Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Kapitel.

Freundschaft beruht auf Sympathie mit dem Gleichartigen; Geschlechtszärtlichkeit auf Geschlechtssympathie.

Der wahre Unterschied zwischen Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit liegt meiner Ueberzeugung nach darin, daß jene die Sympathie mit dem Gleichartigen hauptsächlich zur Befriedigung liebender Affekte und einer zärtlichen Anhänglichkeit nutzt; diese hingegen die Geschlechtssympathie.

Wenn ein Mensch, in dessen Wesen Stärke prädominiert, mit einem Menschen von gleichem Wesen, d. h. Mann mit Mann, ihre männlichen Naturen vereinigen, um sich durch den gemeinschaftlichen Genuß der erhöheten Wirksamkeit ihres stärkeren männlichen Wesens wechselseitig zu beglücken; - so bilden sie ein Paar, das in Vergleichung mit allen einzelnen Individuen ihres Geschlechts als eine vollständigere Person der nehmlichen männlichen Art erscheint; und dieß ist - Freundschaft.

Wenn der Mensch, in dessen Wesen Zartheit prädominiert, mit dem Menschen von gleichem Wesen, Weib mit Weib, ihre weiblichen Naturen vereinigen, um sich im gemeinschaftlichen Genuß der erhöheten Wirksamkeit ihres zärteren weiblichen Wesens wechselseitig zu beglücken; - so bilden sie ein Paar, das in Vergleichung mit allen einzelnen Individuen ihres Geschlechts als eine vollständigere Person der nehmlichen weiblichen Art erscheint; und dieß ist wieder - Freundschaft.

Wenn hingegen der Mensch von stärkerem Wesen, der Mann, sich gegen einen Menschen von zärterem Wesen, das Weib, im Verhältnisse geschmeidiger Stärke

Drittes Kapitel.

Freundschaft beruht auf Sympathie mit dem Gleichartigen; Geschlechtszärtlichkeit auf Geschlechtssympathie.

Der wahre Unterschied zwischen Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit liegt meiner Ueberzeugung nach darin, daß jene die Sympathie mit dem Gleichartigen hauptsächlich zur Befriedigung liebender Affekte und einer zärtlichen Anhänglichkeit nutzt; diese hingegen die Geschlechtssympathie.

Wenn ein Mensch, in dessen Wesen Stärke prädominiert, mit einem Menschen von gleichem Wesen, d. h. Mann mit Mann, ihre männlichen Naturen vereinigen, um sich durch den gemeinschaftlichen Genuß der erhöheten Wirksamkeit ihres stärkeren männlichen Wesens wechselseitig zu beglücken; – so bilden sie ein Paar, das in Vergleichung mit allen einzelnen Individuen ihres Geschlechts als eine vollständigere Person der nehmlichen männlichen Art erscheint; und dieß ist – Freundschaft.

Wenn der Mensch, in dessen Wesen Zartheit prädominiert, mit dem Menschen von gleichem Wesen, Weib mit Weib, ihre weiblichen Naturen vereinigen, um sich im gemeinschaftlichen Genuß der erhöheten Wirksamkeit ihres zärteren weiblichen Wesens wechselseitig zu beglücken; – so bilden sie ein Paar, das in Vergleichung mit allen einzelnen Individuen ihres Geschlechts als eine vollständigere Person der nehmlichen weiblichen Art erscheint; und dieß ist wieder – Freundschaft.

Wenn hingegen der Mensch von stärkerem Wesen, der Mann, sich gegen einen Menschen von zärterem Wesen, das Weib, im Verhältnisse geschmeidiger Stärke

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0212" n="212"/>
        <div n="2">
          <head>Drittes Kapitel.<lb/></head>
          <p> <hi rendition="#fr">Freundschaft beruht auf Sympathie mit dem Gleichartigen; Geschlechtszärtlichkeit auf Geschlechtssympathie.</hi> </p>
          <p>Der wahre Unterschied zwischen Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit liegt meiner Ueberzeugung nach darin, daß jene die Sympathie mit dem Gleichartigen hauptsächlich zur Befriedigung liebender Affekte und einer zärtlichen Anhänglichkeit nutzt; diese hingegen die Geschlechtssympathie.</p>
          <p>Wenn ein Mensch, in dessen Wesen Stärke prädominiert, mit einem Menschen von gleichem Wesen, d. h. Mann mit Mann, ihre männlichen Naturen vereinigen, um sich durch den gemeinschaftlichen Genuß der erhöheten Wirksamkeit ihres stärkeren männlichen Wesens wechselseitig zu beglücken; &#x2013; so bilden sie ein Paar, das in Vergleichung mit allen einzelnen Individuen ihres Geschlechts als eine vollständigere Person der nehmlichen männlichen Art erscheint; und dieß ist &#x2013; Freundschaft.</p>
          <p>Wenn der Mensch, in dessen Wesen Zartheit prädominiert, mit dem Menschen von gleichem Wesen, Weib mit Weib, ihre weiblichen Naturen vereinigen, um sich im gemeinschaftlichen Genuß der erhöheten Wirksamkeit ihres zärteren weiblichen Wesens wechselseitig zu beglücken; &#x2013; so bilden sie ein Paar, das in Vergleichung mit allen einzelnen Individuen ihres Geschlechts als eine vollständigere Person der nehmlichen weiblichen Art erscheint; und dieß ist wieder &#x2013; Freundschaft.</p>
          <p>Wenn hingegen der Mensch von stärkerem Wesen, der Mann, sich gegen einen Menschen von zärterem Wesen, das Weib, im Verhältnisse geschmeidiger Stärke
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0212] Drittes Kapitel. Freundschaft beruht auf Sympathie mit dem Gleichartigen; Geschlechtszärtlichkeit auf Geschlechtssympathie. Der wahre Unterschied zwischen Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit liegt meiner Ueberzeugung nach darin, daß jene die Sympathie mit dem Gleichartigen hauptsächlich zur Befriedigung liebender Affekte und einer zärtlichen Anhänglichkeit nutzt; diese hingegen die Geschlechtssympathie. Wenn ein Mensch, in dessen Wesen Stärke prädominiert, mit einem Menschen von gleichem Wesen, d. h. Mann mit Mann, ihre männlichen Naturen vereinigen, um sich durch den gemeinschaftlichen Genuß der erhöheten Wirksamkeit ihres stärkeren männlichen Wesens wechselseitig zu beglücken; – so bilden sie ein Paar, das in Vergleichung mit allen einzelnen Individuen ihres Geschlechts als eine vollständigere Person der nehmlichen männlichen Art erscheint; und dieß ist – Freundschaft. Wenn der Mensch, in dessen Wesen Zartheit prädominiert, mit dem Menschen von gleichem Wesen, Weib mit Weib, ihre weiblichen Naturen vereinigen, um sich im gemeinschaftlichen Genuß der erhöheten Wirksamkeit ihres zärteren weiblichen Wesens wechselseitig zu beglücken; – so bilden sie ein Paar, das in Vergleichung mit allen einzelnen Individuen ihres Geschlechts als eine vollständigere Person der nehmlichen weiblichen Art erscheint; und dieß ist wieder – Freundschaft. Wenn hingegen der Mensch von stärkerem Wesen, der Mann, sich gegen einen Menschen von zärterem Wesen, das Weib, im Verhältnisse geschmeidiger Stärke

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/212
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/212>, abgerufen am 21.12.2024.