Jch nehme mir itzt vor, eine Sache auszuführen, welche so schwer und tiefsinnig ist, daß ich von meinen Lesern noch etwas mehr, als eine ge- wöhnliche Aufmerksamkeit verlange. Ein einziges Wort, welches sie unachtsam übersehen, kann machen, daß ihnen eine ganze Reihe von Wahrheiten dunkel, und unbegreiflich vorkömmt. Um deswillen halte ich für billig, einige der schwersten Sätze vorher zu erklä- ren, und verschiedne der wichtigsten Begriffe aus ein- ander zu wickeln, damit ich nicht das geringste verab- säume, wodurch ich mich um meine Leser verdient ma- chen kann. Die Gelehrten, welche im Denken geübt sind, wie ich, werden dieser Einleitung freylich nicht nöthig haben, ich erwarte also den Dank für diese Be- mühung nur von dem schönen Theile meiner Leser. Bloß diesem zu gefallen, werde ich zwar bündig, aber doch deutlich, und mit einem Worte, so schreiben, wie verschiedne unsrer Philosophen zu thun pflegen, wenn sie den Eingang zu einer Abhandlung machen, welche vielmals bey weiten so wichtig nicht ist, als die meinige.
"Jch nehme dieses, als einen Heischesatz, an, daß "die Vorstellungskraft der Seele sich nach der Lage "der Körper richtet. Es gründet sich dieses auf die "vorherbestimmte Uebereinstimmung von Leib und "Seele. Zu mehrerm Beweise könnte ich den Satz "des nicht zu unterscheidenden anführen, wann nicht
"bereits
Abhandlung von Buchdruckerſtoͤcken.
Jch nehme mir itzt vor, eine Sache auszufuͤhren, welche ſo ſchwer und tiefſinnig iſt, daß ich von meinen Leſern noch etwas mehr, als eine ge- woͤhnliche Aufmerkſamkeit verlange. Ein einziges Wort, welches ſie unachtſam uͤberſehen, kann machen, daß ihnen eine ganze Reihe von Wahrheiten dunkel, und unbegreiflich vorkoͤmmt. Um deswillen halte ich fuͤr billig, einige der ſchwerſten Saͤtze vorher zu erklaͤ- ren, und verſchiedne der wichtigſten Begriffe aus ein- ander zu wickeln, damit ich nicht das geringſte verab- ſaͤume, wodurch ich mich um meine Leſer verdient ma- chen kann. Die Gelehrten, welche im Denken geuͤbt ſind, wie ich, werden dieſer Einleitung freylich nicht noͤthig haben, ich erwarte alſo den Dank fuͤr dieſe Be- muͤhung nur von dem ſchoͤnen Theile meiner Leſer. Bloß dieſem zu gefallen, werde ich zwar buͤndig, aber doch deutlich, und mit einem Worte, ſo ſchreiben, wie verſchiedne unſrer Philoſophen zu thun pflegen, wenn ſie den Eingang zu einer Abhandlung machen, welche vielmals bey weiten ſo wichtig nicht iſt, als die meinige.
„Jch nehme dieſes, als einen Heiſcheſatz, an, daß „die Vorſtellungskraft der Seele ſich nach der Lage „der Koͤrper richtet. Es gruͤndet ſich dieſes auf die „vorherbeſtimmte Uebereinſtimmung von Leib und „Seele. Zu mehrerm Beweiſe koͤnnte ich den Satz „des nicht zu unterſcheidenden anfuͤhren, wann nicht
„bereits
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Abhandlung
von Buchdruckerſtoͤcken.
Jch nehme mir itzt vor, eine Sache auszufuͤhren,
welche ſo ſchwer und tiefſinnig iſt, daß ich von
meinen Leſern noch etwas mehr, als eine ge-
woͤhnliche Aufmerkſamkeit verlange. Ein einziges
Wort, welches ſie unachtſam uͤberſehen, kann machen,
daß ihnen eine ganze Reihe von Wahrheiten dunkel,
und unbegreiflich vorkoͤmmt. Um deswillen halte ich
fuͤr billig, einige der ſchwerſten Saͤtze vorher zu erklaͤ-
ren, und verſchiedne der wichtigſten Begriffe aus ein-
ander zu wickeln, damit ich nicht das geringſte verab-
ſaͤume, wodurch ich mich um meine Leſer verdient ma-
chen kann. Die Gelehrten, welche im Denken geuͤbt
ſind, wie ich, werden dieſer Einleitung freylich nicht
noͤthig haben, ich erwarte alſo den Dank fuͤr dieſe Be-
muͤhung nur von dem ſchoͤnen Theile meiner Leſer.
Bloß dieſem zu gefallen, werde ich zwar buͤndig, aber
doch deutlich, und mit einem Worte, ſo ſchreiben, wie
verſchiedne unſrer Philoſophen zu thun pflegen, wenn
ſie den Eingang zu einer Abhandlung machen, welche
vielmals bey weiten ſo wichtig nicht iſt, als die meinige.
„Jch nehme dieſes, als einen Heiſcheſatz, an, daß
„die Vorſtellungskraft der Seele ſich nach der Lage
„der Koͤrper richtet. Es gruͤndet ſich dieſes auf die
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„Seele. Zu mehrerm Beweiſe koͤnnte ich den Satz
„des nicht zu unterſcheidenden anfuͤhren, wann nicht
„bereits
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/79>, abgerufen am 22.02.2025.
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