Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

unser niedriges Selbst! Soll ich noch hinzufügen, welche Reitze der Sinn des Schönen ihm leihen kann? Ach! seht Ciprianis Medor und Angelica an: seht an die Gruppe der Psyche und des Amors!

Zehntes Kapitel.

Der unnennbare Genuß.

Es giebt einen Genuß! Edel Liebende ahnden ihn kaum, wenn ihre Herzen zuerst nach Vereinigung streben. Sie nennen ihn nicht, wenn sie ihn ahnden! Seine Natur scheint ihnen eben so unaussprechlich als seine Freuden, und bey der Ohnmacht oder Verdorbenheit unserer Sprache würden sie ihn durch jeden Nahmen zu entheiligen glauben!

Unnennbarer Genuß! Heilige Mysterien der Natur, an die sie die Fortdauer aller Gattungen lebendiger Wesen band! Es hat Schwärmer gegeben, die sich deiner enthielten, im Wahn, du gehörtest weder der Liebe noch den edleren Menschen! Es hat Elende gegeben, welche den physischen Reitz, der dich begleitet, für das Höchste achteten, was die Liebe darbiethet! Beyde gleiche Thoren! Beyde gleich unwissende Genießer! Du bist wenig, wenn das Herz dich nicht empfängt und giebt, wenn der Sinn des Edeln und Schönen dich nicht leitet; du bist viel, sehr viel, aus jener Quelle, unter dieser Führung!

Unzählige Bande laufen hier zusammen; ich möchte sagen, alle, die sich unter Menschen denken lassen, welche freye Wahl aneinander knüpft. Schon als Symbol der innigsten Verwebung unserer Wesen, Symbol, angenommen

unser niedriges Selbst! Soll ich noch hinzufügen, welche Reitze der Sinn des Schönen ihm leihen kann? Ach! seht Ciprianis Medor und Angelica an: seht an die Gruppe der Psyche und des Amors!

Zehntes Kapitel.

Der unnennbare Genuß.

Es giebt einen Genuß! Edel Liebende ahnden ihn kaum, wenn ihre Herzen zuerst nach Vereinigung streben. Sie nennen ihn nicht, wenn sie ihn ahnden! Seine Natur scheint ihnen eben so unaussprechlich als seine Freuden, und bey der Ohnmacht oder Verdorbenheit unserer Sprache würden sie ihn durch jeden Nahmen zu entheiligen glauben!

Unnennbarer Genuß! Heilige Mysterien der Natur, an die sie die Fortdauer aller Gattungen lebendiger Wesen band! Es hat Schwärmer gegeben, die sich deiner enthielten, im Wahn, du gehörtest weder der Liebe noch den edleren Menschen! Es hat Elende gegeben, welche den physischen Reitz, der dich begleitet, für das Höchste achteten, was die Liebe darbiethet! Beyde gleiche Thoren! Beyde gleich unwissende Genießer! Du bist wenig, wenn das Herz dich nicht empfängt und giebt, wenn der Sinn des Edeln und Schönen dich nicht leitet; du bist viel, sehr viel, aus jener Quelle, unter dieser Führung!

Unzählige Bande laufen hier zusammen; ich möchte sagen, alle, die sich unter Menschen denken lassen, welche freye Wahl aneinander knüpft. Schon als Symbol der innigsten Verwebung unserer Wesen, Symbol, angenommen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0290" n="290"/>
unser niedriges Selbst! Soll ich noch hinzufügen, welche Reitze der Sinn des Schönen ihm leihen kann? Ach! seht Ciprianis Medor und Angelica an: seht an die Gruppe der Psyche und des Amors!</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Zehntes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Der unnennbare Genuß.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Es giebt einen Genuß! Edel Liebende ahnden ihn kaum, wenn ihre Herzen zuerst nach Vereinigung streben. Sie nennen ihn nicht, wenn sie ihn ahnden! Seine Natur scheint ihnen eben so unaussprechlich als seine Freuden, und bey der Ohnmacht oder Verdorbenheit unserer Sprache würden sie ihn durch jeden Nahmen zu entheiligen glauben!</p>
          <p>Unnennbarer Genuß! Heilige Mysterien der Natur, an die sie die Fortdauer aller Gattungen lebendiger Wesen band! Es hat Schwärmer gegeben, die sich deiner enthielten, im Wahn, du gehörtest weder der Liebe noch den edleren Menschen! Es hat Elende gegeben, welche den physischen Reitz, der dich begleitet, für das Höchste achteten, was die Liebe darbiethet! Beyde gleiche Thoren! Beyde gleich unwissende Genießer! Du bist wenig, wenn das Herz dich nicht empfängt und giebt, wenn der Sinn des Edeln und Schönen dich nicht leitet; du bist viel, sehr viel, aus jener Quelle, unter dieser Führung!</p>
          <p>Unzählige Bande laufen hier zusammen; ich möchte sagen, alle, die sich unter Menschen denken lassen, welche freye Wahl aneinander knüpft. Schon als Symbol der innigsten Verwebung unserer Wesen, Symbol, angenommen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0290] unser niedriges Selbst! Soll ich noch hinzufügen, welche Reitze der Sinn des Schönen ihm leihen kann? Ach! seht Ciprianis Medor und Angelica an: seht an die Gruppe der Psyche und des Amors! Zehntes Kapitel. Der unnennbare Genuß. Es giebt einen Genuß! Edel Liebende ahnden ihn kaum, wenn ihre Herzen zuerst nach Vereinigung streben. Sie nennen ihn nicht, wenn sie ihn ahnden! Seine Natur scheint ihnen eben so unaussprechlich als seine Freuden, und bey der Ohnmacht oder Verdorbenheit unserer Sprache würden sie ihn durch jeden Nahmen zu entheiligen glauben! Unnennbarer Genuß! Heilige Mysterien der Natur, an die sie die Fortdauer aller Gattungen lebendiger Wesen band! Es hat Schwärmer gegeben, die sich deiner enthielten, im Wahn, du gehörtest weder der Liebe noch den edleren Menschen! Es hat Elende gegeben, welche den physischen Reitz, der dich begleitet, für das Höchste achteten, was die Liebe darbiethet! Beyde gleiche Thoren! Beyde gleich unwissende Genießer! Du bist wenig, wenn das Herz dich nicht empfängt und giebt, wenn der Sinn des Edeln und Schönen dich nicht leitet; du bist viel, sehr viel, aus jener Quelle, unter dieser Führung! Unzählige Bande laufen hier zusammen; ich möchte sagen, alle, die sich unter Menschen denken lassen, welche freye Wahl aneinander knüpft. Schon als Symbol der innigsten Verwebung unserer Wesen, Symbol, angenommen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/290
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/290>, abgerufen am 21.11.2024.