[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.Zweytes Buch. 1. Einem von meinen Lesern sind sieben mal sie- 2. Phänest (1) hat an einem feyerlichen Tage von (1) Kennen sie den Herrn V - - T - - nicht? J i 2
Zweytes Buch. 1. Einem von meinen Leſern ſind ſieben mal ſie- 2. Phaͤneſt (1) hat an einem feyerlichen Tage von (1) Kennen ſie den Herrn V ‒ ‒ T ‒ ‒ nicht? J i 2
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Zweytes Buch.
1.
Einem von meinen Leſern ſind ſieben mal ſie-
ben Wahrſagungen verdaͤchtig. So bald
er dieſen Titel zu Geſichte bekoͤmmt, ſo
bald faͤllt ihm das Spruͤchwort ein: daß Sie-
ben gemeiniglich die Zahl eines Luͤgners ſey; und
um deßwillen hat er ein ſchlechtes Vertrauen zu
dieſen Wahrſagungen, Sie irren ſich, mein
Freund; leſen ſie weiter: Es iſt auch fuͤr ſie eine
Wahrſagung darinnen. Sie werden geſtehen
muͤſſen, daß ich nicht luͤge, wenn ſie anders ſich
ſelbſt kennen.
2.
Phaͤneſt (1) hat an einem feyerlichen Tage
die Pracht und die Luſtbarkeiten des Hofs mit
angeſehen; dieſe Lebensart gefaͤllt ihm. Er ver-
ſetzt einen Theil ſeines vaͤterlichen Gutes, kauft
ſich reiche Kleider dafuͤr, und laͤßt ſich heute um
eilf Uhr zum erſtenmale bey Hofe ſehen. Man
bewundert ſeinen Verſtand, und ſeinen Rock;
man ſucht ſeine Freundſchaft; man erbietet ſich
zu allen moͤglichen Dienſten. Der unerfahrne
Phaͤneſt kennt die Sprache des Hofs noch nicht.
Er traͤumt ſchon von lauter hohen Ehrenſtellen,
von
(1) Kennen ſie den Herrn V ‒ ‒ T ‒ ‒ nicht?
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Zitationshilfe: | [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 499[497]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/521>, abgerufen am 22.02.2025. |