Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite
Satyrische Briefe.
Gnädiger Herr,

Da Ew. Gnd. die Mine einer Excellenz ma-
chen, und um deswillen nöthig finden, bey
der übrigen Equipage auch einen Sekretär mit zu
halten: so wünschte ich mir wohl, diese Stelle zu
erlangen. Jch weiß, daß ich dabey weiter nichts
zu thun habe, als der gnädigen Frau ihre Wäsch-
zeddel abzuschreiben, den Verwalter einen Esel zu
heißen, und den Schuldleuten auf ihre Mahnbrie-
fe in den gnädigsten und freundlichsten Ausdrü-
ckungen zu sagen, daß sie nicht bezahlt werden sol-
len. Jch glaube daher, Geschicklichkeit genug zu
haben, diesem Amte vorzustehn, und ich will, mit
Hülfe einer reichen Weste, in dem Vorzimmer so
wichtig thun, daß man glauben soll, Ew. Gna-
den arbeiteten in Jhrem Cabinette am allgemeinen
Frieden. Da ich weiß, Gnädiger Herr, daß
Sie zuweilen ein wenig hitzig sind: so will ich ver-
sprechen, es mit aller Geduld auszuhalten, wenn
Sie mir erlauben wollen, daß ich zu meiner
Schadloshaltung, so oft Sie in Jhrem Zimmer
gegen mich hitzig sind, im Vorzimmer gegen die-
jenigen grob seyn darf, die weniger sind, als ich,
oder die bey Ew. Gnaden etwas zu suchen haben.
Sie werden kein Bedenken finden, mir dieses zu
erlauben, da es in den meisten Vorzimmern der
kleinen Potentaten, wie Ew. Gnaden sind, Mo-
de ist. Um den Gehalt werden wir uns verglei-

chen.
Satyriſche Briefe.
Gnaͤdiger Herr,

Da Ew. Gnd. die Mine einer Excellenz ma-
chen, und um deswillen noͤthig finden, bey
der uͤbrigen Equipage auch einen Sekretaͤr mit zu
halten: ſo wuͤnſchte ich mir wohl, dieſe Stelle zu
erlangen. Jch weiß, daß ich dabey weiter nichts
zu thun habe, als der gnaͤdigen Frau ihre Waͤſch-
zeddel abzuſchreiben, den Verwalter einen Eſel zu
heißen, und den Schuldleuten auf ihre Mahnbrie-
fe in den gnaͤdigſten und freundlichſten Ausdruͤ-
ckungen zu ſagen, daß ſie nicht bezahlt werden ſol-
len. Jch glaube daher, Geſchicklichkeit genug zu
haben, dieſem Amte vorzuſtehn, und ich will, mit
Huͤlfe einer reichen Weſte, in dem Vorzimmer ſo
wichtig thun, daß man glauben ſoll, Ew. Gna-
den arbeiteten in Jhrem Cabinette am allgemeinen
Frieden. Da ich weiß, Gnaͤdiger Herr, daß
Sie zuweilen ein wenig hitzig ſind: ſo will ich ver-
ſprechen, es mit aller Geduld auszuhalten, wenn
Sie mir erlauben wollen, daß ich zu meiner
Schadloshaltung, ſo oft Sie in Jhrem Zimmer
gegen mich hitzig ſind, im Vorzimmer gegen die-
jenigen grob ſeyn darf, die weniger ſind, als ich,
oder die bey Ew. Gnaden etwas zu ſuchen haben.
Sie werden kein Bedenken finden, mir dieſes zu
erlauben, da es in den meiſten Vorzimmern der
kleinen Potentaten, wie Ew. Gnaden ſind, Mo-
de iſt. Um den Gehalt werden wir uns verglei-

