Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

dient nur, den meinigen zu verbessern und zu vermehren.

III.

Endlich, daß meine Hand wollüstig über den sammetnen Ueberzug jenes wohlgefüllten Polsters hinfahre, welch ein ganz verschiedenes Verhältniß von den beyden vorigen!

Mein Körper berührt den Körper außer mir leibhaftig: aber es sind nur ihre Oberflächen, die sich berühren; sie treten sich einander nicht ans Innerste, ans Leben. Die Nerven meiner Haut kommen in merkliche Reitzung, meine Tastungsmuskeln streben auffallend nach außen hin; ich fühle, wie ich dadurch auf den Körper außer mir einwirke. Denn das feine Haar seiner Oberfläche schmiegt sich sanft sträubend der Richtung meines Streichelns nach, und die elastische Füllung des Polsters hebt sich den Eindrücken der anschmiegenden Hand entgegen. Dieß Gefühl ist mit einem Bestreben verknüpft, nicht sowohl ein Verlangen zu stillen, als vielmehr einen gegenwärtigen Genuß fortdauernd zu erhalten, und immer weiter auszubilden. Denn die Bewegung meiner Hand schreitet allmählig weiter fort, und dehnt sich den Eindrücken nach. Dieß ist der erste Charakter der wollüstigen Berührung; mein Körper strebt, aber weit mehr nach Fortdauer und Ausbildung des gegenwärtigen Genusses, als nach Stillung eines Verlangens. Der zweyte ist dieser: mein Körper kommt in unmittelbare Verbindung mit dem Körper außer ihm, aber ohne ihn in sich überzunehmen, ohne die Wahrnehmung seiner Fortdauer und

dient nur, den meinigen zu verbessern und zu vermehren.

III.

Endlich, daß meine Hand wollüstig über den sammetnen Ueberzug jenes wohlgefüllten Polsters hinfahre, welch ein ganz verschiedenes Verhältniß von den beyden vorigen!

Mein Körper berührt den Körper außer mir leibhaftig: aber es sind nur ihre Oberflächen, die sich berühren; sie treten sich einander nicht ans Innerste, ans Leben. Die Nerven meiner Haut kommen in merkliche Reitzung, meine Tastungsmuskeln streben auffallend nach außen hin; ich fühle, wie ich dadurch auf den Körper außer mir einwirke. Denn das feine Haar seiner Oberfläche schmiegt sich sanft sträubend der Richtung meines Streichelns nach, und die elastische Füllung des Polsters hebt sich den Eindrücken der anschmiegenden Hand entgegen. Dieß Gefühl ist mit einem Bestreben verknüpft, nicht sowohl ein Verlangen zu stillen, als vielmehr einen gegenwärtigen Genuß fortdauernd zu erhalten, und immer weiter auszubilden. Denn die Bewegung meiner Hand schreitet allmählig weiter fort, und dehnt sich den Eindrücken nach. Dieß ist der erste Charakter der wollüstigen Berührung; mein Körper strebt, aber weit mehr nach Fortdauer und Ausbildung des gegenwärtigen Genusses, als nach Stillung eines Verlangens. Der zweyte ist dieser: mein Körper kommt in unmittelbare Verbindung mit dem Körper außer ihm, aber ohne ihn in sich überzunehmen, ohne die Wahrnehmung seiner Fortdauer und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0029" n="29"/>
dient nur, den meinigen zu verbessern und zu vermehren.</p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>III.<lb/></head>
            <p>Endlich, daß meine Hand wollüstig über den sammetnen Ueberzug jenes wohlgefüllten Polsters hinfahre, welch ein ganz verschiedenes Verhältniß von den beyden vorigen!</p>
            <p>Mein Körper berührt den Körper außer mir leibhaftig: aber es sind nur ihre Oberflächen, die sich berühren; sie treten sich einander nicht ans Innerste, ans Leben. Die Nerven meiner Haut kommen in merkliche Reitzung, meine Tastungsmuskeln streben auffallend nach außen hin; ich fühle, wie ich dadurch auf den Körper außer mir einwirke. Denn das feine Haar seiner Oberfläche schmiegt sich sanft sträubend der Richtung meines Streichelns nach, und die elastische Füllung des Polsters hebt sich den Eindrücken der anschmiegenden Hand entgegen. Dieß Gefühl ist mit einem Bestreben verknüpft, nicht sowohl ein Verlangen zu stillen, als vielmehr einen gegenwärtigen Genuß fortdauernd zu erhalten, und immer weiter auszubilden. Denn die Bewegung meiner Hand schreitet allmählig weiter fort, und dehnt sich den Eindrücken nach. Dieß ist der erste Charakter der wollüstigen Berührung; mein Körper strebt, aber weit mehr nach Fortdauer und Ausbildung des gegenwärtigen Genusses, als nach Stillung eines Verlangens. Der zweyte ist dieser: mein Körper kommt in unmittelbare Verbindung mit dem Körper außer ihm, aber ohne ihn in sich überzunehmen, ohne die Wahrnehmung seiner Fortdauer und
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0029] dient nur, den meinigen zu verbessern und zu vermehren. III. Endlich, daß meine Hand wollüstig über den sammetnen Ueberzug jenes wohlgefüllten Polsters hinfahre, welch ein ganz verschiedenes Verhältniß von den beyden vorigen! Mein Körper berührt den Körper außer mir leibhaftig: aber es sind nur ihre Oberflächen, die sich berühren; sie treten sich einander nicht ans Innerste, ans Leben. Die Nerven meiner Haut kommen in merkliche Reitzung, meine Tastungsmuskeln streben auffallend nach außen hin; ich fühle, wie ich dadurch auf den Körper außer mir einwirke. Denn das feine Haar seiner Oberfläche schmiegt sich sanft sträubend der Richtung meines Streichelns nach, und die elastische Füllung des Polsters hebt sich den Eindrücken der anschmiegenden Hand entgegen. Dieß Gefühl ist mit einem Bestreben verknüpft, nicht sowohl ein Verlangen zu stillen, als vielmehr einen gegenwärtigen Genuß fortdauernd zu erhalten, und immer weiter auszubilden. Denn die Bewegung meiner Hand schreitet allmählig weiter fort, und dehnt sich den Eindrücken nach. Dieß ist der erste Charakter der wollüstigen Berührung; mein Körper strebt, aber weit mehr nach Fortdauer und Ausbildung des gegenwärtigen Genusses, als nach Stillung eines Verlangens. Der zweyte ist dieser: mein Körper kommt in unmittelbare Verbindung mit dem Körper außer ihm, aber ohne ihn in sich überzunehmen, ohne die Wahrnehmung seiner Fortdauer und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/29
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/29>, abgerufen am 30.12.2024.