Auf dem Hauptaltare ist die Assumption der Maria von Francesco Bassano gemahlt.
Die Anordnung hat viel vom Paolo Veronese. Die Gewänder sind gut, auch finde ich die Formen weniger unedel, als gewöhnlich gewählt; die Köpfe aber sind alle nach einem Modelle gebildet.
Capelle mit Mahlereien von Dome- nichino.
+ Die zweite Capelle rechter Hand ist wegen verschiedener Mahlereien des Domenichino be- rühmt.
Beim Eintritt, rechts, sieht man die heilige Cäcilia, welche ihre Kleider unter die Armen vertheilt. Die Anordnung ist schlecht. Die heil. Cäcilia steht so versteckt, daß man sie beinahe gar nicht sieht. Der Ausdruck ist niedrig, aber äußerst wahr. Jede Figur sagt das, was sie sagen soll; Schade nur, daß dies Gesagte nicht viel werth ist! Hin und wieder fällt der Ausdruck gar ins Niedrige: Zum Beispiel, der Jude, der von weitem den Preis, den er für ein Kleidungsstück bietet, mit den Fingern anzeigt; die Mutter, die ihrem Sohne ein Paar Ohr- seigen giebt, da er seinem Bruder ein Camisol weg- nehmen will; die Straßenjungen, die sich über ein Stück Zeug in den Haaren liegen. Inzwischen muß man immer die Kunst bewundern, mit der Domeni- chino die geheimsten Affekten der Seele durch die Be- wegung des Körpers dem Auge des Beschauers ver- ständlich zu machen gewußt hat.
Die
54) Hr. D. Volkmann S. 469. Titi S. 145. und 468.
Anmerkungen
KircheS. Luigi de’ Franceſi.54)
Auf dem Hauptaltare iſt die Aſſumption der Maria von Francesco Baſſano gemahlt.
Die Anordnung hat viel vom Paolo Veroneſe. Die Gewaͤnder ſind gut, auch finde ich die Formen weniger unedel, als gewoͤhnlich gewaͤhlt; die Koͤpfe aber ſind alle nach einem Modelle gebildet.
Capelle mit Mahlereien von Dome- nichino.
† Die zweite Capelle rechter Hand iſt wegen verſchiedener Mahlereien des Domenichino be- ruͤhmt.
Beim Eintritt, rechts, ſieht man die heilige Caͤcilia, welche ihre Kleider unter die Armen vertheilt. Die Anordnung iſt ſchlecht. Die heil. Caͤcilia ſteht ſo verſteckt, daß man ſie beinahe gar nicht ſieht. Der Ausdruck iſt niedrig, aber aͤußerſt wahr. Jede Figur ſagt das, was ſie ſagen ſoll; Schade nur, daß dies Geſagte nicht viel werth iſt! Hin und wieder faͤllt der Ausdruck gar ins Niedrige: Zum Beiſpiel, der Jude, der von weitem den Preis, den er fuͤr ein Kleidungsſtuͤck bietet, mit den Fingern anzeigt; die Mutter, die ihrem Sohne ein Paar Ohr- ſeigen giebt, da er ſeinem Bruder ein Camiſol weg- nehmen will; die Straßenjungen, die ſich uͤber ein Stuͤck Zeug in den Haaren liegen. Inzwiſchen muß man immer die Kunſt bewundern, mit der Domeni- chino die geheimſten Affekten der Seele durch die Be- wegung des Koͤrpers dem Auge des Beſchauers ver- ſtaͤndlich zu machen gewußt hat.