chen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <pb facs="#f0206" n="178"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe.</hi> </fw><lb/>
            <div type="letter">
              <salute> <hi rendition="#fr">Gna&#x0364;diger Herr,</hi> </salute><lb/>
              <p><hi rendition="#in">D</hi>a Ew. Gnd. die Mine einer Excellenz ma-<lb/>
chen, und um deswillen no&#x0364;thig finden, bey<lb/>
der u&#x0364;brigen Equipage auch einen Sekreta&#x0364;r mit zu<lb/>
halten: &#x017F;o wu&#x0364;n&#x017F;chte ich mir wohl, die&#x017F;e Stelle zu<lb/>
erlangen. Jch weiß, daß ich dabey weiter nichts<lb/>
zu thun habe, als der gna&#x0364;digen Frau ihre Wa&#x0364;&#x017F;ch-<lb/>
zeddel abzu&#x017F;chreiben, den Verwalter einen E&#x017F;el zu<lb/>
heißen, und den Schuldleuten auf ihre Mahnbrie-<lb/>
fe in den gna&#x0364;dig&#x017F;ten und freundlich&#x017F;ten Ausdru&#x0364;-<lb/>
ckungen zu &#x017F;agen, daß &#x017F;ie nicht bezahlt werden &#x017F;ol-<lb/>
len. Jch glaube daher, Ge&#x017F;chicklichkeit genug zu<lb/>
haben, die&#x017F;em Amte vorzu&#x017F;tehn, und ich will, mit<lb/>
Hu&#x0364;lfe einer reichen We&#x017F;te, in dem Vorzimmer &#x017F;o<lb/>
wichtig thun, daß man glauben &#x017F;oll, Ew. Gna-<lb/>
den arbeiteten in Jhrem Cabinette am allgemeinen<lb/>
Frieden. Da ich weiß, Gna&#x0364;diger Herr, daß<lb/>
Sie zuweilen ein wenig hitzig &#x017F;ind: &#x017F;o will ich ver-<lb/>
&#x017F;prechen, es mit aller Geduld auszuhalten, wenn<lb/>
Sie mir erlauben wollen, daß ich zu meiner<lb/>
Schadloshaltung, &#x017F;o oft Sie in Jhrem Zimmer<lb/>
gegen mich hitzig &#x017F;ind, im Vorzimmer gegen die-<lb/>
jenigen grob &#x017F;eyn darf, die weniger &#x017F;ind, als ich,<lb/>
oder die bey Ew. Gnaden etwas zu &#x017F;uchen haben.<lb/>
Sie werden kein Bedenken finden, mir die&#x017F;es zu<lb/>
erlauben, da es in den mei&#x017F;ten Vorzimmern der<lb/>
kleinen Potentaten, wie Ew. Gnaden &#x017F;ind, Mo-<lb/>
de i&#x017F;t. Um den Gehalt werden wir uns verglei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chen.</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0206] Satyriſche Briefe. Gnaͤdiger Herr, Da Ew. Gnd. die Mine einer Excellenz ma- chen, und um deswillen noͤthig finden, bey der uͤbrigen Equipage auch einen Sekretaͤr mit zu halten: ſo wuͤnſchte ich mir wohl, dieſe Stelle zu erlangen. Jch weiß, daß ich dabey weiter nichts zu thun habe, als der gnaͤdigen Frau ihre Waͤſch- zeddel abzuſchreiben, den Verwalter einen Eſel zu heißen, und den Schuldleuten auf ihre Mahnbrie- fe in den gnaͤdigſten und freundlichſten Ausdruͤ- ckungen zu ſagen, daß ſie nicht bezahlt werden ſol- len. Jch glaube daher, Geſchicklichkeit genug zu haben, dieſem Amte vorzuſtehn, und ich will, mit Huͤlfe einer reichen Weſte, in dem Vorzimmer ſo wichtig thun, daß man glauben ſoll, Ew. Gna- den arbeiteten in Jhrem Cabinette am allgemeinen Frieden. Da ich weiß, Gnaͤdiger Herr, daß Sie zuweilen ein wenig hitzig ſind: ſo will ich ver- ſprechen, es mit aller Geduld auszuhalten, wenn Sie mir erlauben wollen, daß ich zu meiner Schadloshaltung, ſo oft Sie in Jhrem Zimmer gegen mich hitzig ſind, im Vorzimmer gegen die- jenigen grob ſeyn darf, die weniger ſind, als ich, oder die bey Ew. Gnaden etwas zu ſuchen haben. Sie werden kein Bedenken finden, mir dieſes zu erlauben, da es in den meiſten Vorzimmern der kleinen Potentaten, wie Ew. Gnaden ſind, Mo- de iſt. Um den Gehalt werden wir uns verglei- chen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/206
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/206>, abgerufen am 20.11.2024.