinen und anderer Augen. Liebe ist folglich eine mächtige Beförderin der Talente in jeder Rücksicht. Es ist unmöglich, daß der Dilettante, der sich nicht von Jugend auf, und ausschließlich auf eine schöne Kunst hat legen können, je in irgend einer zum Virtuosen werden möge! Aber es giebt eine Art, sich aus Liebhaberey mit den schönen Künsten zu beschäftigen, die einen Schönheitssinn verkündigt, der sich über alles verbreitet, was wir angreifen, und einen Trieb, der selbst in demjenigen, was nur zur Unterhaltung dient, nach einem gewissen Grade von Vollkommenheit strebt. Diesen Geschmack, dieß edle Streben, schärft und spornt die Liebe! Sechzehntes Kapitel. Genuß des Austausches der Ideen im traulichen Gespräch. Der dauerndste Genuß, den die Liebe zur wechselseitigen Unterhaltung darbiethet, ist der Austausch der Ideen im traulichen Gespräch über alles, worüber Liebende von verschiedenem Geschlechte sich einander verstehen und begreifen mögen. Man musiciert, man zeichnet, man dichtet und tanzt sich bald müde; aber nie hört man auf, gern seine Bemerkungen zusammenzutragen, sich darüber zu erklären, ihre Richtigkeit festzusetzen. Der Stoff ist unerschöpflich, er reicht so weit, als das Gebiet des Verstandes, der Vernunft, der Imagination <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0308" n="308"/> Schickliche, worauf der Geschmack beruhet. Liebe spornt uns endlich, des Geliebten würdig zu seyn, vor seinen und anderer Augen. Liebe ist folglich eine mächtige Beförderin der Talente in jeder Rücksicht. Es ist unmöglich, daß der Dilettante, der sich nicht von Jugend auf, und ausschließlich auf eine schöne Kunst hat legen können, je in irgend einer zum Virtuosen werden möge! Aber es giebt eine Art, sich aus Liebhaberey mit den schönen Künsten zu beschäftigen, die einen Schönheitssinn verkündigt, der sich über alles verbreitet, was wir angreifen, und einen Trieb, der selbst in demjenigen, was nur zur Unterhaltung dient, nach einem gewissen Grade von Vollkommenheit strebt. Diesen Geschmack, dieß edle Streben, schärft und spornt die Liebe!</p> </div> <div n="2"> <head>Sechzehntes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Genuß des Austausches der Ideen im traulichen Gespräch.<lb/></p> </argument> <p>Der dauerndste Genuß, den die Liebe zur wechselseitigen Unterhaltung darbiethet, ist der Austausch der Ideen im traulichen Gespräch über alles, worüber Liebende von verschiedenem Geschlechte sich einander verstehen und begreifen mögen. Man musiciert, man zeichnet, man dichtet und tanzt sich bald müde; aber nie hört man auf, gern seine Bemerkungen zusammenzutragen, sich darüber zu erklären, ihre Richtigkeit festzusetzen. Der Stoff ist unerschöpflich, er reicht so weit, als das Gebiet des Verstandes, der Vernunft, der Imagination </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [308/0308]
Schickliche, worauf der Geschmack beruhet. Liebe spornt uns endlich, des Geliebten würdig zu seyn, vor seinen und anderer Augen. Liebe ist folglich eine mächtige Beförderin der Talente in jeder Rücksicht. Es ist unmöglich, daß der Dilettante, der sich nicht von Jugend auf, und ausschließlich auf eine schöne Kunst hat legen können, je in irgend einer zum Virtuosen werden möge! Aber es giebt eine Art, sich aus Liebhaberey mit den schönen Künsten zu beschäftigen, die einen Schönheitssinn verkündigt, der sich über alles verbreitet, was wir angreifen, und einen Trieb, der selbst in demjenigen, was nur zur Unterhaltung dient, nach einem gewissen Grade von Vollkommenheit strebt. Diesen Geschmack, dieß edle Streben, schärft und spornt die Liebe!
Sechzehntes Kapitel.
Genuß des Austausches der Ideen im traulichen Gespräch.
Der dauerndste Genuß, den die Liebe zur wechselseitigen Unterhaltung darbiethet, ist der Austausch der Ideen im traulichen Gespräch über alles, worüber Liebende von verschiedenem Geschlechte sich einander verstehen und begreifen mögen. Man musiciert, man zeichnet, man dichtet und tanzt sich bald müde; aber nie hört man auf, gern seine Bemerkungen zusammenzutragen, sich darüber zu erklären, ihre Richtigkeit festzusetzen. Der Stoff ist unerschöpflich, er reicht so weit, als das Gebiet des Verstandes, der Vernunft, der Imagination
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