Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.Fünftes Kapitel. Endlicher Begriff der Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit. Freundschaft ist angewöhntes, wonnevolles Streben nach beglückender Zusammensetzung zweyer Personen zu einer, durch Vermengung gleichartiger Naturen. Geschlechtszärtlichkeit ist angewöhntes, wonnevolles Streben nach beglückender Zusammensetzung zweyer Personen zu einer durch Vermählung geschlechtsverschiedener Naturen. Sechstes Kapitel. Weder die Geschlechtszärtlichkeit noch die Freundschaft bestehen aus lauter Affekten einerley Art. Die prädominierenden allein geben dem Verhältnisse im Ganzen den Charakter. Alle Anhänglichkeit besteht aus Affekten von sehr verschiedener Art. Dieß ist schon gesagt worden, es kann aber nicht genug wiederholt werden. Auch die liebende besteht nicht aus lauter Liebe. Gefühle des Beschauungshanges und der Selbstheit, der Wonne und des Bedürfnisses, mischen sich immer mit ein. Die Geschlechtszärtlichkeit beruht nicht auf bloßer Geschlechtssympathie; die Freundschaft nicht auf bloßer Sympathie mit dem Gleichartigen. Der Freund erhält manches von dem Freunde, was ihm die Geliebte gleichfalls geben könnte: der Liebhaber von der Geliebten manches, was Fünftes Kapitel. Endlicher Begriff der Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit. Freundschaft ist angewöhntes, wonnevolles Streben nach beglückender Zusammensetzung zweyer Personen zu einer, durch Vermengung gleichartiger Naturen. Geschlechtszärtlichkeit ist angewöhntes, wonnevolles Streben nach beglückender Zusammensetzung zweyer Personen zu einer durch Vermählung geschlechtsverschiedener Naturen. Sechstes Kapitel. Weder die Geschlechtszärtlichkeit noch die Freundschaft bestehen aus lauter Affekten einerley Art. Die prädominierenden allein geben dem Verhältnisse im Ganzen den Charakter. Alle Anhänglichkeit besteht aus Affekten von sehr verschiedener Art. Dieß ist schon gesagt worden, es kann aber nicht genug wiederholt werden. Auch die liebende besteht nicht aus lauter Liebe. Gefühle des Beschauungshanges und der Selbstheit, der Wonne und des Bedürfnisses, mischen sich immer mit ein. Die Geschlechtszärtlichkeit beruht nicht auf bloßer Geschlechtssympathie; die Freundschaft nicht auf bloßer Sympathie mit dem Gleichartigen. Der Freund erhält manches von dem Freunde, was ihm die Geliebte gleichfalls geben könnte: der Liebhaber von der Geliebten manches, was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0228" n="228"/> <div n="2"> <head>Fünftes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Endlicher Begriff der Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit.<lb/></p> </argument> <p><hi rendition="#g">Freundschaft ist angewöhntes, wonnevolles Streben nach beglückender Zusammensetzung zweyer Personen zu einer, durch Vermengung gleichartiger Naturen</hi>.</p> <p><hi rendition="#g">Geschlechtszärtlichkeit ist angewöhntes, wonnevolles Streben nach beglückender Zusammensetzung zweyer Personen zu einer durch Vermählung geschlechtsverschiedener Naturen</hi>.</p> </div> <div n="2"> <head>Sechstes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Weder die Geschlechtszärtlichkeit noch die Freundschaft bestehen aus lauter Affekten einerley Art. Die prädominierenden allein geben dem Verhältnisse im Ganzen den Charakter.<lb/></p> </argument> <p>Alle Anhänglichkeit besteht aus Affekten von sehr verschiedener Art. Dieß ist schon gesagt worden, es kann aber nicht genug wiederholt werden. Auch die liebende besteht nicht aus lauter Liebe. Gefühle des Beschauungshanges und der Selbstheit, der Wonne und des Bedürfnisses, mischen sich immer mit ein. Die Geschlechtszärtlichkeit beruht nicht auf bloßer Geschlechtssympathie; die Freundschaft nicht auf bloßer Sympathie mit dem Gleichartigen. Der Freund erhält manches von dem Freunde, was ihm die Geliebte gleichfalls geben könnte: der Liebhaber von der Geliebten manches, was </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [228/0228]
Fünftes Kapitel.
Endlicher Begriff der Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit.
Freundschaft ist angewöhntes, wonnevolles Streben nach beglückender Zusammensetzung zweyer Personen zu einer, durch Vermengung gleichartiger Naturen.
Geschlechtszärtlichkeit ist angewöhntes, wonnevolles Streben nach beglückender Zusammensetzung zweyer Personen zu einer durch Vermählung geschlechtsverschiedener Naturen.
Sechstes Kapitel.
Weder die Geschlechtszärtlichkeit noch die Freundschaft bestehen aus lauter Affekten einerley Art. Die prädominierenden allein geben dem Verhältnisse im Ganzen den Charakter.
Alle Anhänglichkeit besteht aus Affekten von sehr verschiedener Art. Dieß ist schon gesagt worden, es kann aber nicht genug wiederholt werden. Auch die liebende besteht nicht aus lauter Liebe. Gefühle des Beschauungshanges und der Selbstheit, der Wonne und des Bedürfnisses, mischen sich immer mit ein. Die Geschlechtszärtlichkeit beruht nicht auf bloßer Geschlechtssympathie; die Freundschaft nicht auf bloßer Sympathie mit dem Gleichartigen. Der Freund erhält manches von dem Freunde, was ihm die Geliebte gleichfalls geben könnte: der Liebhaber von der Geliebten manches, was
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Zitationshilfe: | Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/228>, abgerufen am 22.07.2024. |