+ Aurora von Guido. Eine der berühm- testen Frescomahlereien in Rom.
Phöbus fährt in seinem Wagen unter Beglei- tung der tanzenden Horen. Der Morgenstern, un- ter dem Bilde eines lieblichen Knabens, fliegt vor- aus, und schwenkt die Fackel. Aber noch vor ihm schwebt Aurora, und streuet Rosen aus.
Dieser Gedanke ist schön, und sowohl in Rück- sicht auf die heiteren Ideen die er erweckt, als auf die lieblichen Stellungen und Formen, zu denen er Anlaß giebt, gleich vortheilhaft für die sichtbare Darstellung.
Unter den Köpfen scheinen die der Horen die rei- zendsten zu seyn. Sie haben den angenehmen Cha- rakter jugendlicher Frölichkeit. Die Gesichtsbil- dungen der Aurora und des Phöbus sind nicht bis zum Ideal gehoben. Die sitzende Stellung des letztern verhindert seine übrige Gestalt in aller ihrer Schönheit zu sehen. Hingegen sind die Körper der Aurora und der Horen sehr reizend in ihren abwech- selnden Formen und Stellungen. Die erste dieser Göttinnen schwebt mit unbeschreiblicher Leichtigkeit dahin, und mit eben dieser Leichtigkeit flattert der schöne Genius mit der Fackel. Kopfputz und Ge- wänder, vorzüglich die fliegenden, sind vortrefflich. Die Zeichnung ist fein: Das Colorit hingegen weder ganz wahr, noch sehr harmonisch. Der Grund, der eine Aussicht aufs Meer zeigt, ist zu blau ge- worden. Ueberhaupt hat dies Gemählde sehr gelitten.
Die
Pallaſt Roſpiglioſi.
In dem Caſino des Gartens.
Aurora von Guido.
† Aurora von Guido. Eine der beruͤhm- teſten Freſcomahlereien in Rom.
Phoͤbus faͤhrt in ſeinem Wagen unter Beglei- tung der tanzenden Horen. Der Morgenſtern, un- ter dem Bilde eines lieblichen Knabens, fliegt vor- aus, und ſchwenkt die Fackel. Aber noch vor ihm ſchwebt Aurora, und ſtreuet Roſen aus.
Dieſer Gedanke iſt ſchoͤn, und ſowohl in Ruͤck- ſicht auf die heiteren Ideen die er erweckt, als auf die lieblichen Stellungen und Formen, zu denen er Anlaß giebt, gleich vortheilhaft fuͤr die ſichtbare Darſtellung.
Unter den Koͤpfen ſcheinen die der Horen die rei- zendſten zu ſeyn. Sie haben den angenehmen Cha- rakter jugendlicher Froͤlichkeit. Die Geſichtsbil- dungen der Aurora und des Phoͤbus ſind nicht bis zum Ideal gehoben. Die ſitzende Stellung des letztern verhindert ſeine uͤbrige Geſtalt in aller ihrer Schoͤnheit zu ſehen. Hingegen ſind die Koͤrper der Aurora und der Horen ſehr reizend in ihren abwech- ſelnden Formen und Stellungen. Die erſte dieſer Goͤttinnen ſchwebt mit unbeſchreiblicher Leichtigkeit dahin, und mit eben dieſer Leichtigkeit flattert der ſchoͤne Genius mit der Fackel. Kopfputz und Ge- waͤnder, vorzuͤglich die fliegenden, ſind vortrefflich. Die Zeichnung iſt fein: Das Colorit hingegen weder ganz wahr, noch ſehr harmoniſch. Der Grund, der eine Ausſicht aufs Meer zeigt, iſt zu blau ge- worden. Ueberhaupt hat dies Gemaͤhlde ſehr gelitten.
