Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Das VIII. Hauptstück. Von den Vorschlägen,
heit und Annehmlichkeit der Harmonie zu verderben, so viel als möglich
ist, vermeiden muß.

11. §.

Folget nach einer Note eine Pause, so bekömmt der Vorschlag, wenn
es anders die Nothwendigkeit des Athemholens nicht verhindert, die Zeit
von der Note; die Note aber die Zeit von der Pause. Die drey Arten
Noten bey Fig. 23., werden also gespielet, wie bey Fig. 24. in der Folge
zu sehen ist.

12. §.

Es ist nicht genug, die Vorschläge in ihrer Art und Eintheilung
spielen zu können, wenn sie vorgezeichnet sind. Man muß auch sel-
bige an ihren Ort zu setzen wissen, wenn sie nicht geschrieben sind. Um
solches zu erlernen, nehme man dieses zur Regel: Wenn nach einer, oder
etlichen kurzen Noten, im Niederschlage, oder Aufheben des Tactes, eine
lange Note folget, und in consonirender Harmonie liegen bleibt; so muß
vor der langen, um den gefälligen Gesang beständig zu unterhalten, ein Vor-
schlag gemachet werden. Die vorhergehende Note wird zeigen, ob er von
oben oder unten genommen werden müsse.

13. §.

Jch will ein klein Exempel geben, welches die meisten Arten der Vor-
schläge in sich hält, s. Fig. 26. Will man sich von der Nothwendigkeit,
und der guten Wirkung der Vorschläge überzeugen; so spiele man dieses
Exempel erstlich mit den dabey befindlichen Vorschlägen; hernach ohne
dieselben. Man wird den Unterschied des Geschmackes sehr deutlich
wahrnehmen. Zugleich wird man aus diesem Exempel ersehen, daß die
Vorschläge meistentheils vor solchen Noten stehen, welche geschwindere No-
ten entweder vor, oder nach sich haben: und daß auch, bey dem größten
Theile der Triller, Vorschläge erfodert werden.

14. §.

Aus den Vorschlägen fließen noch einige andere kleine Auszierungen,
diese sind: der halbe Triller, s. Tab. VI. Fig. 27. und 28; das
Pince, (der Mordant) s. Fig. 29. und 30; und das Double oder der
Doppelschlag, s. Fig. 31. welche in der französischen Spielart, um ein
Stück brillant zu spielen, üblich sind. Die halben Triller sind von zweyer-
ley Art, s. Fig. 27. und 28. und können anstatt des simpeln Abzugs den
Vorschlägen von oben angehenget werden. Die Pincez sind gleichfalls

zweyerley

Das VIII. Hauptſtuͤck. Von den Vorſchlaͤgen,
heit und Annehmlichkeit der Harmonie zu verderben, ſo viel als moͤglich
iſt, vermeiden muß.

11. §.

Folget nach einer Note eine Pauſe, ſo bekoͤmmt der Vorſchlag, wenn
es anders die Nothwendigkeit des Athemholens nicht verhindert, die Zeit
von der Note; die Note aber die Zeit von der Pauſe. Die drey Arten
Noten bey Fig. 23., werden alſo geſpielet, wie bey Fig. 24. in der Folge
zu ſehen iſt.

12. §.

Es iſt nicht genug, die Vorſchlaͤge in ihrer Art und Eintheilung
ſpielen zu koͤnnen, wenn ſie vorgezeichnet ſind. Man muß auch ſel-
bige an ihren Ort zu ſetzen wiſſen, wenn ſie nicht geſchrieben ſind. Um
ſolches zu erlernen, nehme man dieſes zur Regel: Wenn nach einer, oder
etlichen kurzen Noten, im Niederſchlage, oder Aufheben des Tactes, eine
lange Note folget, und in conſonirender Harmonie liegen bleibt; ſo muß
vor der langen, um den gefaͤlligen Geſang beſtaͤndig zu unterhalten, ein Vor-
ſchlag gemachet werden. Die vorhergehende Note wird zeigen, ob er von
oben oder unten genommen werden muͤſſe.

13. §.

