Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Viertes Buch.


Von der Freundschaft und von der Geschlechtszärtlichkeit. *)


Erstes Kapitel.

Einleitung.

Ich darf es ohne Anmaßung behaupten: es hat uns niemand bis jetzt eine Erklärung von der Freundschaft gegeben, die dem Fehler der Unbestimmtheit auswiche, oder den Launen der Sprache des gemeinen Lebens begegnete, welche bald jede Einträchtigkeit bey vorübergehender Bekanntschaft, bald nur leidenschaftliche Aufopferung mit diesem Nahmen bezeichnet. Wenigstens hat man bis jetzt Freundschaft von Geschlechtszärtlichkeit nicht gehörig unterschieden. Man hat gesagt: Freundschaft sey ein schwächerer Grad der Liebe! Aber was heißt hier Liebe? und worin besteht ihre Stärke? Hat man nicht das Wort eines Freundes, der zu dem andern sprach: deine Liebe war mir mehr als Frauenliebe!

*) Philia, amicitia im engeren Sinne. Ob die Alten einen Begriff von der Geschlechtszärtlichkeit gehabt haben, das wird im dritten Theile dieses Werks untersucht werden. Einen besondern Nahmen scheinen sie wenigstens für das Verhältniß nicht gehabt zu haben.
Viertes Buch.


Von der Freundschaft und von der Geschlechtszärtlichkeit. *)


Erstes Kapitel.

Einleitung.

Ich darf es ohne Anmaßung behaupten: es hat uns niemand bis jetzt eine Erklärung von der Freundschaft gegeben, die dem Fehler der Unbestimmtheit auswiche, oder den Launen der Sprache des gemeinen Lebens begegnete, welche bald jede Einträchtigkeit bey vorübergehender Bekanntschaft, bald nur leidenschaftliche Aufopferung mit diesem Nahmen bezeichnet. Wenigstens hat man bis jetzt Freundschaft von Geschlechtszärtlichkeit nicht gehörig unterschieden. Man hat gesagt: Freundschaft sey ein schwächerer Grad der Liebe! Aber was heißt hier Liebe? und worin besteht ihre Stärke? Hat man nicht das Wort eines Freundes, der zu dem andern sprach: deine Liebe war mir mehr als Frauenliebe!

*) Φιλία, amicitia im engeren Sinne. Ob die Alten einen Begriff von der Geschlechtszärtlichkeit gehabt haben, das wird im dritten Theile dieses Werks untersucht werden. Einen besondern Nahmen scheinen sie wenigstens für das Verhältniß nicht gehabt zu haben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0208" n="208"/>
      <div n="1">
        <head>Viertes Buch.<lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <head>Von der Freundschaft und von der Geschlechtszärtlichkeit. <note place="foot" n="*)"><foreign xml:lang="grc">&#x03A6;&#x03B9;&#x03BB;&#x03AF;&#x03B1;</foreign>, <hi rendition="#aq">amicitia</hi> im engeren Sinne. Ob die Alten einen Begriff von der Geschlechtszärtlichkeit gehabt haben, das wird im dritten Theile dieses Werks untersucht werden. Einen besondern Nahmen scheinen sie wenigstens für das Verhältniß <hi rendition="#g">nicht</hi> gehabt zu haben.</note><lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head>Erstes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Einleitung.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Ich darf es ohne Anmaßung behaupten: es hat uns niemand bis jetzt eine Erklärung von der Freundschaft gegeben, die dem Fehler der Unbestimmtheit auswiche, oder den Launen der Sprache des gemeinen Lebens begegnete, welche bald jede Einträchtigkeit bey vorübergehender Bekanntschaft, bald nur leidenschaftliche Aufopferung mit diesem Nahmen bezeichnet. Wenigstens hat man bis jetzt Freundschaft von Geschlechtszärtlichkeit nicht gehörig unterschieden. Man hat gesagt: Freundschaft sey ein schwächerer Grad der Liebe! Aber was heißt hier Liebe? und worin besteht ihre Stärke? Hat man nicht das Wort eines Freundes, der zu dem andern sprach: deine Liebe war mir mehr als Frauenliebe!</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0208] Viertes Buch. Von der Freundschaft und von der Geschlechtszärtlichkeit. *) Erstes Kapitel. Einleitung. Ich darf es ohne Anmaßung behaupten: es hat uns niemand bis jetzt eine Erklärung von der Freundschaft gegeben, die dem Fehler der Unbestimmtheit auswiche, oder den Launen der Sprache des gemeinen Lebens begegnete, welche bald jede Einträchtigkeit bey vorübergehender Bekanntschaft, bald nur leidenschaftliche Aufopferung mit diesem Nahmen bezeichnet. Wenigstens hat man bis jetzt Freundschaft von Geschlechtszärtlichkeit nicht gehörig unterschieden. Man hat gesagt: Freundschaft sey ein schwächerer Grad der Liebe! Aber was heißt hier Liebe? und worin besteht ihre Stärke? Hat man nicht das Wort eines Freundes, der zu dem andern sprach: deine Liebe war mir mehr als Frauenliebe! *) Φιλία, amicitia im engeren Sinne. Ob die Alten einen Begriff von der Geschlechtszärtlichkeit gehabt haben, das wird im dritten Theile dieses Werks untersucht werden. Einen besondern Nahmen scheinen sie wenigstens für das Verhältniß nicht gehabt zu haben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/208
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/208>, abgerufen am 21.12.2024.