Die
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0090"n="66"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Pallaſt Roſpiglioſi.</hi></fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b">In dem Caſino des Gartens.</hi></head><lb/><noteplace="left">Aurora von<lb/>
Guido.</note><p>†<hirendition="#fr">Aurora</hi> von <hirendition="#fr">Guido</hi>. Eine der beruͤhm-<lb/>
teſten Freſcomahlereien in Rom.</p><lb/><p>Phoͤbus faͤhrt in ſeinem Wagen unter Beglei-<lb/>
tung der tanzenden Horen. Der Morgenſtern, un-<lb/>
ter dem Bilde eines lieblichen Knabens, fliegt vor-<lb/>
aus, und ſchwenkt die Fackel. Aber noch vor ihm<lb/>ſchwebt Aurora, und ſtreuet Roſen aus.</p><lb/><p>Dieſer Gedanke iſt ſchoͤn, und ſowohl in Ruͤck-<lb/>ſicht auf die heiteren Ideen die er erweckt, als auf<lb/>
die lieblichen Stellungen und Formen, zu denen er<lb/>
Anlaß giebt, gleich vortheilhaft fuͤr die ſichtbare<lb/>
Darſtellung.</p><lb/><p>Unter den Koͤpfen ſcheinen die der Horen die rei-<lb/>
zendſten zu ſeyn. Sie haben den angenehmen Cha-<lb/>
rakter jugendlicher Froͤlichkeit. Die Geſichtsbil-<lb/>
dungen der Aurora und des Phoͤbus ſind nicht bis<lb/>
zum Ideal gehoben. Die ſitzende Stellung des<lb/>
letztern verhindert ſeine uͤbrige Geſtalt in aller ihrer<lb/>
Schoͤnheit zu ſehen. Hingegen ſind die Koͤrper der<lb/>
Aurora und der Horen ſehr reizend in ihren abwech-<lb/>ſelnden Formen und Stellungen. Die erſte dieſer<lb/>
Goͤttinnen ſchwebt mit unbeſchreiblicher Leichtigkeit<lb/>
dahin, und mit eben dieſer Leichtigkeit flattert der<lb/>ſchoͤne Genius mit der Fackel. Kopfputz und Ge-<lb/>
waͤnder, vorzuͤglich die fliegenden, ſind vortrefflich.<lb/>
Die Zeichnung iſt fein: Das Colorit hingegen weder<lb/>
ganz wahr, noch ſehr harmoniſch. Der Grund,<lb/>
der eine Ausſicht aufs Meer zeigt, iſt zu blau ge-<lb/>
worden. Ueberhaupt hat dies Gemaͤhlde ſehr gelitten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[66/0090]
Pallaſt Roſpiglioſi.
In dem Caſino des Gartens.
† Aurora von Guido. Eine der beruͤhm-
teſten Freſcomahlereien in Rom.
Phoͤbus faͤhrt in ſeinem Wagen unter Beglei-
tung der tanzenden Horen. Der Morgenſtern, un-
ter dem Bilde eines lieblichen Knabens, fliegt vor-
aus, und ſchwenkt die Fackel. Aber noch vor ihm
ſchwebt Aurora, und ſtreuet Roſen aus.
Dieſer Gedanke iſt ſchoͤn, und ſowohl in Ruͤck-
ſicht auf die heiteren Ideen die er erweckt, als auf
die lieblichen Stellungen und Formen, zu denen er
Anlaß giebt, gleich vortheilhaft fuͤr die ſichtbare
Darſtellung.
Unter den Koͤpfen ſcheinen die der Horen die rei-
zendſten zu ſeyn. Sie haben den angenehmen Cha-
rakter jugendlicher Froͤlichkeit. Die Geſichtsbil-
dungen der Aurora und des Phoͤbus ſind nicht bis
zum Ideal gehoben. Die ſitzende Stellung des
letztern verhindert ſeine uͤbrige Geſtalt in aller ihrer
Schoͤnheit zu ſehen. Hingegen ſind die Koͤrper der
Aurora und der Horen ſehr reizend in ihren abwech-
ſelnden Formen und Stellungen. Die erſte dieſer
Goͤttinnen ſchwebt mit unbeſchreiblicher Leichtigkeit
dahin, und mit eben dieſer Leichtigkeit flattert der
ſchoͤne Genius mit der Fackel. Kopfputz und Ge-
waͤnder, vorzuͤglich die fliegenden, ſind vortrefflich.
Die Zeichnung iſt fein: Das Colorit hingegen weder
ganz wahr, noch ſehr harmoniſch. Der Grund,
der eine Ausſicht aufs Meer zeigt, iſt zu blau ge-
worden. Ueberhaupt hat dies Gemaͤhlde ſehr gelitten.
Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/90>, abgerufen am 19.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.