Jch will ein klein Exempel geben, welches die meiſten Arten der Vor-
ſchlaͤge in ſich haͤlt, ſ. Fig. 26. Will man ſich von der Nothwendigkeit,
und der guten Wirkung der Vorſchlaͤge uͤberzeugen; ſo ſpiele man dieſes
Exempel erſtlich mit den dabey befindlichen Vorſchlaͤgen; hernach ohne
dieſelben. Man wird den Unterſchied des Geſchmackes ſehr deutlich
wahrnehmen. Zugleich wird man aus dieſem Exempel erſehen, daß die
Vorſchlaͤge meiſtentheils vor ſolchen Noten ſtehen, welche geſchwindere No-
ten entweder vor, oder nach ſich haben: und daß auch, bey dem groͤßten
Theile der Triller, Vorſchlaͤge erfodert werden.

14. §.

Aus den Vorſchlaͤgen fließen noch einige andere kleine Auszierungen,
dieſe ſind: der halbe Triller, ſ. Tab. VI. Fig. 27. und 28; das
Pincé, (der Mordant) ſ. Fig. 29. und 30; und das Doublé oder der
Doppelſchlag, ſ. Fig. 31. welche in der franzoͤſiſchen Spielart, um ein
Stuͤck brillant zu ſpielen, uͤblich ſind. Die halben Triller ſind von zweyer-
ley Art, ſ. Fig. 27. und 28. und koͤnnen anſtatt des ſimpeln Abzugs den
Vorſchlaͤgen von oben angehenget werden. Die Pincez ſind gleichfalls

