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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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Hecke kann man steigen, ohne daß man zwischen
einen Haufen von ihnen fällt und fünf Minuten
nachher das Gezeter angeht: Wenn Du Dich nicht
aus unserem Garten scherst, sagen wir's Deinem
Vater! Übrigens, Karlchen, kannst Du mir noch
mal Deinen Lederstrumpf leihen, ich will doch lieber
vorher, ehe die Kreatur einrückt, über Amerika nach¬
lesen."

Wie viele deutsche Jungen haben diese Cooper¬
schen Lederstrumpferzählungen "für die Jugend be¬
arbeitet", hinübergelockt in das Land der Langen Flinte,
der Großen Schlange und des Renard subtil? Ob
das bei Mr. Charles Trotzendorff aus dem Vogelsang
auch der Fall gewesen war, kann ich nicht in den
Akten nachweisen, was seine Jugendzeit betrifft.
Aus späteren Dokumenten geht mir hervor, daß es
sich nicht so verhielt; -- daß ihn weder der edle Unkas
noch der tapfere Major Heyward und auch nicht die
stolze schwarzhaarige Cora und die blonde liebliche
Alice an- und dorthingezogen hatten, sondern ganz
was anderes: etwas, was nicht das Geringste mehr
mit jener wundervollen lügenhaft-wahren Kinder-Ur¬
waldswelt zu schaffen hatte; nämlich ganz einfach das
Geschäft in den glorreichen Vereinigten Staaten von
Nordamerika. Auch aus dem edlen deutschen Vater¬
lande, vom grünen Rhein und aus dem Vogelsang kann

Hecke kann man ſteigen, ohne daß man zwiſchen
einen Haufen von ihnen fällt und fünf Minuten
nachher das Gezeter angeht: Wenn Du Dich nicht
aus unſerem Garten ſcherſt, ſagen wir's Deinem
Vater! Übrigens, Karlchen, kannſt Du mir noch
mal Deinen Lederſtrumpf leihen, ich will doch lieber
vorher, ehe die Kreatur einrückt, über Amerika nach¬
leſen.“

Wie viele deutſche Jungen haben dieſe Cooper¬
ſchen Lederſtrumpferzählungen „für die Jugend be¬
arbeitet“, hinübergelockt in das Land der Langen Flinte,
der Großen Schlange und des Renard ſubtil? Ob
das bei Mr. Charles Trotzendorff aus dem Vogelſang
auch der Fall geweſen war, kann ich nicht in den
Akten nachweiſen, was ſeine Jugendzeit betrifft.
Aus ſpäteren Dokumenten geht mir hervor, daß es
ſich nicht ſo verhielt; — daß ihn weder der edle Unkas
noch der tapfere Major Heyward und auch nicht die
ſtolze ſchwarzhaarige Cora und die blonde liebliche
Alice an- und dorthingezogen hatten, ſondern ganz
was anderes: etwas, was nicht das Geringſte mehr
mit jener wundervollen lügenhaft-wahren Kinder-Ur¬
waldswelt zu ſchaffen hatte; nämlich ganz einfach das
Geſchäft in den glorreichen Vereinigten Staaten von
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[26/0036] Hecke kann man ſteigen, ohne daß man zwiſchen einen Haufen von ihnen fällt und fünf Minuten nachher das Gezeter angeht: Wenn Du Dich nicht aus unſerem Garten ſcherſt, ſagen wir's Deinem Vater! Übrigens, Karlchen, kannſt Du mir noch mal Deinen Lederſtrumpf leihen, ich will doch lieber vorher, ehe die Kreatur einrückt, über Amerika nach¬ leſen.“ Wie viele deutſche Jungen haben dieſe Cooper¬ ſchen Lederſtrumpferzählungen „für die Jugend be¬ arbeitet“, hinübergelockt in das Land der Langen Flinte, der Großen Schlange und des Renard ſubtil? Ob das bei Mr. Charles Trotzendorff aus dem Vogelſang auch der Fall geweſen war, kann ich nicht in den Akten nachweiſen, was ſeine Jugendzeit betrifft. Aus ſpäteren Dokumenten geht mir hervor, daß es ſich nicht ſo verhielt; — daß ihn weder der edle Unkas noch der tapfere Major Heyward und auch nicht die ſtolze ſchwarzhaarige Cora und die blonde liebliche Alice an- und dorthingezogen hatten, ſondern ganz was anderes: etwas, was nicht das Geringſte mehr mit jener wundervollen lügenhaft-wahren Kinder-Ur¬ waldswelt zu ſchaffen hatte; nämlich ganz einfach das Geſchäft in den glorreichen Vereinigten Staaten von Nordamerika. Auch aus dem edlen deutſchen Vater¬ lande, vom grünen Rhein und aus dem Vogelſang kann

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/36>, abgerufen am 26.04.2024.