+ Capelle des Guido. Eins der weitläuftig- sten Werke dieses Meisters.
Stil des Guido Reni.
Guido Reni ward 1575 zu Bologna geboh- ren: Wäre Apelles dort und dazumals gebohren worden; ich glaube er würde wie Guido gemahlet haben.
Kein Mahler der Neueren hat so sehr wie er im Geiste der Alten gedacht, und die Grundsätze, die sie bei der Bildung der Schönheit beobachteten, auf die Darstellung der Natur seines Landes, auf die Vor- würfe die den Pinsel des Künstlers in neueren Zei- ten hauptsächlich beschäfftigen, anzuwenden gewußt: Mehr als jedem andern ist es ihm geglückt, die edle Gestalt, den einfachen Reiz, der aus der Ueberein- stimmung der Züge entsteht, mit einer hohen Bedeu- tung des Charakters, und einem erhabenen und wah- ren Ausdruck des Affekts zu vereinigen.
Allgemein gilt inzwischen dieses Zeugniß nicht. Seine Engel, seine Johannes haben nicht die unbe- fangene Holdseligkeit, den himmlischen Liebreiz, (Kin- der des Wohlstands, der Freiheit, und des Clima bei den Griechen,) die wir an einem Bacchus, oder einem Apollino bewundern: Seine David, seine Erzengel Michael, nicht den Ausdruck von Helden- größe, mit dem ein Apollo im Belvedere, ein Ajax unsere Seele faßt. Die Denkungsart seines Zeit-
alters,
Pallaſt Quirinale oder auchdel Monte Cavallo.
† Capelle des Guido. Eins der weitlaͤuftig- ſten Werke dieſes Meiſters.
Stil des Guido Reni.
Guido Reni ward 1575 zu Bologna geboh- ren: Waͤre Apelles dort und dazumals gebohren worden; ich glaube er wuͤrde wie Guido gemahlet haben.
Kein Mahler der Neueren hat ſo ſehr wie er im Geiſte der Alten gedacht, und die Grundſaͤtze, die ſie bei der Bildung der Schoͤnheit beobachteten, auf die Darſtellung der Natur ſeines Landes, auf die Vor- wuͤrfe die den Pinſel des Kuͤnſtlers in neueren Zei- ten hauptſaͤchlich beſchaͤfftigen, anzuwenden gewußt: Mehr als jedem andern iſt es ihm gegluͤckt, die edle Geſtalt, den einfachen Reiz, der aus der Ueberein- ſtimmung der Zuͤge entſteht, mit einer hohen Bedeu- tung des Charakters, und einem erhabenen und wah- ren Ausdruck des Affekts zu vereinigen.
Allgemein gilt inzwiſchen dieſes Zeugniß nicht. Seine Engel, ſeine Johannes haben nicht die unbe- fangene Holdſeligkeit, den himmliſchen Liebreiz, (Kin- der des Wohlſtands, der Freiheit, und des Clima bei den Griechen,) die wir an einem Bacchus, oder einem Apollino bewundern: Seine David, ſeine Erzengel Michael, nicht den Ausdruck von Helden- groͤße, mit dem ein Apollo im Belvedere, ein Ajax unſere Seele faßt. Die Denkungsart ſeines Zeit-
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Pallaſt Quirinale
oder auch del Monte Cavallo.
† Capelle des Guido. Eins der weitlaͤuftig-
ſten Werke dieſes Meiſters.
Guido Reni ward 1575 zu Bologna geboh-
ren: Waͤre Apelles dort und dazumals gebohren
worden; ich glaube er wuͤrde wie Guido gemahlet
haben.
Kein Mahler der Neueren hat ſo ſehr wie er im
Geiſte der Alten gedacht, und die Grundſaͤtze, die ſie
bei der Bildung der Schoͤnheit beobachteten, auf die
Darſtellung der Natur ſeines Landes, auf die Vor-
wuͤrfe die den Pinſel des Kuͤnſtlers in neueren Zei-
ten hauptſaͤchlich beſchaͤfftigen, anzuwenden gewußt:
Mehr als jedem andern iſt es ihm gegluͤckt, die edle
Geſtalt, den einfachen Reiz, der aus der Ueberein-
ſtimmung der Zuͤge entſteht, mit einer hohen Bedeu-
tung des Charakters, und einem erhabenen und wah-
ren Ausdruck des Affekts zu vereinigen.
Allgemein gilt inzwiſchen dieſes Zeugniß nicht.
Seine Engel, ſeine Johannes haben nicht die unbe-
fangene Holdſeligkeit, den himmliſchen Liebreiz, (Kin-
der des Wohlſtands, der Freiheit, und des Clima
bei den Griechen,) die wir an einem Bacchus, oder
einem Apollino bewundern: Seine David, ſeine
Erzengel Michael, nicht den Ausdruck von Helden-
groͤße, mit dem ein Apollo im Belvedere, ein Ajax
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/198>, abgerufen am 23.02.2025.
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