Es ist ein Misverständniß von meinem Verwal- ter gewesen, daß er Jhnen im vorigen Herbste nicht mehr, als eine Klafter Holz, ausgezeichnet hat. Hier sende ich deren noch viere. Ueber den Preis wollen wir uns auf die Ostermesse vereinigen. Jch bin ohnedem noch Jhr großer Schuldner; aber ich werde auf Mittel denken, es nicht länger zu bleiben. Wird denn meine Sache bald zum Berichte reif seyn? Jch wünsche sehr, daß ich endlich aus dem bösen Handel kommen möge. Mein einziger Trost ist noch dieser, daß ich mit ei- nem ehrlichen Manne zu thun habe, der ein un- partheyischer Richter, und mein Freund ist - - -
a propos! ich lasse sechs Mitteleichen fällen. Jch habe sie der Frau Liebste zu Jhrem neuen Gar- tenhause versprochen. Aber dafür behalte ich mir die Erlaubniß vor, auf Johanne einen frischen Hering darinne zu essen, wenn es fertig seyn wird. Sie sehn, daß ich nichts umsonst thue. Den Braten bringe ich selbst mit, und für Wein mag meine Frau sorgen. Jch bin mit der alten deut- schen Redlichkeit,
Mein Herr, Jhr guter Freund und Diener - - - -
"Jch
F 5
Satyriſche Briefe.
Mein Herr,
Es iſt ein Misverſtaͤndniß von meinem Verwal- ter geweſen, daß er Jhnen im vorigen Herbſte nicht mehr, als eine Klafter Holz, ausgezeichnet hat. Hier ſende ich deren noch viere. Ueber den Preis wollen wir uns auf die Oſtermeſſe vereinigen. Jch bin ohnedem noch Jhr großer Schuldner; aber ich werde auf Mittel denken, es nicht laͤnger zu bleiben. Wird denn meine Sache bald zum Berichte reif ſeyn? Jch wuͤnſche ſehr, daß ich endlich aus dem boͤſen Handel kommen moͤge. Mein einziger Troſt iſt noch dieſer, daß ich mit ei- nem ehrlichen Manne zu thun habe, der ein un- partheyiſcher Richter, und mein Freund iſt ‒ ‒ ‒
à propos! ich laſſe ſechs Mitteleichen faͤllen. Jch habe ſie der Frau Liebſte zu Jhrem neuen Gar- tenhauſe verſprochen. Aber dafuͤr behalte ich mir die Erlaubniß vor, auf Johanne einen friſchen Hering darinne zu eſſen, wenn es fertig ſeyn wird. Sie ſehn, daß ich nichts umſonſt thue. Den Braten bringe ich ſelbſt mit, und fuͤr Wein mag meine Frau ſorgen. Jch bin mit der alten deut- ſchen Redlichkeit,
Mein Herr, Jhr guter Freund und Diener ‒ ‒ ‒ ‒
„Jch
F 5
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0117"n="89"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Satyriſche Briefe.</hi></fw><lb/><floatingText><body><divtype="letter"><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Mein Herr,</hi></hi></salute><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>s iſt ein Misverſtaͤndniß von meinem Verwal-<lb/>
ter geweſen, daß er Jhnen im vorigen Herbſte<lb/>
nicht mehr, als eine Klafter Holz, ausgezeichnet hat.<lb/>
Hier ſende ich deren noch viere. Ueber den Preis<lb/>
wollen wir uns auf die Oſtermeſſe vereinigen.<lb/>
Jch bin ohnedem noch Jhr großer Schuldner;<lb/>
aber ich werde auf Mittel denken, es nicht laͤnger<lb/>
zu bleiben. Wird denn meine Sache bald zum<lb/>
Berichte reif ſeyn? Jch wuͤnſche ſehr, daß ich<lb/>
endlich aus dem boͤſen Handel kommen moͤge.<lb/>
Mein einziger Troſt iſt noch dieſer, daß ich mit ei-<lb/>
nem ehrlichen Manne zu thun habe, der ein un-<lb/>
partheyiſcher Richter, und mein Freund iſt ‒‒‒</p><lb/><p><hirendition="#aq">à propos!</hi> ich laſſe ſechs Mitteleichen faͤllen.<lb/>
Jch habe ſie der Frau Liebſte zu Jhrem neuen Gar-<lb/>
tenhauſe verſprochen. Aber dafuͤr behalte ich mir<lb/>
die Erlaubniß vor, auf Johanne einen friſchen<lb/>
Hering darinne zu eſſen, wenn es fertig ſeyn wird.<lb/>
Sie ſehn, daß ich nichts umſonſt thue. Den<lb/>
Braten bringe ich ſelbſt mit, und fuͤr Wein mag<lb/>
meine Frau ſorgen. Jch bin mit der alten deut-<lb/>ſchen Redlichkeit,</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Mein Herr,</hi><lb/>
Jhr guter Freund und Diener<lb/>‒‒‒‒</hi></salute></closer></div></body></floatingText><lb/><fwplace="bottom"type="sig">F 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">„Jch</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[89/0117]
Satyriſche Briefe.
Mein Herr,
Es iſt ein Misverſtaͤndniß von meinem Verwal-
ter geweſen, daß er Jhnen im vorigen Herbſte
nicht mehr, als eine Klafter Holz, ausgezeichnet hat.
Hier ſende ich deren noch viere. Ueber den Preis
wollen wir uns auf die Oſtermeſſe vereinigen.
Jch bin ohnedem noch Jhr großer Schuldner;
aber ich werde auf Mittel denken, es nicht laͤnger
zu bleiben. Wird denn meine Sache bald zum
Berichte reif ſeyn? Jch wuͤnſche ſehr, daß ich
endlich aus dem boͤſen Handel kommen moͤge.
Mein einziger Troſt iſt noch dieſer, daß ich mit ei-
nem ehrlichen Manne zu thun habe, der ein un-
partheyiſcher Richter, und mein Freund iſt ‒ ‒ ‒
à propos! ich laſſe ſechs Mitteleichen faͤllen.
Jch habe ſie der Frau Liebſte zu Jhrem neuen Gar-
tenhauſe verſprochen. Aber dafuͤr behalte ich mir
die Erlaubniß vor, auf Johanne einen friſchen
Hering darinne zu eſſen, wenn es fertig ſeyn wird.
Sie ſehn, daß ich nichts umſonſt thue. Den
Braten bringe ich ſelbſt mit, und fuͤr Wein mag
meine Frau ſorgen. Jch bin mit der alten deut-
ſchen Redlichkeit,
Mein Herr,
Jhr guter Freund und Diener
‒ ‒ ‒ ‒
„Jch
F 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/117>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.