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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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Gedanken des Autors
spatzierte, um aus den Gesichtsbildungen die Gemü-
ther der Menschen zu untersuchen, so begegnete mir
eine ungemein artige Person, welche sich vor den an-
dern allen unterschied. Der Herr hatte den linken
Arm in die Seite gestemmt, und sah sehr ernsthaft
aus. Zuweilen lachte er auch, und schien sehr zufrie-
den mit sich selbst zu seyn. Er redete mit dem Mun-
de und den Händen, ob er gleich ganz allein war; er
drehte den Hut in die Runde, und als er bey mir
vorbey gieng, wäre er aus Tiefsinnigkeit beynahe
hingestolpert. Jch bin von Stunde an in ihm ver-
liebt geworden. Waren Sie es, allerliebster Herr
Autor? Jch bin eben nicht häßlich, und habe ein
ziemliches Vermögen, daß ich Sie daher mit Dinte,
Federn und Papier wohl versorgen wollte. Jch ster-
be vor Ungeduld, ehe ich Nachricht erhalte. Jch bin

Allerschönster Herr Autor,
Jhre demüthige Dienerinn,
Elisabeth Contusch.

N. S. Da ich unter meiner eignen Gewalt und
Aufsicht stehe: So mag ich, ob ich gleich schon Do-
ctorinn und Licenciatinn heißen könnte, doch keinen
andern, als den Autor, heirathen. Jch lasse mir alle
Morgen, bey dem Nachttische, wenn ich mir die Haa-
re, und das Gesicht zurichte, ein Stück von Jhren
Schriften vorlesen, welche ordentlich hinter dem
Spiegel liegen. Es ist, als wenn ich mir noch ein-
mal so gut gefiele, wenn ich Sie ablesen höre. Wo
ich mich erinnere, so hatte der Herr ein rund Gesicht,
mit einer breiten Stirne.

Es

Gedanken des Autors
ſpatzierte, um aus den Geſichtsbildungen die Gemuͤ-
ther der Menſchen zu unterſuchen, ſo begegnete mir
eine ungemein artige Perſon, welche ſich vor den an-
dern allen unterſchied. Der Herr hatte den linken
Arm in die Seite geſtemmt, und ſah ſehr ernſthaft
aus. Zuweilen lachte er auch, und ſchien ſehr zufrie-
den mit ſich ſelbſt zu ſeyn. Er redete mit dem Mun-
de und den Haͤnden, ob er gleich ganz allein war; er
drehte den Hut in die Runde, und als er bey mir
vorbey gieng, waͤre er aus Tiefſinnigkeit beynahe
hingeſtolpert. Jch bin von Stunde an in ihm ver-
liebt geworden. Waren Sie es, allerliebſter Herr
Autor? Jch bin eben nicht haͤßlich, und habe ein
ziemliches Vermoͤgen, daß ich Sie daher mit Dinte,
Federn und Papier wohl verſorgen wollte. Jch ſter-
be vor Ungeduld, ehe ich Nachricht erhalte. Jch bin

Allerſchoͤnſter Herr Autor,
Jhre demuͤthige Dienerinn,
Eliſabeth Contuſch.

N. S. Da ich unter meiner eignen Gewalt und
Aufſicht ſtehe: So mag ich, ob ich gleich ſchon Do-
ctorinn und Licenciatinn heißen koͤnnte, doch keinen
andern, als den Autor, heirathen. Jch laſſe mir alle
Morgen, bey dem Nachttiſche, wenn ich mir die Haa-
re, und das Geſicht zurichte, ein Stuͤck von Jhren
Schriften vorleſen, welche ordentlich hinter dem
Spiegel liegen. Es iſt, als wenn ich mir noch ein-
mal ſo gut gefiele, wenn ich Sie ableſen hoͤre. Wo
ich mich erinnere, ſo hatte der Herr ein rund Geſicht,
mit einer breiten Stirne.

Es
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[206/0280] Gedanken des Autors ſpatzierte, um aus den Geſichtsbildungen die Gemuͤ- ther der Menſchen zu unterſuchen, ſo begegnete mir eine ungemein artige Perſon, welche ſich vor den an- dern allen unterſchied. Der Herr hatte den linken Arm in die Seite geſtemmt, und ſah ſehr ernſthaft aus. Zuweilen lachte er auch, und ſchien ſehr zufrie- den mit ſich ſelbſt zu ſeyn. Er redete mit dem Mun- de und den Haͤnden, ob er gleich ganz allein war; er drehte den Hut in die Runde, und als er bey mir vorbey gieng, waͤre er aus Tiefſinnigkeit beynahe hingeſtolpert. Jch bin von Stunde an in ihm ver- liebt geworden. Waren Sie es, allerliebſter Herr Autor? Jch bin eben nicht haͤßlich, und habe ein ziemliches Vermoͤgen, daß ich Sie daher mit Dinte, Federn und Papier wohl verſorgen wollte. Jch ſter- be vor Ungeduld, ehe ich Nachricht erhalte. Jch bin Allerſchoͤnſter Herr Autor, Jhre demuͤthige Dienerinn, Eliſabeth Contuſch. N. S. Da ich unter meiner eignen Gewalt und Aufſicht ſtehe: So mag ich, ob ich gleich ſchon Do- ctorinn und Licenciatinn heißen koͤnnte, doch keinen andern, als den Autor, heirathen. Jch laſſe mir alle Morgen, bey dem Nachttiſche, wenn ich mir die Haa- re, und das Geſicht zurichte, ein Stuͤck von Jhren Schriften vorleſen, welche ordentlich hinter dem Spiegel liegen. Es iſt, als wenn ich mir noch ein- mal ſo gut gefiele, wenn ich Sie ableſen hoͤre. Wo ich mich erinnere, ſo hatte der Herr ein rund Geſicht, mit einer breiten Stirne. Es

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/280>, abgerufen am 30.12.2024.