Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwölftes Kapitel.

Absonderung der Aufwallung der Geschlechtssympathie und der Sympathie mit dem Gleichartigen von dem liebenden Affekte.

Wer ist so verworfen, die vorübergehende Ueppigkeit oder Lüsternheit, welche ihm ein weiblicher Körper einflößt, für Liebe zu halten! Wer so ausgeartet, daß er behaupte: es liebe der Trunkenbold, der am Ende seiner Schwelgerey den unnennbaren Trieb bey der Tochter der Nacht befriedigt, die sein Auge nie sah, nie wieder sehen wird! Ha! so behauptet auch, es liebe jenes Thier, das man an Gestalt und Neigungen so gern zum Menschen herauf heben möchte, um sich selbst seiner Niedrigkeit weniger zu schämen; jene Affenart, welche, der Sage nach, unglückliche Mädchen hascht, sie zu ekelhaften Umarmungen zwingt, und dann mit mörderischem Zahne zerfleischt!

Aber auch die üppige Aufwallung der Seele, welche sie empfindet, wenn der Trieb nach Häuslichkeit bey ihr aufgeregt wird, wenn sie weich und zuvorkommend um den geselligen Beyfall des andern Geschlechts buhlt, nach dem Stolze des Besitzes der Person ringt; ja, selbst die Begeisterung für die Vorzüge einer Person vom andern Geschlechte, sind von der Liebe sehr verschieden. Verschieden ist gleichfalls von ihr die Aufwallung der Sympathie mit dem Gleichartigen.

Wer nur darum seinem Wesen das Geschlechtsähnliche eines andern anarten will, um sich stärker oder zärter zu fühlen; wer sich nur darum das Geschlechtsverschiedene eines andern Wesens angatten will, um sich

Zwölftes Kapitel.

Absonderung der Aufwallung der Geschlechtssympathie und der Sympathie mit dem Gleichartigen von dem liebenden Affekte.

Wer ist so verworfen, die vorübergehende Ueppigkeit oder Lüsternheit, welche ihm ein weiblicher Körper einflößt, für Liebe zu halten! Wer so ausgeartet, daß er behaupte: es liebe der Trunkenbold, der am Ende seiner Schwelgerey den unnennbaren Trieb bey der Tochter der Nacht befriedigt, die sein Auge nie sah, nie wieder sehen wird! Ha! so behauptet auch, es liebe jenes Thier, das man an Gestalt und Neigungen so gern zum Menschen herauf heben möchte, um sich selbst seiner Niedrigkeit weniger zu schämen; jene Affenart, welche, der Sage nach, unglückliche Mädchen hascht, sie zu ekelhaften Umarmungen zwingt, und dann mit mörderischem Zahne zerfleischt!

Aber auch die üppige Aufwallung der Seele, welche sie empfindet, wenn der Trieb nach Häuslichkeit bey ihr aufgeregt wird, wenn sie weich und zuvorkommend um den geselligen Beyfall des andern Geschlechts buhlt, nach dem Stolze des Besitzes der Person ringt; ja, selbst die Begeisterung für die Vorzüge einer Person vom andern Geschlechte, sind von der Liebe sehr verschieden. Verschieden ist gleichfalls von ihr die Aufwallung der Sympathie mit dem Gleichartigen.

Wer nur darum seinem Wesen das Geschlechtsähnliche eines andern anarten will, um sich stärker oder zärter zu fühlen; wer sich nur darum das Geschlechtsverschiedene eines andern Wesens angatten will, um sich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0305" n="305"/>
        <div n="2">
          <head>Zwölftes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Absonderung der Aufwallung der Geschlechtssympathie und der Sympathie mit dem Gleichartigen von dem liebenden Affekte.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Wer ist so verworfen, die vorübergehende Ueppigkeit oder Lüsternheit, welche ihm ein weiblicher Körper einflößt, für Liebe zu halten! Wer so ausgeartet, daß er behaupte: es liebe der Trunkenbold, der am Ende seiner Schwelgerey den unnennbaren Trieb bey der Tochter der Nacht befriedigt, die sein Auge nie sah, nie wieder sehen wird! Ha! so behauptet auch, es liebe jenes Thier, das man an Gestalt und Neigungen so gern zum Menschen herauf heben möchte, um sich selbst seiner Niedrigkeit weniger zu schämen; jene Affenart, welche, der Sage nach, unglückliche Mädchen hascht, sie zu ekelhaften Umarmungen zwingt, und dann mit mörderischem Zahne zerfleischt!</p>
          <p>Aber auch die üppige Aufwallung der Seele, welche sie empfindet, wenn der Trieb nach Häuslichkeit bey ihr aufgeregt wird, wenn sie weich und zuvorkommend um den geselligen Beyfall des andern Geschlechts buhlt, nach dem Stolze des Besitzes der Person ringt; ja, selbst die Begeisterung für die Vorzüge einer Person vom andern Geschlechte, sind von der Liebe sehr verschieden. Verschieden ist gleichfalls von ihr die Aufwallung der Sympathie mit dem Gleichartigen.</p>
          <p>Wer nur darum seinem Wesen das Geschlechtsähnliche eines andern anarten will, um sich stärker oder zärter zu fühlen; wer sich nur darum das Geschlechtsverschiedene eines andern Wesens angatten will, um sich
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0305] Zwölftes Kapitel. Absonderung der Aufwallung der Geschlechtssympathie und der Sympathie mit dem Gleichartigen von dem liebenden Affekte. Wer ist so verworfen, die vorübergehende Ueppigkeit oder Lüsternheit, welche ihm ein weiblicher Körper einflößt, für Liebe zu halten! Wer so ausgeartet, daß er behaupte: es liebe der Trunkenbold, der am Ende seiner Schwelgerey den unnennbaren Trieb bey der Tochter der Nacht befriedigt, die sein Auge nie sah, nie wieder sehen wird! Ha! so behauptet auch, es liebe jenes Thier, das man an Gestalt und Neigungen so gern zum Menschen herauf heben möchte, um sich selbst seiner Niedrigkeit weniger zu schämen; jene Affenart, welche, der Sage nach, unglückliche Mädchen hascht, sie zu ekelhaften Umarmungen zwingt, und dann mit mörderischem Zahne zerfleischt! Aber auch die üppige Aufwallung der Seele, welche sie empfindet, wenn der Trieb nach Häuslichkeit bey ihr aufgeregt wird, wenn sie weich und zuvorkommend um den geselligen Beyfall des andern Geschlechts buhlt, nach dem Stolze des Besitzes der Person ringt; ja, selbst die Begeisterung für die Vorzüge einer Person vom andern Geschlechte, sind von der Liebe sehr verschieden. Verschieden ist gleichfalls von ihr die Aufwallung der Sympathie mit dem Gleichartigen. Wer nur darum seinem Wesen das Geschlechtsähnliche eines andern anarten will, um sich stärker oder zärter zu fühlen; wer sich nur darum das Geschlechtsverschiedene eines andern Wesens angatten will, um sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/305
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/305>, abgerufen am 30.12.2024.