Nachricht von einer Gesellschaft geplagter Männer.
Mein Herr,
Sie werden sich der Gefälligkeit noch wohl erin- nern, welche Sie gegen diejenige erkenntliche Wittwe gehabt haben, die sich einbildete, sie könnte ihre jungfräulichen Zungensünden nicht schär- fer büßen, als wenn sie eine Lobschrift auf die bösen Männer verfertigte. Jch fodre itzt, im Namen unsers Geschlechts, eine gleiche Willfährigkeit von Jhnen, und ersuche Sie, beyliegende Trauerrede, die ich, auf den Tod meiner Frau, in der Gesellschaft der geplag- ten Männer gehalten habe, bekannt zu machen. Es würde dem männlichen Geschlechte nachtheilig seyn, wenn es von dem weiblichen an Großmuth übertrof- fen werden sollte; so viel kann ich Sie versichern, daß ich diese Trauerrede aus einem eben so redlichen Ge- müthe gemacht habe, als unsre Wittwe ihre Lob- schrift.
Jch glaube nicht, daß Sie von dieser Gesellschaft der geplagten Männer einige Nachricht haben werden. Es geht uns nicht viel besser, als den ersten Christen; wir versammlen uns nur bey verschloßnen Thüren,
aus
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Nachricht von einer Geſellſchaft geplagter Maͤnner.
Mein Herr,
Sie werden ſich der Gefaͤlligkeit noch wohl erin- nern, welche Sie gegen diejenige erkenntliche Wittwe gehabt haben, die ſich einbildete, ſie koͤnnte ihre jungfraͤulichen Zungenſuͤnden nicht ſchaͤr- fer buͤßen, als wenn ſie eine Lobſchrift auf die boͤſen Maͤnner verfertigte. Jch fodre itzt, im Namen unſers Geſchlechts, eine gleiche Willfaͤhrigkeit von Jhnen, und erſuche Sie, beyliegende Trauerrede, die ich, auf den Tod meiner Frau, in der Geſellſchaft der geplag- ten Maͤnner gehalten habe, bekannt zu machen. Es wuͤrde dem maͤnnlichen Geſchlechte nachtheilig ſeyn, wenn es von dem weiblichen an Großmuth uͤbertrof- fen werden ſollte; ſo viel kann ich Sie verſichern, daß ich dieſe Trauerrede aus einem eben ſo redlichen Ge- muͤthe gemacht habe, als unſre Wittwe ihre Lob- ſchrift.
Jch glaube nicht, daß Sie von dieſer Geſellſchaft der geplagten Maͤnner einige Nachricht haben werden. Es geht uns nicht viel beſſer, als den erſten Chriſten; wir verſammlen uns nur bey verſchloßnen Thuͤren,
aus
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Nachricht
von einer Geſellſchaft
geplagter Maͤnner.
Mein Herr,
Sie werden ſich der Gefaͤlligkeit noch wohl erin-
nern, welche Sie gegen diejenige erkenntliche
Wittwe gehabt haben, die ſich einbildete, ſie
koͤnnte ihre jungfraͤulichen Zungenſuͤnden nicht ſchaͤr-
fer buͤßen, als wenn ſie eine Lobſchrift auf die boͤſen
Maͤnner verfertigte. Jch fodre itzt, im Namen unſers
Geſchlechts, eine gleiche Willfaͤhrigkeit von Jhnen,
und erſuche Sie, beyliegende Trauerrede, die ich, auf
den Tod meiner Frau, in der Geſellſchaft der geplag-
ten Maͤnner gehalten habe, bekannt zu machen. Es
wuͤrde dem maͤnnlichen Geſchlechte nachtheilig ſeyn,
wenn es von dem weiblichen an Großmuth uͤbertrof-
fen werden ſollte; ſo viel kann ich Sie verſichern, daß
ich dieſe Trauerrede aus einem eben ſo redlichen Ge-
muͤthe gemacht habe, als unſre Wittwe ihre Lob-
ſchrift.
Jch glaube nicht, daß Sie von dieſer Geſellſchaft
der geplagten Maͤnner einige Nachricht haben werden.
Es geht uns nicht viel beſſer, als den erſten Chriſten;
wir verſammlen uns nur bey verſchloßnen Thuͤren,
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/143>, abgerufen am 22.02.2025.
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