Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.Am 3. December. -- O cara, cara Maria vale! Vale cara Maria! Cara, cara Maria vale! Es war ein großer Dichter, der dies auf den Grab- Ich ging hinüber. Der Kesselschmidt Marquart -- Am 3. December. — O cara, cara Maria vale! Vale cara Maria! Cara, cara Maria vale! Es war ein großer Dichter, der dies auf den Grab- Ich ging hinüber. Der Keſſelſchmidt Marquart — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0037" n="27"/> </div> <div n="1"> <dateline> <hi rendition="#right">Am 3. December. —</hi> </dateline><lb/> <lg rendition="#right" xml:lang="lat" type="poem"> <l> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#aq">O cara, cara Maria vale!</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#aq">Vale cara Maria!</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#aq">Cara, cara Maria vale!</hi> </hi> </l> </lg><lb/> <p>Es war ein großer Dichter, der dies auf den Grab-<lb/> ſtein einer geliebten Abgeſchiedenen ſetzte, er hatte große,<lb/> gewaltige, herzerſchütternde Geſänge geſungen; <hi rendition="#g">hier</hi><lb/> wußte er nichts weiter als dieſe drei Worte, herzzerreißend<lb/> wiederkehrend. Und jenes: Morgen, dämmerte. Das<lb/> Leben der großen Stadt begann wieder ſeinen gewöhn-<lb/> lichen Gang; der Reichthum gähnte auf ſeinen Kiſſen,<lb/> oder hatte auch wohl das Herz ebenſo ſchwer, als die<lb/> Armuth, die jetzt aus ihrem dunkeln Winkel huſchte, um<lb/> einen neuen Ring der Kette ihres Leidens, einen neuen<lb/> Tag ihrem Daſein anzuſchmieden. Die Gewerbe faßten<lb/> ihr Handwerkszeug; die großen Maſchinen begannen wie-<lb/> der zu hämmern und zu rauſchen; die Wagen rollten in<lb/> den Straßen und der Taufzug begegnete dem Todten-<lb/> wagen, denn es war nicht die einzige Leiche drüben in<lb/> der kleinen Kammer, die in der menſchenvollen Stadt<lb/> im letzten Schlaf ausgeſtreckt lag. —</p><lb/> <p>Ich ging hinüber. Der Keſſelſchmidt Marquart —<lb/> er war damals noch jünger und kräftiger als heute —<lb/> hatte ſein Hämmern eingeſtellt und lehnte traurig in der<lb/> niedrigen Thür, die in ſeine unterirdiſche Werkſtatt hin-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [27/0037]
Am 3. December. —
O cara, cara Maria vale!
Vale cara Maria!
Cara, cara Maria vale!
Es war ein großer Dichter, der dies auf den Grab-
ſtein einer geliebten Abgeſchiedenen ſetzte, er hatte große,
gewaltige, herzerſchütternde Geſänge geſungen; hier
wußte er nichts weiter als dieſe drei Worte, herzzerreißend
wiederkehrend. Und jenes: Morgen, dämmerte. Das
Leben der großen Stadt begann wieder ſeinen gewöhn-
lichen Gang; der Reichthum gähnte auf ſeinen Kiſſen,
oder hatte auch wohl das Herz ebenſo ſchwer, als die
Armuth, die jetzt aus ihrem dunkeln Winkel huſchte, um
einen neuen Ring der Kette ihres Leidens, einen neuen
Tag ihrem Daſein anzuſchmieden. Die Gewerbe faßten
ihr Handwerkszeug; die großen Maſchinen begannen wie-
der zu hämmern und zu rauſchen; die Wagen rollten in
den Straßen und der Taufzug begegnete dem Todten-
wagen, denn es war nicht die einzige Leiche drüben in
der kleinen Kammer, die in der menſchenvollen Stadt
im letzten Schlaf ausgeſtreckt lag. —
Ich ging hinüber. Der Keſſelſchmidt Marquart —
er war damals noch jünger und kräftiger als heute —
hatte ſein Hämmern eingeſtellt und lehnte traurig in der
niedrigen Thür, die in ſeine unterirdiſche Werkſtatt hin-
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