zweyerley
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0098" n="80"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck. Von den Vor&#x017F;chla&#x0364;gen,</hi></fw><lb/>
heit und Annehmlichkeit der Harmonie zu verderben, &#x017F;o viel als mo&#x0364;glich<lb/>
i&#x017F;t, vermeiden muß.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>11. §.</head><lb/>
            <p>Folget nach einer Note eine Pau&#x017F;e, &#x017F;o beko&#x0364;mmt der Vor&#x017F;chlag, wenn<lb/>
es anders die Nothwendigkeit des Athemholens nicht verhindert, die Zeit<lb/>
von der Note; die Note aber die Zeit von der Pau&#x017F;e. Die drey Arten<lb/>
Noten bey Fig. 23., werden al&#x017F;o ge&#x017F;pielet, wie bey Fig. 24. in der Folge<lb/>
zu &#x017F;ehen i&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>12. §.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t nicht genug, die Vor&#x017F;chla&#x0364;ge in ihrer Art und Eintheilung<lb/>
&#x017F;pielen zu ko&#x0364;nnen, wenn &#x017F;ie vorgezeichnet &#x017F;ind. Man muß auch &#x017F;el-<lb/>
bige an ihren Ort zu &#x017F;etzen wi&#x017F;&#x017F;en, wenn &#x017F;ie nicht ge&#x017F;chrieben &#x017F;ind. Um<lb/>
&#x017F;olches zu erlernen, nehme man die&#x017F;es zur Regel: Wenn nach einer, oder<lb/>
etlichen <hi rendition="#fr">kurzen</hi> Noten, im Nieder&#x017F;chlage, oder Aufheben des Tactes, eine<lb/><hi rendition="#fr">lange</hi> Note folget, und in con&#x017F;onirender Harmonie liegen bleibt; &#x017F;o muß<lb/>
vor der langen, um den gefa&#x0364;lligen Ge&#x017F;ang be&#x017F;ta&#x0364;ndig zu unterhalten, ein Vor-<lb/>
&#x017F;chlag gemachet werden. Die vorhergehende Note wird zeigen, ob er von<lb/>
oben oder unten genommen werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>13. §.</head><lb/>
            <p>Jch will ein klein Exempel geben, welches die mei&#x017F;ten Arten der Vor-<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;ge in &#x017F;ich ha&#x0364;lt, &#x017F;. Fig. 26. Will man &#x017F;ich von der Nothwendigkeit,<lb/>
und der guten Wirkung der Vor&#x017F;chla&#x0364;ge u&#x0364;berzeugen; &#x017F;o &#x017F;piele man die&#x017F;es<lb/>
Exempel er&#x017F;tlich mit den dabey befindlichen Vor&#x017F;chla&#x0364;gen; hernach ohne<lb/>
die&#x017F;elben. Man wird den Unter&#x017F;chied des Ge&#x017F;chmackes &#x017F;ehr deutlich<lb/>
wahrnehmen. Zugleich wird man aus die&#x017F;em Exempel er&#x017F;ehen, daß die<lb/>
Vor&#x017F;chla&#x0364;ge mei&#x017F;tentheils vor &#x017F;olchen Noten &#x017F;tehen, welche ge&#x017F;chwindere No-<lb/>
ten entweder vor, oder nach &#x017F;ich haben: und daß auch, bey dem gro&#x0364;ßten<lb/>
Theile der Triller, Vor&#x017F;chla&#x0364;ge erfodert werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>14. §.</head><lb/>
            <p>Aus den Vor&#x017F;chla&#x0364;gen fließen noch einige andere kleine Auszierungen,<lb/>
die&#x017F;e &#x017F;ind: der <hi rendition="#fr">halbe Triller,</hi> &#x017F;. Tab. <hi rendition="#aq">VI.</hi> Fig. 27. und 28; das<lb/><hi rendition="#aq">Pincé,</hi> (der Mordant) &#x017F;. Fig. 29. und 30; und das <hi rendition="#aq">Doublé</hi> oder der<lb/><hi rendition="#fr">Doppel&#x017F;chlag,</hi> &#x017F;. Fig. 31. welche in der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Spielart, um ein<lb/>
Stu&#x0364;ck brillant zu &#x017F;pielen, u&#x0364;blich &#x017F;ind. Die halben Triller &#x017F;ind von zweyer-<lb/>
ley Art, &#x017F;. Fig. 27. und 28. und ko&#x0364;nnen an&#x017F;tatt des &#x017F;impeln Abzugs den<lb/>
Vor&#x017F;chla&#x0364;gen von oben angehenget werden. Die <hi rendition="#aq">Pincez</hi> &#x017F;ind gleichfalls<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zweyerley</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0098] Das VIII. Hauptſtuͤck. Von den Vorſchlaͤgen, heit und Annehmlichkeit der Harmonie zu verderben, ſo viel als moͤglich iſt, vermeiden muß. 11. §. Folget nach einer Note eine Pauſe, ſo bekoͤmmt der Vorſchlag, wenn es anders die Nothwendigkeit des Athemholens nicht verhindert, die Zeit von der Note; die Note aber die Zeit von der Pauſe. Die drey Arten Noten bey Fig. 23., werden alſo geſpielet, wie bey Fig. 24. in der Folge zu ſehen iſt. 12. §. Es iſt nicht genug, die Vorſchlaͤge in ihrer Art und Eintheilung ſpielen zu koͤnnen, wenn ſie vorgezeichnet ſind. Man muß auch ſel- bige an ihren Ort zu ſetzen wiſſen, wenn ſie nicht geſchrieben ſind. Um ſolches zu erlernen, nehme man dieſes zur Regel: Wenn nach einer, oder etlichen kurzen Noten, im Niederſchlage, oder Aufheben des Tactes, eine lange Note folget, und in conſonirender Harmonie liegen bleibt; ſo muß vor der langen, um den gefaͤlligen Geſang beſtaͤndig zu unterhalten, ein Vor- ſchlag gemachet werden. Die vorhergehende Note wird zeigen, ob er von oben oder unten genommen werden muͤſſe. 13. §. Jch will ein klein Exempel geben, welches die meiſten Arten der Vor- ſchlaͤge in ſich haͤlt, ſ. Fig. 26. Will man ſich von der Nothwendigkeit, und der guten Wirkung der Vorſchlaͤge uͤberzeugen; ſo ſpiele man dieſes Exempel erſtlich mit den dabey befindlichen Vorſchlaͤgen; hernach ohne dieſelben. Man wird den Unterſchied des Geſchmackes ſehr deutlich wahrnehmen. Zugleich wird man aus dieſem Exempel erſehen, daß die Vorſchlaͤge meiſtentheils vor ſolchen Noten ſtehen, welche geſchwindere No- ten entweder vor, oder nach ſich haben: und daß auch, bey dem groͤßten Theile der Triller, Vorſchlaͤge erfodert werden. 14. §. Aus den Vorſchlaͤgen fließen noch einige andere kleine Auszierungen, dieſe ſind: der halbe Triller, ſ. Tab. VI. Fig. 27. und 28; das Pincé, (der Mordant) ſ. Fig. 29. und 30; und das Doublé oder der Doppelſchlag, ſ. Fig. 31. welche in der franzoͤſiſchen Spielart, um ein Stuͤck brillant zu ſpielen, uͤblich ſind. Die halben Triller ſind von zweyer- ley Art, ſ. Fig. 27. und 28. und koͤnnen anſtatt des ſimpeln Abzugs den Vorſchlaͤgen von oben angehenget werden. Die Pincez ſind gleichfalls zweyerley

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/98
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/98>, abgerufen am 26.12.2024.