Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Satyrische Briefe.
werde sie wohl bey Jhrem Onkel sprechen.
Jch bin,

Liebe Frau Tochter,
Dein redlicher Vater.

N. S. Fritze soll sich zwey reiche Kleider machen
lassen, und neue Livrey für die Bedienten.
Wenn ich komme, daß alles fertig ist.
Lebe wohl.

Hochgebohrner Herr Oberster,
Hochgeehrtester Herr Bruder,

Die Schwierigkeiten, welche das Fräulein von
L - - - gefunden hat, mich ihrer Gegenlie-
be zu würdigen, vermindern die Hochachtung im
geringsten nicht, die ich gegen sie hege. Sie sind
ihrem Alter und ihrer Einsicht so anständig, daß
ich sie doppelt verehren muß. Hätte sie meinen
Wunsch erfüllt, so wäre ich gewiß der glücklichste
Mann geworden; ihr Glück aber würde immer
noch unvollkommen gewesen seyn, da mich meine
Jahre zu ernsthaft machen, ihre Liebe zu vergel-
ten. So ungerecht bin ich nicht, daß ich mein
Glück dem ihrigen vorziehen sollte. Der Herr
Bruder sind ein neuer Beweis, wie unschätzbar ein
vernünftiger Freund sey. Jch sehe meine Ueber-

eilung

Satyriſche Briefe.
werde ſie wohl bey Jhrem Onkel ſprechen.
Jch bin,

Liebe Frau Tochter,
Dein redlicher Vater.

N. S. Fritze ſoll ſich zwey reiche Kleider machen
laſſen, und neue Livrey fuͤr die Bedienten.
Wenn ich komme, daß alles fertig iſt.
Lebe wohl.

Hochgebohrner Herr Oberſter,
Hochgeehrteſter Herr Bruder,

Die Schwierigkeiten, welche das Fraͤulein von
L ‒ ‒ ‒ gefunden hat, mich ihrer Gegenlie-
be zu wuͤrdigen, vermindern die Hochachtung im
geringſten nicht, die ich gegen ſie hege. Sie ſind
ihrem Alter und ihrer Einſicht ſo anſtaͤndig, daß
ich ſie doppelt verehren muß. Haͤtte ſie meinen
Wunſch erfuͤllt, ſo waͤre ich gewiß der gluͤcklichſte
Mann geworden; ihr Gluͤck aber wuͤrde immer
noch unvollkommen geweſen ſeyn, da mich meine
Jahre zu ernſthaft machen, ihre Liebe zu vergel-
ten. So ungerecht bin ich nicht, daß ich mein
Gluͤck dem ihrigen vorziehen ſollte. Der Herr
Bruder ſind ein neuer Beweis, wie unſchaͤtzbar ein
vernuͤnftiger Freund ſey. Jch ſehe meine Ueber-

eilung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <p><pb facs="#f0348" n="320"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe.</hi></fw><lb/>
werde &#x017F;ie wohl bey Jhrem Onkel &#x017F;prechen.<lb/>
Jch bin,</p><lb/>
              <closer>
                <salute> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Liebe Frau Tochter,</hi><lb/>
Dein redlicher Vater.</hi> </salute>
              </closer><lb/>
              <postscript>
                <p>N. S. Fritze &#x017F;oll &#x017F;ich zwey reiche Kleider machen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, und neue Livrey fu&#x0364;r die Bedienten.<lb/>
Wenn ich komme, daß alles fertig i&#x017F;t.<lb/>
Lebe wohl.</p>
              </postscript>
            </div><lb/>
            <div type="letter">
              <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Hochgebohrner Herr Ober&#x017F;ter,<lb/>
Hochgeehrte&#x017F;ter Herr Bruder,</hi> </hi> </salute><lb/>
              <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Schwierigkeiten, welche das Fra&#x0364;ulein von<lb/>
L &#x2012; &#x2012; &#x2012; gefunden hat, mich ihrer Gegenlie-<lb/>
be zu wu&#x0364;rdigen, vermindern die Hochachtung im<lb/>
gering&#x017F;ten nicht, die ich gegen &#x017F;ie hege. Sie &#x017F;ind<lb/>
ihrem Alter und ihrer Ein&#x017F;icht &#x017F;o an&#x017F;ta&#x0364;ndig, daß<lb/>
ich &#x017F;ie doppelt verehren muß. Ha&#x0364;tte &#x017F;ie meinen<lb/>
Wun&#x017F;ch erfu&#x0364;llt, &#x017F;o wa&#x0364;re ich gewiß der glu&#x0364;cklich&#x017F;te<lb/>
Mann geworden; ihr Glu&#x0364;ck aber wu&#x0364;rde immer<lb/>
noch unvollkommen gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, da mich meine<lb/>
Jahre zu ern&#x017F;thaft machen, ihre Liebe zu vergel-<lb/>
ten. So ungerecht bin ich nicht, daß ich mein<lb/>
Glu&#x0364;ck dem ihrigen vorziehen &#x017F;ollte. Der Herr<lb/>
Bruder &#x017F;ind ein neuer Beweis, wie un&#x017F;cha&#x0364;tzbar ein<lb/>
vernu&#x0364;nftiger Freund &#x017F;ey. Jch &#x017F;ehe meine Ueber-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eilung</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0348] Satyriſche Briefe. werde ſie wohl bey Jhrem Onkel ſprechen. Jch bin, Liebe Frau Tochter, Dein redlicher Vater. N. S. Fritze ſoll ſich zwey reiche Kleider machen laſſen, und neue Livrey fuͤr die Bedienten. Wenn ich komme, daß alles fertig iſt. Lebe wohl. Hochgebohrner Herr Oberſter, Hochgeehrteſter Herr Bruder, Die Schwierigkeiten, welche das Fraͤulein von L ‒ ‒ ‒ gefunden hat, mich ihrer Gegenlie- be zu wuͤrdigen, vermindern die Hochachtung im geringſten nicht, die ich gegen ſie hege. Sie ſind ihrem Alter und ihrer Einſicht ſo anſtaͤndig, daß ich ſie doppelt verehren muß. Haͤtte ſie meinen Wunſch erfuͤllt, ſo waͤre ich gewiß der gluͤcklichſte Mann geworden; ihr Gluͤck aber wuͤrde immer noch unvollkommen geweſen ſeyn, da mich meine Jahre zu ernſthaft machen, ihre Liebe zu vergel- ten. So ungerecht bin ich nicht, daß ich mein Gluͤck dem ihrigen vorziehen ſollte. Der Herr Bruder ſind ein neuer Beweis, wie unſchaͤtzbar ein vernuͤnftiger Freund ſey. Jch ſehe meine Ueber- eilung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/348
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/348>, abgerufen am 20.11.2024.