Die
54) Hr. D. Volkmann S. 469. Titi S. 145. und 468.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0316"n="292"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Anmerkungen</hi></fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Kirche</hi><hirendition="#aq">S. Luigi de’ Franceſi.</hi><noteplace="foot"n="54)">Hr. D. Volkmann S. 469. Titi S. 145. und<lb/>
468.</note></head><lb/><p><hirendition="#fr"><hirendition="#in">A</hi>uf dem Hauptaltare iſt die Aſſumption der<lb/>
Maria</hi> von <hirendition="#fr">Francesco Baſſano</hi> gemahlt.</p><lb/><p>Die Anordnung hat viel vom Paolo Veroneſe.<lb/>
Die Gewaͤnder ſind gut, auch finde ich die Formen<lb/>
weniger unedel, als gewoͤhnlich gewaͤhlt; die Koͤpfe<lb/>
aber ſind alle nach einem Modelle gebildet.</p><lb/><noteplace="left">Capelle mit<lb/>
Mahlereien<lb/>
von Dome-<lb/>
nichino.</note><p>†<hirendition="#fr">Die zweite Capelle rechter Hand</hi> iſt wegen<lb/>
verſchiedener <hirendition="#fr">Mahlereien des Domenichino</hi> be-<lb/>
ruͤhmt.</p><lb/><p>Beim Eintritt, rechts, ſieht man <hirendition="#fr">die heilige<lb/>
Caͤcilia, welche ihre Kleider unter die Armen<lb/>
vertheilt.</hi> Die Anordnung iſt ſchlecht. Die heil.<lb/>
Caͤcilia ſteht ſo verſteckt, daß man ſie beinahe gar<lb/>
nicht ſieht. Der Ausdruck iſt niedrig, aber aͤußerſt<lb/>
wahr. Jede Figur ſagt das, was ſie ſagen ſoll;<lb/>
Schade nur, daß dies Geſagte nicht viel werth iſt!<lb/>
Hin und wieder faͤllt der Ausdruck gar ins Niedrige:<lb/>
Zum Beiſpiel, der Jude, der von weitem den Preis,<lb/>
den er fuͤr ein Kleidungsſtuͤck bietet, mit den Fingern<lb/>
anzeigt; die Mutter, die ihrem Sohne ein Paar Ohr-<lb/>ſeigen giebt, da er ſeinem Bruder ein Camiſol weg-<lb/>
nehmen will; die Straßenjungen, die ſich uͤber ein<lb/>
Stuͤck Zeug in den Haaren liegen. Inzwiſchen muß<lb/>
man immer die Kunſt bewundern, mit der Domeni-<lb/>
chino die geheimſten Affekten der Seele durch die Be-<lb/>
wegung des Koͤrpers dem Auge des Beſchauers ver-<lb/>ſtaͤndlich zu machen gewußt hat.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[292/0316]
Anmerkungen
Kirche S. Luigi de’ Franceſi. 54)
Auf dem Hauptaltare iſt die Aſſumption der
Maria von Francesco Baſſano gemahlt.
Die Anordnung hat viel vom Paolo Veroneſe.
Die Gewaͤnder ſind gut, auch finde ich die Formen
weniger unedel, als gewoͤhnlich gewaͤhlt; die Koͤpfe
aber ſind alle nach einem Modelle gebildet.
† Die zweite Capelle rechter Hand iſt wegen
verſchiedener Mahlereien des Domenichino be-
ruͤhmt.
Beim Eintritt, rechts, ſieht man die heilige
Caͤcilia, welche ihre Kleider unter die Armen
vertheilt. Die Anordnung iſt ſchlecht. Die heil.
Caͤcilia ſteht ſo verſteckt, daß man ſie beinahe gar
nicht ſieht. Der Ausdruck iſt niedrig, aber aͤußerſt
wahr. Jede Figur ſagt das, was ſie ſagen ſoll;
Schade nur, daß dies Geſagte nicht viel werth iſt!
Hin und wieder faͤllt der Ausdruck gar ins Niedrige:
Zum Beiſpiel, der Jude, der von weitem den Preis,
den er fuͤr ein Kleidungsſtuͤck bietet, mit den Fingern
anzeigt; die Mutter, die ihrem Sohne ein Paar Ohr-
ſeigen giebt, da er ſeinem Bruder ein Camiſol weg-
nehmen will; die Straßenjungen, die ſich uͤber ein
Stuͤck Zeug in den Haaren liegen. Inzwiſchen muß
man immer die Kunſt bewundern, mit der Domeni-
chino die geheimſten Affekten der Seele durch die Be-
wegung des Koͤrpers dem Auge des Beſchauers ver-
ſtaͤndlich zu machen gewußt hat.
Die
54) Hr. D. Volkmann S. 469. Titi S. 145. und
468.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/316>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.